Haftprüfungstermin: Gefahren und Chancen

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Vor geraumer Zeit habe ich eine kleine Reihe zum Thema Untersuchungshaft abgefasst. Ich verlinke ihnen hier den letzten der drei Teile. 

Heute will ich ihnen einen etwas tieferen Einblick in die Haftprüfung bieten. 

1. Antrag auf mündliche Haftprüfung

Der Antrag auf mündliche Haftprüfung ist eine von zwei Möglichkeiten eine Untersuchungshaft zu beenden (zu der Haftbeschwerde will ich in diesem Kommentar aber nichts sagen).

Sofern man eine mündliche Haftprüfung beantragt, muss das Gericht binnen zwei Wochen einen Termin anberaumen, bei der über die Haftfrage nochmal verhandelt wird. Bis dahin ist der Mandant in Haft.    

2. Ablauf der Haftprüfung

Die Haftprüfung findet, anders als eine Gerichtsverhandlung, unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. 

Der Beschuldigte wird aus der Untersuchungshaft in den Sitzungssaal gebracht. Dort trifft er auf seinen Verteidiger, einen Vertreter der Staatsanwaltschaft und auf einen Richter. Der Haftbefehl wird nochmals durchgegangen. Nun können alle Beteiligten über die Voraussetzungen der Haft verhandeln. 

Hier besteht die Möglichkeit bereits erste Anschuldigungen aus dem Haftbefehl zu entkräften und damit den sog. dringenden Tatverdacht anzugreifen. So verlockend diese Möglichkeit ist, so vorsichtig muss damit umgegangen werden. Alles, was bei der Haftprüfung gesagt wird, wird protokolliert. Dieses Protokoll kann im Rahmen einer Hauptverhandlung als Urkunde verlesen werden. Sofern man also hier unbedachte Äußerungen tätigt, kann das für das Gerichtsverfahren tödlich sein. 

Aber es birgt auch die Möglichkeit, bereits jetzt so viele Punkte aus der Welt zu schaffen, dass am Ende nur noch einige Wenige, ggf. sogar nicht so schwere, Tatvorwürfe bleiben. Dies kann zu einer frühen positiven Lenkung des Verfahrens führen. 

Es ist aber juristisches und taktisches Fingerspitzengefühl gefragt, ob und wenn ja, wie weit man hier bereits mit einer inhaltlichen Verteidigung beginnt. 

3. Entscheidung

Das Gericht kann hier mehrere Entscheidungen treffen: es kann einerseits den Haftbefehl aufheben. In diesem sehr seltenen Fall ist der Mandant aus der Haft zu entlassen. Dies wird nur dann geschehen, wenn man mindestens eine Voraussetzung des Haftbefehls aus der Welt schafft. Andererseits kann das Gericht den Haftbefehl außer Vollzug setzen. Auch dann ist der Mandant aus der Haft zu entlassen. Dies wird dann geschehen, wenn das Gericht zwar der Meinung ist, die Voraussetzungen des Haftbefehls bestehen, aber es gibt Möglichkeiten, die Hauptverhandlung anders als durch die Haft des Beschuldigten zu sichern. Dieser Fall ist deutlich wahrscheinlicher als die Aufhebung des Haftbefehls.   

Die dritte Entscheidungsmöglichkeit ist die, dass das Gericht den Antrag abweist. Dies wird nicht passieren, sofern Sie einen umsichtigen Anwalt haben. Warum: Sollte das Gericht den Antrag abweisen, also sollte die Untersuchungshaft aufrecht erhalten bleiben, so darf frühestens nach 2 Monaten erneut ein Antrag auf mündliche Haftprüfung gestellt werden, §118 Absatz 3 StPO. Der Mandant ist also mindestens 2 Monate in Haft (wahrscheinlich, aber länger). Daher sollte ein Anwalt, der merkt, dass dieser Termin schlecht ausgeht, den Antrag zurücknehmen. 

Dann kann er sofort einen neuen Antrag stellen und es muss in zwei Wochen erneut verhandelt werden. Damit ist der Mandant dann einen Monat in Haft und nicht zwei oder mehr.

Fazit: Sofern Sie oder eine ihnen nahestehende Person einen Haftbefehl bekommen, sollten Sie sich eng mit ihrem Anwalt abstimmen, welche rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten Sie haben, um das Verfahren bereits früh zu gestallten. Manchmal ist es aber auch sinnvoll, keine Haftprüfung zu beantragen und stattdessen auf eine schnelle Gerichtsverhandlung mit einem guten Urteil hinzuarbeiten. 

(Dieser Rechtstipp ist ein grober und unvollständiger Überblick über ein kleines Rechtsgebiet. Der Autor hat lediglich Grundsätze und allgemeine Hinweise weitergegeben! Daher können Details ihres Falles, die dem Autor nicht bekannt sind, zu einer anderen Einschätzung führen. Es kann keine Gewähr dafür übernommen werden, dass die Rechtslage und die Rechtsprechung dauerhaft unverändert bleiben. Daher gilt: Je älter dieser Rechtstipp ist, mit desto mehr Vorsicht ist er zu genießen. Ich rate davon ab, ohne Rechtsberatung durch einen Anwalt, der sich mit ihrem Fall auskennt, nur auf Grundlage dieses Rechtstipps zu handeln.) 


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