Veröffentlicht von:

Schulrecht: § 39 Sächsisches Schulgesetz (SächsSchulG) – Ordnungsmaßnahmen in Sachsen

  • 5 Minuten Lesezeit

Abgrenzung zwischen Erziehungsmaßnahmen und Ordnungsmaßnahmen gem. § 39 Schulgesetz Sachsen

In Sachsen werden niederschwellige Vorwürfe mit Erziehungsmaßnahmen und gravierendere Vorwürfe durch Ordnungsmaßnahmen pädagogisch geahndet.

Hierzu § 39 Abs. 1 Schulgesetz Sachsen:

Zur Sicherung des Erziehungs- und Bildungsauftrags oder zum Schutz von Personen und Sachen können nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Ordnungsmaßnahmen gegenüber Schülern getroffen werden, soweit andere Erziehungsmaßnahmen nicht ausreichen. Erziehungsmaßnahme ist auch die zeitweilige Inbesitznahme störender Gegenstände.

Die Erziehungsmaßnahmen gem. § 39 Abs. 1 Sächsisches Schulgesetz

In Sachsen gibt es keine beispielhafte Aufstellung von Erziehungsmaßnahmen; lediglich die Inbesitznahme störender Gegenstände (meist Wegnahme von Handys) ist gesetzlich geregelt.

Erziehungsmaßnahmen sind nach alledem alltägliche pädagogische Ahndungen, die man gar nicht bewusst wahrnimmt, wie Ermahnungen. Gravierender sind solche Erziehungsmaßnahmen, die zu einer Handlungsaufforderung führen, wie bspw. Strafarbeiten, Vor-die-Tür-stellen oder Verhaltensvereinbarungen mit den Eltern.

Im Grunde sind der Fantasie der Schule wenig Grenzen gesetzt, solange sich diese Erziehungsmaßnahmen im niederschwelligen Bereich bewegen, der durch den allgemeinen pädagogischen Auftrag der Schule gedeckt ist.

Ordnungsmaßnahmen gem. § 39 Abs. 2 SächsSchulG

Demgegenüber geht es bei den in § 39 Abs. 2 SächsSchulG geregelten Ordnungsmaßnahmen um gravierendere pädagogische Ahndungen.

Da diese sich im grundrechtswesentlichen Bereich abspielen, ist bei Ordnungsmaßnahmen in Sachsen eine gesetzliche Regelung erforderlich.

In Sachsen sind in § 39 Abs. 2 Sächsisches Schulgesetz folgende Ordnungsmaßnahmen geregelt.

Der schriftliche Verweis gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 SächsSchulG

Beim schriftlichen Verweis handelt es sich quasi um den „Einstieg“ in Ordnungsmaßnahmen in Sachsen.

Der schriftliche Verweis ist eine verschärfte Ermahnung, sodass er oftmals nicht ernst genommen wird. Dies ist oftmals eine Fehlannahme, da Schulen mitunter „beim nächsten Mal“ eine Ordnungsmaßnahme verhängen, die richtig weh tut.

Die Überweisung in eine andere Klasse gem. § 39 Abs. 2 Nr. 2 SächSchulG

Die Überweisung in eine andere Klasse kann nicht beliebig angeordnet werden, sondern setzt Probleme innerhalb der Klasse voraus.

Die Androhung des Schulausschlusses gem. § 39 Abs. 2 Nr. 3 SächsSchulG

Die Androhung des Ausschlusses aus der Schule ist eine sehr gefährliche Ordnungsmaßnahme, auch wenn sie in Sachsen im Rang unterhalb des Unterrichtsausschlusses steht.

Sie ist eine Art „Abmahnung“ und wenn nochmals ein vergleichbarer Vorwurf erfolgt, dann kann die Schule den Ausschluss aus der Schule aussprechen. Aus diesem Grunde sollte man sich gegen die Androhung des Schulausschlusses immer wehren, zumal viele Schulen diese Ordnungsmaßnahme sehr rasch anwenden und diese oftmals rechtswidrig sind.

Der Unterrichtsausschluss bis zu 4 Wochen gem. § 639 Abs. 2 Nr. 4 SächsSchulG

Der Unterrichtsausschluss ist die praktisch relevanteste Ordnungsmaßnahme, die von Schulen in Sachsen auch mit Abstand am meisten verhängt wird.

Unterrichtsausschlüsse sollte man auch immer ernst nehmen, denn wurde diese Grenze erst einmal überschritten, dann geht häufig rasch weiter mit Ordnungsmaßnahmen.

Spätestens hier sollte man bei ungerechtfertigten Unterrichtsausschlüssen auch an anwaltliche Unterstützung denken, denn die Unterrichtsausschlüsse werden ansonsten meist kurzerhand vollzogen, selbst wenn Eltern Widerspruch eingelegt haben!

Der Ausschluss aus der Schule gem. § 39 Abs. 2 Nr. 5 SächsSchulG

Der Schulausschluss ist der ultimative Rauswurf aus der Schule und nur in außergewöhnlichen Konstellationen denkbar. Wichtig ist, dass man sich rasch wehrt, da ansonsten meist eine Eigendynamik eingreift, die schwer aufzuhalten ist.

Die Anordnung der Ordnungsmaßnahmen gem. § 39 Abs. 3 SchulG

Die Anordnung der Ordnungsmaßnahmen ist in § 39 Abs. 3 SächsSchulG geregelt:

  • Schriftliche Verweise werden in der Grundschule durch den Lehrer oder den Schulleiter erlassen.
  • Schriftliche Verweise in weiterführenden Schulen und alle anderen Ordnungsmaßnahmen werden vom Schulleiter erlassen.

Bei der Überweisung in eine andere Klasse, dem Unterrichtsausschluss, der Androhung des Schulausschlusses und des Schulausschlusses hört der Schulleiter aber die Klassenkonferenz bzw. die Jahrgangsstufenkonferenz an, die als ein Wörtchen mitzureden haben, wie dies auch in anderen Bundesländern üblich ist. Der Schulleiter hat indes in Sachsen eine vergleichsweise herausgehobene Stellung.

Anhörung und Beteiligung von Schülern, Eltern und weiteren Personen gem. § 39 Abs. 5 SchulG

Vor der Entscheidung über Ordnungsmaßnahmen sind der betroffene Schüler, bei minderjährigen Schülern auch die Eltern, zu hören.

In der Praxis werden solche Anhörungen oftmals gar nicht, einseitig oder erst nachträglich durchgeführt.

All dies ist indes rechtswidrig. In einem Rechtsstaat darf man erwarten, dass die Schule erst anhört, dann ermittelt und dann eine Entscheidung trifft!

Auf Antrag des Schülers, gegen den eine Ordnungsmaßnahme ein Unterrichtsausschluss, eine Androhung des Schulausschlusses oder ein Ausschluss aus der Schule verhängt werden soll, hört der Schulleiter den Klassensprecher oder, sofern der Unterricht nicht im Klassenverband erteilt wird, einen Jahrgangsstufensprecher an. Sofern an der Schule sozialpädagogische Unterstützung durch einen Träger der Jugendhilfe erbracht wird, hört der Schulleiter auf Wunsch des Schülers, gegen den ein Ausschluss aus der Schule erfolgen soll, auch Vertreter an, die diese Unterstützungsmaßnahmen durchführen.

Voraussetzungen für Ordnungsmaßnahmen in Sachsen gem. § 39 Abs. SächsSchulG

Für Verweise, die Überweisung in eine andere Klasse, Unterrichtsausschlüsse und die Androhung des Ausschlusses aus der Schule gibt es in Sachsen keine explizite Regelung. Voraussetzung ist ein schulisches Fehlverhalten und die Einhaltung der Grenzen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Wann dies der Fall ist, ist aufgrund der Individualität möglicher Vorwürfe nicht allgemein zu sagen. Sie können mich als erfahrenen Anwalt aber natürlich gerne zu Ihrem Fall fragen.

Der Ausschluss aus der Schule ist in § 39 bs. 4 SchulG geregelt:

Die Ordnungsmaßnahmen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 und 5 sind nur bei schwerem oder wiederholtem Fehlverhalten zulässig.

Bei Schulausschlüssen ist es immer wieder festzustellen, dass Schulen ganz bewusst über das Ziel hinausschießen und hoffen, der Schüler gehe aufgrund des Drucks dann „freiwillig“.

Rechtsschutz gegen Ordnungsmaßnahmen in Sachsen 

Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Anordnung von Ordnungsmaßnahmen haben in Sachsen (wie in den meisten Bundesländern) keine aufschiebende Wirkung.

Die Ordnungsmaßnahme kann demnach selbst im Falle eines Widerspruchs der Eltern weiter vollzogen werden, was Schulen durchaus einkalkulieren. Ist die Ordnungsmaßnahme vollzogen, dann gibt es aber keine Entscheidung mehr!

Wie überall im Schulrecht, sollte man deshalb auch bei Ordnungsmaßnahmen in Sachsen möglichst frühzeitig tätig werden. Manche Dinge kann man noch im Keim ersticken. Notfalls kann aber auch ein gerichtlicher Eilantrag notwendig werden.

Als erfahrener Anwalt für Schulrecht können Sie sich natürlich jederzeit an mich wenden.

Für weitergehende Informationen zu Ordnungsmaßnahmen in der Schule nutzen Sie bitte auch meine Website www.ordnungsmassnahmen-schule.de

Rechtsanwalt Andreas Zoller

Anwalt für Schulrecht


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Andreas Zoller

Beiträge zum Thema