Rückzahlungsklauseln für Schulungen und Ausbildungskosten

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Umfangreich hat sich die Rechtsprechung seit längerer Zeit mit der Rückzahlung von Ausbildungskosten in der betrieblichen Ausbildung beschäftigt. Thematisiert wurden die Bereiche

- Höhe der Rückzahlung sowie

- Fälligkeit und Raten der Rückzahlung.

Viele Betriebe haben das Bestreben, Arbeitnehmer weiterzubilden und im Falle des Ausscheidens aus dem Betrieb Teile der Ausbildungskosten vom Arbeitnehmer erstatten zu lassen.

Andererseits können solche Rückzahlungsvereinbarungen die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers nach Art. 12 GG beeinträchtigen.

Eine Beschränkung der Berufsfreiheit ist nach der Rechtsprechung des BAG nur zulässig, sofern schützenswerte Interessen des Arbeitgebers an einer Einschränkung überwiegen (siehe BAG Urt. V. 11.04.2006, 9 AZR 610/05 = NZA 2006, 1042).

Zulässig sind Weiterbildungsmaßnahmen, wenn diese für den Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil bedeuten, also dadurch seinen „Marktwert" steigern und die Bindung an den Betrieb nicht unzulässig lang erfolgt (so BAG, Urt. V. 15.09.2009, 3 AZR 173,08 = NZA RR 2008, 107).

Rückzahlklauseln zu Weiterbildungskosten unterliegen, sofern nicht individuell ausgehandelt, der einzelvertraglichen AGB-Kontrolle.

Der Arbeitgeber muss die Rückzahlpflicht klar verständlich und an bestimmte klare Voraussetzungen knüpfen.

Ferner muss der Arbeitnehmer die Folgen einer solchen schriftlichen Vereinbarung klar erkennen können. Zu den Folgen gehört die stärkere Bindung an den Betrieb sowie die teils sehr spürbare finanzielle Belastung bei Ausscheiden aus dem Betrieb.

Wenn die Vereinbarung diese Aufforderungen nicht erfüllt, stellt dies in der Regel einen Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. I BGB dar.

Eine solche Rückzahlungsklausel sollte folgendes beinhalten:

- welche Aus- und Weiterbildungsmaßnahme durchgeführt wird,

- welche Kosten dem Arbeitgeber dadurch entstehen,

- in welcher Höhe der Arbeitgeber diese Kosten übernimmt,

- ob und unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe die Kosten vom Arbeitnehmer zu tragen sind

- und wann die Rückzahlung (evtl. ratenweise) fällig ist.

Bei der vorzunehmenden Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. I BGB ist abzuwägen, welche Vor- und Nachteile der Arbeitnehmer durch die Bildungsmaßnahme am Arbeitsmarkt hat.

Schließlich ist zu begründen, ob ggf. das ganz überwiegende Interesse des Arbeitgebers die Einschränkung der Berufsfreiheit rechtfertigt. Dies wird regelmäßig kaum der Fall sein, wenn die Weiterbildung hauptsächlich dem Betrieb dient und ein schneller Verfall des Wissen in dem jeweiligen Markt zu beobachten ist, also der Markt sehr schnelllebig ist und eine Weiterbildungsmaßnahme kleine nachhaltige Verbesserung der Qualifikation des Mitarbeiters oder der Chancen am Arbeitsmarkt bewirken kann.

Vorgeschlagen wird in der Literatur folgende Tabelle, die im Normalfall interessengerecht sein könnte, sofern die Abwägung zur Inhaltskontrolle positiv verlaufen ist.

- Fortbildung 1 Monat bei einer Bindungsdauer bis zu 6 Monaten

- Fortbildung 2 Monate bei einer Bindungsdauer bis zu 12 Monaten

- Fortbildung 4 Monate bei einer Bindungsdauer bis zu 24 Monaten

- Fortbildung 6 bis 12 Monate bei einer Bindungsdauer bis zu 36 Monaten

- Fortbildung von mehr als 24 Monate bei einer Bindungsdauer bis zu 60 Monaten

Urteil des BAG bei bis zu 1 Monat Fortbildungsdauer: BAG Urt. v. 15.09.2009, 3 AZR 173/008.

Urteil des BAG bei bis zu 2 Monaten Fortbildungsdauer: BAG Urt. v. 05.12.1993, 5 AZR 279/93.

Urteil des BAG bei 4 Monaten Fortbildungsdauer: BAG Urt. v. 06.09.1995, 5 AZR 241/94.

Urteil des BAG bei 6 bis 12 Monaten Fortbildungsdauer: BAG Urt. v. 50.06.2007, 9 AZR 604/07.

Urteile des BAG bei mehr als 2 Jahren Fortbildungsdauer. BAG Urt. v. 11.04.1984, 5 AZR 430/82 = NZA 1984, 288.

Ganz neu hat das BAG mit Urteil vom 13.12.2011 AZ 3 AZR 791/09 entschieden, dass eine Klausel (siehe nachfolgend), die die Rückzahlung von Ausbildungskosten in jedem Fall einer vom Arbeitnehmer ausgesprochenen Kündigung vorsieht, ohne solche Kündigungen des Arbeitnehmers auszunehmen, die aus Gründen erfolgt, die der Sphäre des Arbeitgebers zuzurechnen sind, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist nach § 307 I Satz 1 BGB unwirksam.

Ob eine Benachteiligung tatsächlich vorgelegen hat, ist nicht von Bedeutung.

Beispiel: „Kündigt der Mitarbeiter entweder vor Beendigung der Ausbildung oder vor Ablauf von 2 Jahren nach deren Beendigung oder wird seitens des Arbeitgebers gegenüber dem Mitarbeiter eine Kündigung aus Gründen, die in der Person bzw dem Verhalten des Mitarbeiters liegen, ausgesprochen, so ist der Mitarbeiter verpflichtet, sämtliche Aufwendungen ..., zurückzuzahlen"

Diese Klausel zwingt den Arbeitnehmer auch dann zurückzuzahlen, wenn er wegen mobbingartigem Verhalten, wegen Krankheit oder wegen anderer persönlich nicht verschuldeter Gründe kündigt.

Eine Rückzahlungsverpflichtung auch für den Fall einer betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung ist generell unwirksam (siehe BAG Urt. v. 05.07.2000, 5 AZR 883/98 = NZA 2001, 394).

Im Einzelfall kann auch eine Klausel, wonach bei jeder Arbeitnehmerkündigung die Ausbildungskosten zurückzuzahlen sind, unzulässig sein, weil eine solche Vereinbarung zu weitgehend ist (BAG Urt. v. 23.01.2007, 9 AZR 482/6 = NZA 2007, 748; LAG Bremen, Urt. v. 25.02.1994, DB 94, 2630).

Von Fachanwalt für Arbeitsrecht Thomas Hockauf

www.anwalt-augsburg-arbeitsrecht.de


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