Schweigerecht des Beschuldigten: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold

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In diesem Rechtstipp möchte ich auf einen Punkt aufmerksam machen, den viele Beschuldigte nicht ganz verstehen: das Schweigerecht!

1. Was bedeutete das Schweigerecht

Ganz einfach: Sie dürfen zu allen Vorwürfen gegen sich selber und nahe Angehörige Schweigen. Dieses Recht gilt gegenüber der Polizei, dem Staatsanwalt und einem Richter! Wer etwas anderes behauptet der hat entweder keine Ahnung oder lügt! 

Das Schweigerecht geht sogar so weit, dass sie einer Vorladung der Polizei nicht einmal folgen müssen. Sie können einfach zu Hause bleiben. Auch wenn die Schreiben der Polizei oft etwas anderes behaupten! Sie müssen den Termin nicht einmal absagen! 

Anders bei Gericht und Staatsanwaltschaft. Da müssen Sie erscheinen. Aber: Auch hier gilt, sie müssen nichts sagen!


2. Aber wenn ich schweige, dann habe ich doch was zu verbergen!

Klare Antwort. NEIN! Und falls doch, muss das der Staat in einem entsprechend rechtstaatlichen Verfahren nachweisen! Weder Polizei, noch Staatsanwalt oder Gericht dürfen ein Schweigen des Beschuldigten negativ auslegen! Es gilt, wer sich auf seine Rechte beruft, darf dadurch keinen Nachteil haben.


3. Aber das Gericht soll doch wissen, wie es wirklich war!

Ja! Sie haben das Recht, ihre Sicht der Ereignisse dem Gericht mitzuteilen. Aber die große Frage, die sie nicht beantworten können ist, ob ihre Sicht der Dinge zu den (objektiven) Beweismitteln aus der Akte passt. 

Wenn z.B. ein DNA Test beweist, dass sie innerhalb eines Zeitraumes (so lange sich DNA nachweisen lässt) an einem Ort waren (weil ihre DNA dort gefunden wurde) können sie schlecht sagen, sie kennen den Ort nicht und waren nie da (das lässt sich übrigens viel einfacher durch eine Abfrage bei ihrem Mobilfunkanbieter herausfinden). Da sie die Akte nicht kennen und wenn ja, mit den oft technischen Beweisen nichts anfangen können, werden sie mit einer Einlassung (also einer Aussage) die gegen solche objektiven Beweise argumentiert zumeist scheitern.

Daher ist der einzige Weg, ihre Sicht der Dinge dem Gericht mitzuteilen, über einen Anwalt. Er kennt ihre Akte und kann ihre Angaben in Verbindung zu den Beweismitteln bringen. Dabei geht es nicht um das Verzerren dieser Beweise. Ihr Anwalt kann die Lage besser Einschätzen und ihnen dann raten, bei ihrem Schweigerecht zu bleiben oder doch eine Aussage zu machen.   


4. Eigene Erfahrungen

Oft kommen Mandanten zu mir, die bereits eine Anklageschrift erhalten haben. Da ist das Kind in der Regel schon in den Brunnen gefallen. 

In einigen dieser Fälle wurden bereits mit der Polizei und der Staatsanwaltschaft gesprochen. Hier ist das Kind aus dem Brunnen bereits ertrunken! 

In einem Fall, hatte mein Mandant bereits bei seiner Festnahme vor Ort die Beamten als A....lö... betitelt und war der Meinung, ihnen breit erzählen zu müssen, warum seiner Meinung nach, der andere die Tracht Prügel verdient habe. Da die Beamten zu dem Zeitpunkt nur die beiden Streithähne trennen wollten und noch gar nicht nachgefragt hatten, konnte diese sog. Spontanäußerung verwendet werden. Eine Verurteilung war nicht mehr zu verhindern. Nur noch Schadensbegrenzung. 

In einem anderen Fall, gab ein Mandant seine Zustimmung zu einer Wohnungsdurchsuchung, obwohl bei ihm massenweise Betäubungsmittel lagerten. Auch hier musste er dies nicht tun und ich hätte ihm, hätte er mal eben einen Anwalt per Mobiltelefon online gefunden und angerufen sicher dazu geraten, nichts zu gestatten. Sollen die Polizeibeamten sich doch einen Durchsuchungsbeschluss, den man rechtlich angreifen kann, besorgen. 

Ein anderer Fall war so, dass meine Mandantin bereits eine eigene Geschichte erzählte, die mit der Wahrheit nicht das geringste zu tun hatte. In einem Gerichtsverfahren die seit einem Jahr gemachten Angaben spontan zu ändern kommt nie gut an bei Gericht. Nach dem Motto, wer einmal lügt, dem glaubt man nicht! Hätte sie von Anfang an geschwiegen, hätten wir mit der entsprechend wahren Geschichte eine ganz andere Verteidigung aufziehen können. 


Alle diese Ergebnisse hätten verhindert werden können, wenn man von seinem Rech zu Schweigen gebrauch gemacht hätte. 

Es gilt der Grundsatz: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Oder um aus der Fernsehserie Die Simpsons zu zitieren: Besser schweigen und für dumm gehalten werden als den Mund aufmachen und alle Zweifel beseitigen! 


(Dieser Rechtstipp ist ein grober und unvollständiger Überblick über ein kleines Rechtsgebiet. Der Autor hat lediglich Grundsätze und allgemeine Hinweise weitergegeben! Daher können Details ihres Falles, die dem Autor nicht bekannt sind, zu einer anderen Einschätzung führen. Es kann keine Gewähr dafür übernommen werden, dass die Rechtslage und die Rechtsprechung dauerhaft unverändert bleiben. Daher gilt: Je älter dieser Rechtstipp ist, mit desto mehr Vorsicht ist er zu genießen. Ich rate davon ab, ohne Rechtsberatung durch einen Anwalt, der sich mit ihrem Fall auskennt, nur auf Grundlage dieses Rechtstipps zu handeln.)


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