Rückzahlung von Fortbildungskosten – ist das rechtens?

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Rückzahlungsvereinbarung für Fortbildungskosten – Hier liegen häufige Fehler (Unwirksamkeitsgründe)


Sowohl für betroffene Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer lohnt sich häufig die Beratung durch einen versierten Anwalt.

Wenn Unternehmen ihren Mitarbeitern Fortbildungen finanzieren, soll durch Rückzahlungsvereinbarungen sichergestellt werden, dass die Mitarbeiter zumindest einen Teil der Fortbildungskosten erstatten müssen, wenn sie das Unternehmen innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach der Fortbildung verlassen. Solche Rückzahlungsvereinbarungen sind allerdings oft rechtlich unwirksam, sodass die Fortbildungskosten nicht zurückgefordert werden können. Einige der häufigsten Fehlerquellen werden in diesem Beitrag erläutert.

Berufliche Fortbildungen sind in der heutigen Arbeitswelt und den sich stetig anpassenden Anforderungen an das Fachwissen von Arbeitnehmern wichtiger denn je. Da Fortbildungen oft nicht gerade günstig sind, beteiligen sich die Arbeitgeber in vielen Fällen an den Fortbildungskosten oder übernehmen diese vollständig, wenn die Fortbildung auch im Interesse des Arbeitgebers ist. Allerdings wollen Arbeitgeber sich häufig für übernommene Fortbildungskosten absichern, indem sie mit den Arbeitnehmern eine (anteilige) Rückzahlung der Fortbildungskosten vereinbaren, wenn diese das Unternehmen innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach der Fortbildung verlassen.


Dazu wird in der Regel eine gesonderte Vereinbarung getroffen, in der die Bedingungen für die Rückzahlung von Fortbildungskosten festgelegt werden. An solche Rückzahlungsvereinbarungen werden von den Gerichten eine Vielzahl an Anforderungen gestellt. Genügt die Vereinbarungen den rechtlichen Vorgaben nicht, kann das schnell zur Unwirksamkeit der Rückzahlungsverpflichtung führen: Die Arbeitnehmer müssen dann in der Regel die Fortbildungskosten auch bei einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Unternehmen nicht erstatten.

Die wichtigsten/häufigsten Fehlerquellen bei Rückzahlungsvereinbarungen im Überblick:


1. Mündliche Vereinbarung der Rückzahlungsverpflichtung

Von einer nur mündlichen Vereinbarung ist dringend abzuraten. Zwar gibt es kein rechtliches Schriftformerfordernis für die Vereinbarung einer Rückzahlungsverpflichtung. Allerdings sind die rechtlichen Anforderungen an die Rückzahlungsvereinbarungen so komplex, dass deren mündliche Einhaltung nicht gewährleistet bzw. in einem späteren Prozess nachgewiesen werden kann.


Tipp: Die Vereinbarung sollte schriftlich fixiert werden!


2. Intransparente Vereinbarung

Schriftliche Rückzahlungsvereinbarungen sind in den meisten Fällen „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ (AGB) im Sinne der §§ 305 ff. BGB. Etwas anderes gilt nur, wenn die Formulierung der Vereinbarung frei zwischen dem Arbeitgeber und den Arbeitnehmer ausgehandelt worden ist. Dies ist allerdings fast nie der Fall und daher liegen schon dann AGB vor, wenn die entsprechende Formulierung vom Arbeitgeber nur zur einmaligen Verwendung bestimmt ist (vgl. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB).

Als AGB müssen die vereinbarten Regelungen dem Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) genügen. Das Transparenzgebot besagt, dass der Arbeitgeber die getroffenen Regelungen sprachlich und inhaltlich klar und deutlich formulieren muss, sodass die Arbeitnehmer ihre Rechte und Pflichten aus dem Vertrag erkennen können. Dies beinhaltet auch, dass die mit den Regelungen verbundenen wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen für durchschnittliche Arbeitnehmer verständlich sind (BGH, Urteil vom 1.10.2019 – VI ZR 156/18 = BGH NJW-RR 2020, 112 Rn. 23). Dazu gehören im Rahmen des Zumutbaren insbesondere auch die Angabe und Aufschlüsselung der entstehenden Fortbildungskosten dem Grunde und der Höhe nach (BAG, Urt. v. 6. 8. 2013 – 9 AZR 442/12 = NZA 2013, 1361; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.02.2022 – 12 Sa 805/21).


Tipp: Die vertraglichen Regelungen müssen klar ausgedrückt und einfach verständlich sein. Sie müssen u.a. Aufschluss über die entstehenden Kosten und die Dauer der Rückzahlung geben.


3. Überraschende Inhalte in der Vereinbarung

Als AGB dürfen die Klauseln nicht überraschend für die Arbeitnehmer sein, da dies gegen § 305c Abs. 1 BGB verstoßen würde. Eine Klausel ist danach unwirksam, wenn sie nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags so ungewöhnlich ist, dass die Arbeitnehmer nicht mit ihr zu rechnen brauchen. Dies kann sich etwa aus einer Platzierung der Klausel an einer unerwarteten (=überraschenden) Stelle im Vertrag, z.B. unter einer irreführenden Überschrift oder ohne drucktechnische Hervorhebung ergeben (BAG 15.2.2007 – 6 AZR 286/06, NZA 2007, 614). Ebenso kann eine überraschende Klausel vorliegen, wenn die Klausel unter Berücksichtigung des Vertragsgegenstands eine sachfremde Regelung enthält.


Tipp: Regelungen sollten systematisch im Vertrag richtig zugeordnet sein und nicht an unerwarteter Stelle auftauchen. Wichtige Stellen (z.B. Rückzahlungsverpflichtung) sollten hervorgehoben werden.


4. Unangemessen langer Bindungszeitraum

Im Falle einer Übernahme von Weiterbildung hat der Arbeitgeber oft ein berechtigtes Interesse daran, dass der Arbeitnehmer dem Unternehmen noch eine gewisse Zeit erhalten bleibt und der Arbeitgeber insofern auch von der Fortbildung profitieren kann. Allerdings darf die Bindungsdauer nach Abschluss der Fortbildung nicht unangemessen lang sein, wobei man sich als ersten Anhaltspunkt an der folgenden Tabelle orientieren kann.


Fortbildungsdauer in Monaten

Bindungsdauer in Monaten

bis zu 1

bis 6

bis zu 2

bis 12

3 – 4

bis 24

6 – 12

bis 36

24 und mehr

maximal 60


Tipp: Die Dauer der Fortbildungsvereinbarung muss sich an der Dauer der Fortbildung orientieren. Je länger (und damit in der Regel auch teurer) die Fortbildung ist, desto länger kann eine Bindungswirkung gerechtfertigt sein.


5. Auslösungsgrund der Rückzahlungsverpflichtung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Für den Fall des Ausscheidens des Arbeitnehmers aus dem Unternehmen, muss bzgl. der Erstattungspflicht in der Rückzahlungsvereinbarung zwingend danach unterschieden werden, ob die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in den Verantwortungs- und Risikobereich des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers fällt.

Eine Erstattungspflicht darf vertraglich nur dann greifen, wenn der betroffene Arbeitnehmer es in der Hand hat, durch eigene Betriebstreue die Rückzahlungspflicht zu vermeiden (BAG 28.5 2013 – 3 AZR 103/12). Demnach sind Rückzahlungsklauseln etwa unwirksam, wenn sie pauschal eine Rückzahlung für den Fall einer Kündigung durch den Arbeitnehmer festlegen. Denn dies würde auch Fälle umfassen, in denen der Arbeitnehmer durch ein Verhalten des Arbeitgebers zu einer berechtigten fristlosen Kündigung veranlasst wird (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 24.09.2019 - 1 Sa 108/19). Der Grund für die (berechtigte) Kündigung läge dann im Risiko- und Verantwortungsbereich des Arbeitgebers, sodass es nicht gerechtfertigt wäre, dem Arbeitnehmer die Weiterbildungskosten nachträglich aufzuerlegen. Daher ist es empfehlenswert, die Erstattungspflicht an ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers zu knüpfen.


Tipp: Eine Rückzahlung von Fortbildungskosten sollte bei vorzeitigem Ausscheiden des Arbeitnehmers nur für Fälle vereinbart sein, die etwa auf vertragswidrigem Verhalten des Arbeitnehmers beruhen.



6. Keine angemessene Reduzierung der Rückzahlungsverpflichtung mit ablaufender Zeit (Ratierung)

Die Höhe der durch den Arbeitgeber nachträglich wieder eingeforderten Fortbildungskosten muss sich mit fortschreitendem Zeitablauf nach Abschluss der Fortbildung entsprechend reduzieren. Es wäre unbillig, wenn die Arbeitnehmer – unabhängig ob sie aus dem Unternehmen kurze Zeit nach der Fortbildung oder erst zwei Jahre später ausscheiden – den gleichen Betrag an Fortbildungskosten zurückzahlen müsste. Daher sollte sich der zu erstattende Betrag mit jedem Monat im bestehenden Arbeitsverhältnis anteilig entsprechend reduzieren. Bei einer generellen Bindungswirkung von 2 Jahren, müsste sich die Rückzahlungsverpflichtung daher jeden Monat um 1/24 reduzieren.


Tipp: Die Höhe der Rückzahlungskosten muss sich mit der Zeit entsprechend laufend reduzieren.


7. Zeitpunkt der Rückzahlungsvereinbarung

Von Gerichten wird teilweise angenommen, Verträge mit Arbeitnehmern über eine etwaige Rückzahlung von Fortbildungskosten müssen stets vor Beginn der Fortbildungen vereinbart werden (BAG Urteil vom 19.03.1980 - 5 AZR 362/78). Bei einer Vereinbarung während oder nach Abschluss der Fortbildung könne ein unzulässiger Druck auf den Arbeitnehmer ausgeübt werden. Diese Ansicht ist zwar nicht unumstritten. Allerdings ist aufgrund der unklaren Rechtslage zu empfehlen, die Rückzahlungsvereinbarung vor Beginn der Fortbildung abzuschließen.


Tipp: Die Vereinbarung sollte geschlossen sein, bevor die Fortbildungen beginnen.


8. Keine Kostenerstattung bei vom Arbeitgeber anzubietenden Pflichtfortbildungen (§ 111 GewO, § 2 Abs. 1 Nr. 12 NachwG)

Seit 01.08.2022 ist in § 111 Abs. 1 GewO festgelegt, dass der Arbeitgeber die Kosten für Fortbildungen zu tragen hat, die dieser aufgrund Gesetzes, Tarifvertrag oder Betriebs- oder Dienstvereinbarung dem Arbeitnehmer zur Erbringung der Arbeitsleistung anbieten muss. Darunter können etwa Fortbildungen für Fachkräfte für Arbeitssicherheit fallen (§ 5 Abs. 3 ASiG). Solche Fortbildungen sollen während der Arbeitszeit stattfinden und gelten ansonsten als Arbeitszeit. Besteht ein solcher Anspruch auf Pflichtfortbildung, muss der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin auf diese wesentliche Vertragsbedingung hinweisen (§ 12 Abs. 1 Nr. 12 NachwG).


Tipp: Ist der Arbeitgeber zum Angebot von Fortbildungen verpflichtet, muss er die dafür entstehenden Kosten allein tragen.


9. Bei Auszubildenden und dual Studierenden – besondere Anforderungen aus § 12 BBiG und § 24 PflBG

Bei Ausbildungsverhältnissen im Rahmen des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) und gleichgestellten Arbeitsverhältnissen (§ 26 BBiG) sowie den teilweise auch darunter zu fassenden dual Studierenden im Falle eines ausbildungsintegrierenden Studiums sind besondere Regelungen zu beachten. So untersagt § 12 Abs. 1 BBiG, dass Auszubildende nach der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses in der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit beschränkt werden. Darunter können Konstellationen fallen, in denen Auszubildende verpflichtet werden, eine Entschädigung für die Berufsausbildung zu zahlen (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 BBiG). Zu den Kosten der Ausbildung gehören allerdings nicht die Kosten, die im Zusammenhang mit dem schulischen Teil der Ausbildung entstehen, etwa Unterkunfts- und Verpflegungskosten des Auszubildenden (BAG, Urteil vom 26. 9. 2002 - 6 AZR 486/00). Während der Ausbildung freiwillig gezahlte Zuschüsse können hingegen unter Umständen einer Rückzahlungsvereinbarung unterstellt werden.

Das Verbot der Entschädigungszahlung gilt auch für Ausbildungen im Handwerk (vgl. § 3 Abs. 3 BBiG) und in Pflegeberufen (§ 24 Abs. 2 und 3 PflBG).


Tipp: Bei Auszubildenden besteht der Grundsatz der Kostenfreiheit in der Ausbildung, sodass diese unmittelbaren Kosten regelmäßig nicht zurückgefordert werden können.

Fazit:

Wollen Sie als Arbeitgeber eine Rückzahlungsvereinbarung für Fortbildungskosten Ihrer Arbeitnehmer treffen ? – Hier kann sich im Zweifel der Gang zum Anwalt lohnen, denn solche Rückzahlungsvereinbarungen unterliegen hohen rechtlichen Anforderungen, was nicht selten zur Unwirksamkeit der Vereinbarung führt. Damit besteht ohne Prüfung durch einen versierten Anwalt stets das Risiko, dass eine vereinbarte Rückzahlungspflicht nicht durchsetzbar ist.

Haben Sie als Arbeitnehmer eine Rückzahlungsvereinbarung unterschrieben und wollen das Unternehmen vorzeitig verlassen? Hier lohnt sich in vielen Fällen die Prüfung der Rückzahlungsvereinbarung durch einen Anwalt. Ist die Vereinbarung unwirksam, sind Sie nämlich nicht zur Rückzahlung der Fortbildungskosten verpflichtet. Wenn Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, übernimmt diese häufig die Kosten für die anwaltliche Beratung.

Foto(s): ©Adobe Stock/chaylek

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