Schleichwerbung und unlauterer Wettbewerb – was sich Influencer jetzt anhören müssen

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Influencer teilen ihre Privatsphäre, ihren Aufenthaltsort, ihr Lieblingsessen und ihr Stammfrisör. Dafür bekommen sie nicht nur viel digitale Aufmerksamkeit und Anerkennung, sondern auch genug Geld, um davon leben zu können. Doch nun gelangen immer mehr Fälle an die Öffentlichkeit, bei denen sich Influencer wegen Scheinwerbung vor Gericht verantworten müssen.

(Kein) Ruhm für die Offenlegung der Privatsphäre

Verdienen Social Media-Nutzer durch das Posten von Inhalten Geld, sind sie verpflichtet, ihre Beiträge als Anzeige bzw. Werbung zu deklarieren. Daran hielt sich auch „vanezia_blum“, wie sich die Aachener Influencerin mit über 300.000 Followern bei Instagram nennt – dachte sie zumindest. Denn nun streitet sie sich mit dem Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) wegen unlauteren Wettbewerbs und Schleichwerbung vor Gericht. Sie selbst hat nämlich nur solche Bilder als Werbung markiert, für die Sie von Unternehmen Geld bekommt. Alles andere sei ihre Privatsphäre, sagt sie. Das sieht der VSW anders und fordert von Vanessa mit Abmahnungen die Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung und Zahlung von 5000 Euro pro verlinktem Bild ohne Kennzeichnung. Indem sie ihre „privaten“ Bilder mit Verlinkungen zu Orten und Personen versah, habe sie Schleichwerbung betrieben. Das begründet der Verband damit, dass sie mit den Verlinkungen kommerzielle Inhalte erschaffe, mit denen sie sich selbst vermarkte und mehr Follower generiere. Der Profit des Fotos bestehe also nicht aus Geld, sondern Aufmerksamkeit und immer größer werdender Reichweite.

Unklare Rechtslage

Vanessa Blumenthal ist weder die Einzige noch die Erste, die sich wegen dieses Themas vor Gericht streitet. Das verunsichert nicht nur andere Influencer, sondern auch viele Social Media-Nutzer, die sich nun fragen, ob sie jedes Bild und jeden Text mit „Werbung“ überschreiben müssen, weil sie Verlinkungen enthalten. Beide Seiten, Vanessa und der VSW, wünschen sich aus diesem Grund ein Grundsatzurteil. Die Rechtslage soll diesbezüglich geklärt werden, sodass Social Media-Nutzer wissen, wie sie sich online bei Markennennungen zu verhalten haben.

Rechtsanwalt Guido Kluck stellt klar, dass es bei den aktuellen Fällen nicht um private Social Media-Nutzer geht, sondern um Personen mit einem gewissen Bekanntheitsgrad im Internet. Es gehe dem Verband nur um Influencer mit großer Reichweite, um die Macht und den Einfluss von Social Media-Marketing einzugrenzen.

Auf der anderen Seite stehen aber eben diese Influencer und fragen sich, welche Konsequenzen entsprechende Urteile für sie haben könnten. Herr Kluck erklärt dazu, dass Influencer, die Kleidung oder Accessoires tragen, welche mit Markenlogos verziert sind, selbst eine Abmahnung riskieren, sofern sie diese hochladen und mit „Werbung“ kennzeichnen. Das liege daran, dass sie den Nutzern suggerieren, mit den dahinterstehenden Unternehmen Werbekooperationen zu haben, die es aber in Wirklichkeit gar nicht gibt.

Und nun?

Zum Fall Vanessa Bumenthal, sagt Herr Kluck, bleibt es abzuwarten, wie das zuständige Gericht entscheiden wird. Trotzdem gebe es bereits Entscheidungen von Gerichten und Richtlinien, die Influencer einhalten sollten und können, um Abmahnungen zu entgehen. Seine Empfehlung:

Nur nicht als Werbung zu kennzeichnen haben Influencer sachliche Informationen und eigene Meinungsäußerungen bei selbsterworbenen Produkten. Das heißt andersherum, dass Beiträge oder Fotos einerseits dann als Werbung zu kennzeichnen sind, sobald man sie vom entsprechenden Unternehmen geschenkt bekommt oder ein Honorar erhält. Andererseits aber auch dann, wenn das entsprechende Produkt zwar selbst gekauft wurde, aber einen wesentlichen Teil des jeweiligen Posts ausmacht und durch eine stark positive Darstellung einen kommerziellen Eindruck erweckt.

Dabei betont Rechtsanwalt Guido Kluck eine Entscheidung, die das LG Berlin im Mai 2018 getroffen hat, als der Streit einer Bloggerin gegen einen Verband vor Gericht ging. Dabei ging es wie bei Vanessa Blumenthal um gepostete Fotos, bei denen sie die dazugehörigen Marken verlinkte. Dies tat sie nach eigenen Angaben, um Fragen vorzubeugen, wo sie die Produkte gekauft habe, und um ihre Follower auf dem Laufenden zu halten. Der Verband und das Gericht qualifizierten dies als unzulässige Schleichwerbung, bei der sie als „nicht unbedeutende Influencerin“ den Eindruck vermittle, privat zu handeln, obwohl sie in Wirklichkeit kommerziell Werbung mache. Das ergebe sich daraus, dass der Verbraucher durch die Posts beeinflusst und veranlasst wird, Einkäufe bei der jeweiligen Marke zu tätigen.

Guido Kluck empfiehlt zudem, die Kennzeichnung zu Beginn des Postings zu platzieren, die auch deutlich erkennbar sein und bei jedem erwähnten Produkt und Hersteller erscheinen muss. Des Weiteren sollten deutsche Begriffe verwendet werden – nicht „sponsored“ oder „ad(-vertisement)“, sondern „Werbung“ und „Anzeige“. Dadurch soll jeder Nutzer erkennen können, dass es sich um ein gewerbliches Posting handelt.  In dem Zusammenhang erwähnt Herr Kluck eine Entscheidung des OLG Celle, welches die Drogeriekette Rossmann wegen Schleichwerbung verurteilte, die das Hashtag „#ad“ zwischen anderen Hashtags versteckte.

Außerdem haben die Social Media-Plattformen für Werbungskennzeichnungen eigene Regeln aufgestellt, an denen man sich orientieren kann und die man einhalten sollte, rät Herr Kluck abschließend und fügt hinzu, dass private Nutzer von der Verwendung von Verlinkungen absehen sollten, da sie einerseits bei eigenen Meinungsäußerungen nicht erforderlich sind und sie andererseits Abmahnungen der Unternehmen riskieren.

Fazit

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung zu diesem Thema entwickelt. Trotzdem herrscht im Internet kein rechtfreier Raum und jeder Nutzer einer Social Media-Plattform sollte sich an die derzeit geltenden Entscheidungen der Gerichte und Richtlinien der Webseiten halten. Private Social Media-Nutzer sollten von Verlinkungen absehen. Influencer hingegen müssen sich darauf einstellen, in Zukunft so gut wie jedes Posting mit „Werbung“ überschreiben zu müssen, sofern sich ein gewerblicher Zusammenhang erkennen lässt.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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