Sicherstellung von DNA-fähigem Material: zulässig bei Zeugnisverweigerungsrecht?

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Der Bundesgerichtshof musste sich im Sommer 2018 mit der Frage auseinandersetzen, ob eine Maßnahme zur Gewinnung sowie Verwertung von DNA-fähigem Material gegenüber einer Person gestattet ist, welche nach § 52 StPO durch ein gesetzliches Zeugnisverweigerungsrecht geschützt ist.

Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Generalbundesanwalt des Bundesgerichtshofs hat gemäß §§ 103, 105, 162, 169 Abs. 1 StPO die Durchsuchung einer Wohnung zwecks Sicherstellung und Beschlagnahme von DNA-fähigem Material angeordnet. Hintergrund für diese Maßnahme war ein Ermittlungsverfahren gegen ein Ehepaar, welches unter Verdacht der Vorbereitung staatsgefährdender Gewalttaten geraten ist. Es bestanden Anzeichen sowie Indizien, dass das Paar versuchte, sich in eine terroristische Vereinigung aus dem Ausland einzubringen und eventuelle Gewalttaten unter Anordnung dieser im Bundesgebiet auszuführen.

Ziel der Durchsuchung war es auch, DNA-fähiges Material der Tochter beziehungsweise Stieftochter der Beschuldigten zu gewinnen. Dies sollte durch die Beschlagnahme von Schmutzwäsche sowie Haar -  und Zahnbürsten der Betroffenen gewährleistet werden. Die Beschlagnahme sowie die molekulargenetische Untersuchung des Materials fußen auf den Vorschriften nach §§ 81e, 81f sowie 94, 98 StPO und können grundsätzlich in solchen schwerwiegenden Verdachtsfällen angewandt werden.

Durch den Verwandtschaftsgrad der Hauptverdächtigen zur Stieftochter/Tochter fällt diese in den Bereich des § 52 StPO, dass sogenannte „Zeugnisverweigerungsrecht“. Dieser hat den Zweck, den Zeugen, welcher einerseits zur Wahrheitsaussage verpflichtet ist, andererseits jedoch befürchten muss, dass sie dadurch einem Angehörigen schaden, vor dem Entstehen einer Zwangslage zu bewahren. Der Gesetzgeber billigt den Zeugen aus diesem Grund die Möglichkeit zu, durch Verweigerung der Aussage selbst nicht aktiv zur Überführung eines Angehörigen beitragen zu müssen. Ergänzt wird dieses Recht durch die Bestimmungen des § 97 Abs. 1 Nr. 1 StPO und § 81c Abs. 3 StPO. Dieses bezieht sich jedoch lediglich auf die eigenen Aussagen des Zeugen, erstreckt sich somit nicht auf etwaige Beschlagnahme – oder Untersuchungshindernisse.

In solchen Fällen kommt § 81c Abs. 3 StPO ins Spiel, welches als sogenanntes „Untersuchungsverweigerungsrecht“ bekannt ist. Demnach dürfen Betroffene eine Untersuchung verweigern, wenn diese die Möglichkeit offenlegt, einen Angehörigen nach § 52 Abs. 1 StPO einer Straftat zu überführen. Dies gilt lediglich für Untersuchungen an Leib & Körper. Ein allgemeines Beschlagnahmeverbot beim Zeugnisverweigerungsberechtigten sieht die Strafprozessordnung dagegen nicht vor, sondern lediglich ein Verbot, wonach schriftliche Mitteilungen zwischen dem Angeklagten und dem Angehörigen nach § 97 StPO nicht beschlagnahmt werden dürfen.

Da es sich jedoch im vorliegenden Fall nicht um schriftliche Mitteilungen, sondern um DNA-fähiges Material handelt, findet diese Vorschrift keine Anwendung.

Auch das in § 81c Abs. 3 StPO geregelte Untersuchungsverweigerungsrecht der Betroffenen steht einer Beschlagnahme aus Sicht der Karlsruher Richter nicht entgegen. Der gravierende Unterschied zum „Untersuchungsverweigerungsrecht“ ergibt sich daraus, dass die Betroffene nicht verpflichtet ist, aktiv an der Aufklärung des Sachverhaltes mitzuwirken und ggf. zur Überführung der Beschuldigten beizutragen. Sie hat aufgrund der Anordnung der Durchsuchung überhaupt keine Wahl zur Anteilnahme, wonach auch keine Zwangslage entsteht, welche der § 52 StPO zu verhindern versucht. Eine Analogie könne nicht angewandt werden, da dies die gesetzgeberische Wertung der Ausnahmen nach § 52 StPO sowie § 97 Abs. 1 StPO (Beschlagnahmeverbot für Mitteilungen) untergraben würde. Die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme ist laut dem BGH gewahrt worden, so dass die Durchsuchungsanordnung sowie die darauffolgende Beschlagnahme und Untersuchung rechtmäßig sind (BGH, Beschluss vom 01.08.2018 - 1 BGs 324/18).

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht


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