Schadensersatz nach Schufa-Einträgen: OLG Hamburg konkretisiert seine Rechtsprechung weiter
- 7 Minuten Lesezeit

Wenn Ihre Daten zu Unrecht an die Schufa Holding AG gemeldet wurden und dadurch negative Konsequenzen entstanden sind, können Sie einen Anspruch auf immateriellen Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO haben. Während einige Kanzleien von vornherein höhere Schadensersatzbeträge in Aussicht stellen, muss bei seriöser Betrachtung analysiert werden, was tatsächlich als Schaden durchgesetzt werden kann.
Im Folgenden erklären wir anhand der Rechtsprechung des OLG Hamburg (neues Urteil ist hier im Volltext abrufbar), wie Gerichte die Höhe des Schadensersatzes bewerten und welche Kriterien dabei eine Rolle spielen. Alle Fälle wurden von den Experten für Schufa-Fälle, durch die Kanzlei AdvoAdvice betreut. Das Vorgehen richtete sich in allen drei Fällen gegen die Barclays Bank Ireland PLC Hamburg Branch.
Hintergrund: Die Urteile des OLG Hamburg
Bereits im Jahr 2024 haben wir darüber berichtet, dass das OLG Hamburg in zwei Entscheidungen Schadensersatzbeträge bei fehlerhaften Schufa-Einträgen zugesprochen hat. Neben diesen beiden Urteilen gibt es ein brandneues drittes, ergänzendes Urteil, das weitere Aspekte beleuchtet. Die Urteile des OLG Hamburgs müssen im Detail betrachtet werden, um keine falschen Rückschlüsse zu ziehen:
Urteil vom 30.08.2023 - 13 U 71/21 – 1.000 Euro Schadensersatz pro Meldung:
Der dortige Kläger erhielt einen Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 Euro pro Datenübermittlung an die Schufa Holding AG zugesprochen. Es gab zwei Mal eine Datenübermittlung an die SCHUFA, sodass der Betrag jeweils für die Datenübermittlung zugesprochen wurde. Als Nachteil wurde seinerzeit „nur“ eine Verschlechterung des Scorewertes sowie eine weitere Datenübermittlung an eine dritte Bank festgestellt. Das OLG Hamburg formuliert sodann:
„Ferner hat die Beklagte die rechtswidrigen Meldungen kurzfristig nach Aufforderung durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers gegenüber der Schufa widerrufen. Darüber hinaus ist jedenfalls an dieser Stelle zu berücksichtigen, dass die Meldungen letztlich auch keine weiteren negativen Konsequenzen für den Kläger hatten.“
Das OLG Hamburg sprach dem dortigen Kläger 1.000 Euro pro Eintrag und damit insgesamt 2.000 Euro zu.
Urteil vom 10.01.2024 - 13 U 70/23 – 2.000 Euro Schadensersatz pro Meldung
In diesem Fall meldete die Barclays Bank über die Klägerin zweimal unberechtigte Forderungen an die Schufa. Trotz eindeutigen Bestreitens der Forderung erfolgten zwei Meldungen an die Schufa Holding AG. Das Gericht hielt auch hier fest, dass jede unberechtigte Meldung einzel bewertet werden muss. Das wiederholte Vorgehen trotz Widerspruchs sprach zudem für einen „bedingten Vorsatz“, was zu einem höheren Schadensersatz geführt hat.
Konkrete Folgen: Im Vergleich zum ersten Urteil gab es in diesem Fall auch konkrete Folgen für die Klägerin. Neben dem „bloßen“ Umstand der Rufschädigung als unzuverlässige Schuldnerin durch den Schufa-Eintrag, wurden auch konkrete Nachteile wie die Ablehnung eines Kredits und die Sperrung einer Kreditkarte festgestellt.
Das Gericht kam zu dem Schluss, dass pro fehlerhafter Meldung bei Vorliegen solcher Nachteile ein Betrag von 2.000 Euro angemessen ist – insgesamt also 4.000 Euro.
Urteil vom 12.02.2025 - 13 U 11/24 – 2.500 € Schadensersatz
Im aktuellen Fall ging das OLG Hamburg über die bisher ausgesprochenen Summen hinaus und sprach dem Kläger einen immateriellen Schadensersatz in Höhe von 2.500 Euro zu. Hier beruhte der Anspruch auf einen einzelnen, unberechtigten Schufa-Eintrag, der zu erheblichen persönlichen und finanziellen Unannehmlichkeiten führte. Der Eintrag wurde letztlich nach einem erfolgreichen einstweiligen Verfügungsverfahren entfernt und bestand für ca. zwei Monate.
Das OLG Hamburg bezog sich zunächst auf das aktuelle Urteil des BGH (Urt. v. 18.11.2024 – VI ZR 10/24 Rn. 95-97) zum Thema Schadensersatz bei den Facebook-Scrapping-Fällen und wandte diese Erkenntnisse dann nachvollziehbar auf den konkreten Fall an:
Das Gericht hielt fest, dass der Kläger zunächst einen erheblichen immateriellen Schaden durch den Verlust der Kontrolle über seine personenbezogenen Daten erlitt. Dadurch wurde er gegenüber der Schufa bloßgestellt. Neben der Rufschädigung kam es aber zu weiteren Folgen, da die Informationen durch die Schufa weitergegeben wurden. Insofern musste der Kläger die Kündigung eines Dispositionskredits hinnehmen, was zusätzlichen organisatorischen und finanziellen Aufwand auslöste.
Ganz konkret versuchte der Kläger zum Ausgleich des Dispositionskredites und zur Vermeidung weiterer Nachteile einen weiteren Kredit aufzunehmen. Dies wurde in einem persönlichen Gespräch bei der Bank abgelehnt, sodass in der Folge ein Kredit im Familienumfeld aufgenommen werden musste. All dies löste nachvollziehbare Sorgen und Belastungen aus, da bei einem weiteren Eintrag weitere Konsequenzen gedroht hätten.
Das Gericht bewertete den Schaden als zwar beträchtlich, aber in Relation zu den tatsächlichen Folgen angemessen und setzte ihn auf 2.500 € fest.
Kriterien für die Bemessung des immateriellen Schadensersatzes
Die Urteile des OLG Hamburg zeigen, dass die Höhe des Schadensersatzes individuell anhand der Gesamtsituation bewertet wird. Die Entschädigung soll den konkreten Schaden ausgleichen, jedoch nicht als Strafzahlung dienen. Ziel ist es, dich in die Lage zu versetzen, den erlittenen Schaden vollständig zu kompensieren, ohne dabei überzogene Beträge zuzusprechen. Dabei spielen folgende Faktoren eine entscheidende Rolle:
- Schufa-Eintragung an sich problematisch: Die Urteile des OLG Hamburg verdeutlichen, dass eine rechtswidrige Meldung an die Schufa Holding AG grundsätzlich problematisch ist und dies zu einer Beeinträchtigung führt. Ein Schadensersatz kommt daher grundlegend in Betracht, wenn eine rechtswidrige Eintragung vorliegt.
- Anzahl der fehlerhaften Schufa-Meldungen: Mehrfache unberechtigte Einträge (nicht Saldenmeldungen) führen zu einer kumulativen Bewertung (z. B. 2.000 € je Meldung).
- Schwere und Art der Beeinträchtigung / Belastungen: Negative Einträge können den Ruf als verlässlicher Schuldner nachhaltig beschädigen und konkrete finanzielle Nachteile auslösen. Damit ist die Reputation und Kreditwürdigkeit eingeschränkt. Der Verlust der Kontrolle über die Daten und die Bloßstellungen gegenüber Dritten können zu erheblichen psychischen und finanziellen Belastungen führen. Hier ist konkret an die unmittelbare Konsequenz aus den Einträgen wie Kreditkündigungen zu denken. Aber auch mittelbare Konsequenzen, wie der Versuch durch einen neuen Kredit weitere Nachteile zu verhindern, sind dabei zu beachten. Letztlich muss auch berücksichtigt werden, dass man bei der Bekämpfung eines Eintrags und seiner Folgen erhebliche zeitliche Aufwände hat, die ebenfalls im Schaden zu berücksichtigen sind.
- Vorsätzlichkeit und Verhaltensweise des Verantwortlichen: Wird eine fehlerhafte Meldung vorsätzlich vorgenommen, konnte sich dies nach der Rechtsprechung des OLG Hamburg als schadenserhöhend auswirken. Dies ist seit dem Urteil des EuGH in den Rechtssachen C‑182/22 und C‑189/22 vom 20.06.2024 jedoch nicht mehr haltbar, sodass sich die Frage des Vorsatzes nicht auf die Schadenshöhe auswirkt.
Betrachtet man die drei Entscheidungen des OLG Hamburg, kann man ein gewisses Schema erkennen, welche Umstände für einen höheren Schaden sprechen. Zudem bekommt man ein Gefühl dafür, welche Beträge realistisch umsetzbar sind. Insofern bedarf es immer einer Analyse der konkreten Situation betroffener Menschen.
Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Ermittlung Ihres Schadensersatzanspruchs
Sollte Ihnen eine Verletzung Ihrer Rechte aus der DSGVO bekannt werden, empfehlen wir Ihnen folgendes Vorgehen:
- Dokumentation: Zunächst sollten alle relevanten Unterlagen gesammelt werden, die den unrechtmäßigen Schufa-Eintrag und seine Folgen belegen – z. B. Schriftwechsel, Kontoauszüge, Absagen von Kreditanfragen etc. Auch die Androhung von Kündigungen oder die Kündigungsschreiben selbst sind dabei relevant. Zudem empfehlen wir, dass die zeitlichen Aufwände sowie psychischen Belastungen schriftlich festgehalten werden.
- Einzelanalyse: Sollte es mehrere Einträge geben, dann sollte eine Liste aller fehlerhaften Meldungen erstellt werden. Diesen Meldungen können dann konkrete negative Auswirkungen zugeordnet werden.
- Bewertung der Konsequenzen: In einem weiteren Schritt muss ermittelt werden, welche konkreten Folgen (z. B. Kündigung von Kreditverträgen, öffentliche Bloßstellung, psychische Belastungen) direkt auf die unrechtmäßige Meldung zurückzuführen sind.
- Gesamtrechnung: Zum Abschluss sollte man versuchen einen angemessenen Gesamtbetrag zu ermitteln.
Gerade die Ermittlung eines angemessenen Betrags ist wichtig, da man sonst mit einem Teil der Forderung unterliegen kann. Dies kann bei gerichtlichem Vorgehen dazu führen, dass der zugesprochene Schadensersatz gerade so oder nicht einmal ausreicht, um die entstandenen Kosten zu decken.
Je mehr sich die Rechtsprechung zu dieser Thematik festigt, desto mehr Anknüpfungspunkte haben die Rechtsanwaltskanzleien, um individuell einen Schaden zu bestimmen. Die Entscheidungen des OLG Hamburg machen aber auch klar, dass auch höhere Ersatzansprüche in Betracht kommen, wenn es weitreichendere und langwierigere Schäden gibt, die aus einem solchen Eintrag resultieren.

Fazit von Dr. Raphael Rohrmoser
"Die Entscheidungen des OLG Hamburg verdeutlichen, dass bei der Ermittlung des immateriellen Schadensersatzes stets der Einzelfall im Mittelpunkt steht. Ob einmalig oder mehrfach unrechtmäßige Schufa-Meldungen – maßgeblich sind die konkreten Auswirkungen auf das Leben der betroffenen Personen und die Kreditwürdigkeit der Betroffenen. Ein pauschaler Schadensersatzbetrag ist bei Schufa-Meldungen nicht möglich, sondern es muss immer die konkrete Situation gewürdigt werden. Mein Fazit: Betroffene sollten ihre individuelle Situation genau analysieren und im Zweifel rechtzeitig juristischen Rat einholen, um ihren vollen Anspruch durchzusetzen. Wenn Ihnen von einem Rechtsanwalt pauschale hohe Beträge in Aussicht gestellt werden, sollte eine gewisse Skepsis aufkommen, ebenso wenn in Schreiben nicht zu Ihrer individuellen Situation vorgetragen wird."
Negativeinträge bei der Schufa Holding AG gehen regelmäßig mit erheblichen Schwierigkeiten für betroffene Personen einher. Sollten auch Sie Probleme mit Einträgen in Auskunfteien haben, dann wenden Sie sich an die Kanzlei AdvoAdvice Rechtsanwälte als führende Experten auf diesem Gebiet unter info@advoadvice.de oder unter 030 921 000 40. Die Kanzlei AdvoAdvice berät und unterstützt schon seit vielen Jahren Betroffene bei der Löschung von Negativeinträgen und der Geltendmachung von immateriellen Schadensersatzansprüchen.
Artikel teilen: