Schwerbehindertes Kind hat Anspruch auf vorrangige Impfung gegen Corona

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# Corona-Impfung # Vorzeitige Impfung #Verwaltungsgericht Frankfurt #Eilverfahren # Off-Label-use

Die Stadt Frankfurt muss ein schwerstbehindertes Kind in die Gruppe mit hoher Priorität für eine Schutzimpfung gegen das Coronavirus aufnehmen und ein entsprechendes Impfangebot unterbreiten.

Die achtjährige schwerstbehinderte Antragstellerin leidet seit ihrer Geburt an einer schweren Fehlbildung des Gehirns sowie unter Epilepsie und wiederkehrenden Atemwegsinfekten sowie unter Blindheit. Sie ist zu 100% schwerstbehindert.

Aufgrund ihres Gesundheitszustands besteht (nachgewiesen durch ärztliche Atteste) ein signifikant erhöhtes Risiko für einen schweren bis tödlichen Verlauf bei einer COVID-19-Erkrankung.

Nachdem die Antragstellerin erfolglos versucht hatte, bei dem Gesundheitsamt der Stadt Frankfurt am Main einen Impftermin zu erhalten, hat sie vor dem Verwaltungsgericht einen Eilantrag gestellt.

Das Verwaltungsgericht Frankfurt hat dem Eilantrag mit Beschluss vom 15.02.21 dem Antrag teilweise stattgegeben. Die Antragstellerin gehöre zwar nicht zu der Kategorie der Personengruppe mit höchster Priorität aber sie gehöre als Person mit geistiger Behinderung zu der Personengruppe mit hoher Priorität. Dieser Einstufung stehe auch nicht entgegen, dass die Antragstellerin minderjährig ist. In dieser Eingruppierung habe die Antragsgegnerin nunmehr im Rahmen einer pflichtgemäßen Ermessensentscheidung über eine vorrangige Berücksichtigung der Antragstellerin bei der Vergabe von Impfterminen zu entscheiden, sobald Impftermine für diese Personengruppe vergeben werden.

Die Stadt Frankfurt muss der Antragstellerin hiernach vorzeitig einen Impftermin anbieten.

Als unerheblich erachtete das Gericht, dass der zur Verfügung stehende Impfstoff nicht für Kinder zugelassen ist. Das Gericht verwies auf die Möglichkeit, dass Fertigarzneimittel im Einzelfall und bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen auch außerhalb des durch die Arzneimittelbehörden zugelassenen Gebrauchs verordnet werden können (Off-Label-Use).

Einen vorzeitigen Impfanspruch der Eltern der Antragstellerin (als pflegende Angehörige) hat das Gericht hingegen zurückgewiesen.

An nahezu allen deutschen Verwaltungsgerichten sind derzeit Eilanträge anhängig die sich mit der Frage beschäftigen ob im Einzelfall vorzeitige Impfansprüche bestehen. Zuletzt hatte ein Fall aus Hamburg für Aufsehen gesorgt. Der Fall betraf eine schwer krebskranke Patientin die vor einer Operation an die sich eine Chemotherapie anschließen sollte stand und vorzeitig geimpft werden wollte. Auch dieser Eilantrag war erfolgreich.

Die weitere Entwicklung der Rechtsprechung bleibt abzuwarten. Entscheidend wird der jeweilige Einzelfall sein.



Julian Jakobsmeier
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Medizinrecht


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