Rücktritt vom Bauträgervertrag und erzielter Gewinn

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In der Vergangenheit sind Grundstücks- und Immobilienpreise in Deutschland stetig und vor allem deutlich gestiegen. Insbesondere in Ballungsräumen lässt sich oft innerhalb nur kurzer Zeit eine erhebliche Kaufpreissteigerung erzielen. Dies hat auch Auswirkungen auf Bauträgerverträge. Denn immer wieder ergibt sich die Situation, dass ein Erwerber nicht zahlt und der Bauträger sodann vom Vertrag zurücktritt und einen neuen Vertrag abschließt. Macht der Bauträger hier Schadensersatz geltend, stellt sich die Frage, ob der aus dem Zweitgeschäft erzielte Gewinn angerechnet werden muss. Das Kammergericht Berlin hat in seinem Urteil vom 26.09.2017- 21 U 9/17 festgestellt, dass eine Anrechnung auf geltend gemachten Schadensersatz und den Aufwendungsersatz durchaus möglich ist. Anders ist dies jedoch beim Verzugszins:

Grundlage einer Schadensberechnung: 

Berechnet der Verkäufer eines Grundstücks seinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, so ist die sogenannte Differenzmethode anzuwenden (BGHZ 98, 212, 217; 114, 193, 196). Hier wird im Wege der Saldierung ein Gesamtvergleich angestellt zwischen dem vorhandenen Vermögen zum Zeitpunkt der Schadensberechnung und dem Vermögen, das er bei ordnungsmäßiger Erfüllung gehabt hätte. Im vorstehenden Fall wäre es so, dass die Vorteile aus dem Zweitverkauf den Schaden aus dem Erstverkauf übersteigen und entsprechend kein Schadensersatz mehr geltend gemacht werden kann. Jedoch ist innerhalb der einzelnen Positionen wie folgt zu differenzieren:

Keine Überschreitung des Verkehrswertes 

Im Rahmen von Mehrerlösen durch den Zweitverkauf wird danach unterschieden, ob durch die Verkaufssteigerung der objektive Verkehrswert des konkreten Verkaufsobjektes überschritten wird. Eine Vorteilsanrechnung ist nur dann möglich, wenn der Vorteil bzw. dessen Anrechnung dem Sinn und Zweck der Schadensersatzpflicht entspricht, d. h. den Geschädigten nicht unzumutbar belastet und den Schädiger nicht unbillig begünstigt (st. Rspr. vgl. BGHZ 77, 151, 154; 91, 206, 210; BGH, Urt. v. 22. Juni 1992, II ZR 178/90, WM 1992, 1812, 1825). Eine unbillige Benachteiligung der anderen Partei ist aber immer dann anzunehmen, wenn der Vorteil auf Umständen beruht, die nicht unmittelbar der Nichterfüllung des Erstvertrages zuzuordnen sind. Eine Steigerung des Verkehrswerts entsteht grundsätzlich ohne weiteres Zutun des Verkäufers lediglich infolge der Nichterfüllung des Vertrages durch den Käufer. Er korrespondiert also mit der durch die Nichterfüllung bedingten Vermögenseinbuße unmittelbar. Vorteil und Nachteil werden entsprechend zu einer Rechnungseinheit verbunden und fordern entsprechend auch eine Saldierung.

Anders verhält es sich dagegen dann, wenn der Verkäufer bei dem Deckungsverkauf einen den Verkehrswert übersteigenden Erlös erzielt. Dieser Vorteil beruht nämlich entweder auf überobligationsmäßigen Bemühungen des Verkäufers oder auf einem den Verkehrswert übersteigenden Erwerbsinteresse des Drittkäufers. Es handelt sich mithin um Umstände, die außerhalb der durch den Abbruch des Vertrages gesetzten Ursachen liegt.

Ein Ausgleich würde den Verkäufer unzumutbar belasten und den Käufer unbillig begünstigen. Dementsprechend ist in der Literatur auch anerkannt, dass ein den Verkehrswert des Grundstücks übersteigender Mehrerlös den Nichterfüllungsschaden einschließlich Verzugsschaden nicht mindert (Lange aaO § 9 V 4; Staudinger/Medicus, BGB, 12. Aufl. § 249 Rdn. 154; unklar Soergel/Mertens, BGB 12. Aufl., Vor § 249 Rdn. 236 f; MünchKomm-BGB/Grunsky, 3. Aufl., Vor § 249 Rdn. 112).

Ersatz von angefallenen Makler- und Vertragskosten/ Rückabwicklungskosten 

Für die Kostenpositionen Makler- und Vertragskosten/ Rückabwicklungskosten fällt demgegenüber eine Anrechenbarkeit des Gewinns aus dem Deckungsverkauf weg. Denn der Mehrerlös aus dem Deckungsverkauf ist zwar erst durch die Nichterfüllung des Vertrages durch den Käufer möglich geworden, wird jedoch nicht allein dadurch und auch nicht durch den Umstand mit den erwachsenen Nachteilen zu einer Rechnungseinheit verbunden, dass der Verkäufer seinen Schaden konkret berechnet. Anders ist dies, wenn diese Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Weiterverkauf stehen (Makler- und Vertragskosten für den Deckungsverkauf). Sie sind als „Gewinnerzielungskosten“ notwendige Voraussetzung eines Gewinns überhaupt und entsprechend anrechenbar.

Mindestschaden: gesetzlicher Verzugszins

Im Regelfall wird bei Abbruch eines Vertrages zudem der gesetzliche Verzugszins geltend gemacht. Dieser beträgt regelmäßig 4 % über dem Basiszinssatz und kann mithin erheblich ins Gewicht fallen. Denn die Verzinsung ist gesetzlich festgelegter Mindestschaden, eine Vorteilsanrechnung ist für diese Kostenposition ausgeschlossen. Anders kann es jedoch sein, wenn es sich um eine über den gesetzlichen Verzugsschaden hinausgehende zusätzliche Verzugspauschale handelt. Diese würde genauso behandelt wie der Schadensersatz selbst und ist entsprechend einer Vorteilsausgleichung zugänglich.

Fazit:

Im Rahmen der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen sollte genau geprüft werden, welche Kausalität sich für jede einzelne Position feststellen lässt.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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