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Schließung von Prostitutionsstätten wegen Corona – muss trotzdem Miete gezahlt werden?

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Prostitutionsstätten dürfen bundesweit aufgrund behördlicher Allgemeinverfügungen/Verordnungen - beispielsweise in Hamburg durch die Verordnung zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in der Freien und Hansestadt Hamburg (Hamburgische SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung - HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO) - nicht für den Publikumsverkehr geöffnet werden. Auch Prostitutionsvermittlung ist derzeit verboten, ebenso die Prostitution an sich. Dies ist aufgrund der erhöhten Ansteckungsgefahr für Prostituierte und Kunden nachvollziehbar bzw. wohl nicht vermeidbar. 

Allerdings ist momentan überhaupt nicht absehbar, wann Prostitutionsbetriebe wie Prostitutionsstätten, Prostitutionsvermittler oder auch die Prostituierten selbst ihre Tätigkeit wieder aufnehmen dürfen. Aufgrund des hier nicht zu vermeidenden Körperkontakts zwischen Prostituierter/Prostituierten und ihrer Kundschaft und dem damit einhergehenden Ansteckungsrisiko wird davon ausgegangen werden müssen, dass dieser Wirtschaftszweig zu einem der letzten gehören wird, die wieder für den Publikumsverkehr geöffnet werden dürfen. Dass dies die Existenz entsprechender Betriebe sowie der Prostituierten bedroht, liegt auf der Hand. Betreiber haben neben ihren privaten Lebenshaltungskosten noch weitere Kosten zu gewärtigen; die Miete für Bordellbetriebe ist regelmäßig hoch.

Muss allerdings trotz der Schließungen bzw. Öffnungsverboten aufgrund behördlicher Anordnungen gleichwohl Miete gezahlt werden? 

Derzeit wird diskutiert, ob es sich bei behördlichen Öffnungsverboten um einen Mietmangel im Sinne von § 536 BGB handelt. Wäre dies der Fall, könnte die Miete gemindert werden, und zwar unter Umständen für die Dauer des behördlichen Öffnungsverbotes auf Null.

Die Regelung des § 536 Abs. 1 BGB lautet wie folgt:

„Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten“.

Derzeit ist - schon aufgrund der Besonderheit der Situation, die es so in den letzten Jahrzehnten nicht gegeben hat - nicht abschließend geklärt, ob die Öffnungsverbote aufgrund der „Corona“-Verordnungen/Allgemeinverfügungen als Mietmangel zu charakterisieren sind. In der Rechtsprechung anerkannt ist allerdings, dass sich ein Mietmangel auch daraus ergeben, kann, dass die vertragsgemäße Nutzung der Mietsache aufgrund von öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht (mehr) möglich ist.

Vor über hundert Jahren entschied beispielsweise das Reichsgericht, dass dem Pächter einer Gastwirtschaft, die überwiegend als Tanzbetrieb genutzt wurde, ein Minderungsrecht zustand, wenn öffentliche Tanzveranstaltungen kriegsbedingt untersagt wurden (Urteil des Reichsgerichts vom 9.11.1915 (RGZ 87, 277 - III 145/15). 

Dementsprechend könnte vor Gericht argumentiert werden, dass auch die aktuellen Öffnungsverbote einen Mietmangel darstellen, der zur Minderung bzw. Minderung auf Null für die Dauer der Verbote berechtigen. Ob dies schließlich von Erfolg gekrönt wäre, lässt sich allerdings momentan nicht mit hundertprozentiger Sicherheit vorhersagen. Vor einer Minderung auf Null sollte aus Betreibersicht zumindest das Gespräch mit dem Vermieter gesucht werden. 

Auch über eine Anpas­sung des Mietvertrags - etwa eine Min­de­rung des Mietzinses, eine Stun­dung der Zahlungen o.ä. oder als „ultima ratio“ eine Kün­di­gung des Miet­ver­trags wegen Stör­ung der Geschäfts­grund­lage im Sinne von § 313 BGB kann nachgedacht werden. Die Geschäftsgrundlage ist vorliegend die Überlassung einer Mietsache an den Mieter für einen bestimmten Zweck gegen Zahlung des Mietzinses. Aktuell wird das Objekt dem Mieter zwar überlassen, aufgrund behördlicher Öffnungsverbote kann es allerdings nicht wie geplant zum vereinbarten Zweck genutzt werden. Es wird davon auszugehen sein, dass aufgrund dieser - möglicherweise noch eine längere Zeit andauernden - Störung der Geschäftsgrundlage ein Anspruch des Mieters auf Anpassung des Vertrags besteht. 

Im Ergebnis ist derzeit eine verbindliche Auskunft dazu, ob die Miete für die Dauer von Öffnungsverboten von Betreibern einbehalten werden darf, nicht möglich. Betreibern wird dazu geraten, gemeinsam mit ihren Vermietern eine einvernehmliche Lösung zu finden. Mietzahlungen sollten bis auf weiteres mit dem Zusatz „unter Vorbehalt“ versehen werden. 

Für Betreiber hilfreich ist, dass Vermieter ihren Mietern vorerst nicht kündigen können, wenn diese ihre Miete wegen der Corona-Krise nicht zahlen können. Mietrückstände aus dem Zeitraum April bis Juni 2020, die auf den Auswirkungen der Corona-Pandemie beruhen, dürfen nicht zur Begründung einer ordentlichen oder fristlosen Kündigung herangezogen werden.


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