Sind Überstunden in der Ausbildung erlaubt?

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Jeden Tag pünktlich Feierabend machen – davon können Azubis häufig nur träumen. Laut einer Umfrage des Jugendverbands des Deutschen Gewerkschaftsbunds arbeiten beinahe 40 Prozent der Auszubildenden regelmäßig länger. Aber ist das überhaupt zulässig?

Wann müssen Auszubildende Überstunden leisten?

Arbeitgeber dürfen Überstunden nicht fest einkalkulieren. Besonders Auszubildende besitzen bezüglich der Mehrarbeit besondere Rechte.

Grundlage dafür sind gesetzliche Regeln, deren Anwendung vom Alter des Auszubildenden abhängt. Für volljährige Auszubildende gilt das Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Minderjährige Auszubildende unterliegen dagegen dem Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG).

Volljährige Azubis dürfen gemäß § 14 ArbZG in Notfällen oder anderen außergewöhnlichen Fällen vorübergehend Überstunden leisten, wenn es keine andere Abhilfe gibt. Beispiele sind ein plötzlicher Personalengpass aufgrund überraschend hoher Krankheitsfälle oder die Erfüllung eines unerwarteten Großauftrags. Insbesondere wenn Lebensmittel oder Rohstoffe zu verderben drohen oder Arbeitsergebnisse zu misslingen, sind Überstunden erlaubt. Danach ist die wöchentliche Arbeitszeit in den folgenden sechs Monaten allerdings auf maximal 48 Stunden beschränkt. Basis ist eine Sechstagewoche.

Auch minderjährige Lehrlinge dürfen vorübergehend Mehrarbeit leisten, wenn in Notfällen vorübergehende und unaufschiebbare Arbeiten anfallen. Grundlage dafür ist § 21 JArbSchG. Dieses setzt zusätzlich voraus, dass keine erwachsenen Beschäftigten zur Verfügung stehen. Außerdem muss der Arbeitgeber die Überstunden durch verkürzte Arbeitszeiten bereits binnen der folgenden drei Wochen ausgleichen.

Wie viele Überstunden dürfen volljährige Auszubildende leisten?

Laut Arbeitszeitgesetz dürfen volljährige Auszubildende maximal acht Stunden pro Werktag, also von Montag bis einschließlich Samstag, arbeiten. Das entspricht 48 Stunden pro Woche. Die Dauer der regelmäßigen täglichen Ausbildungszeit muss im Ausbildungsvertrag stehen.

Das Arbeitszeitgesetz gestattet eine Ausweitung auf maximal 10 Stunden Arbeit pro Werktag. Diese Mehrarbeit ist jedoch binnen sechs Monaten auszugleichen. Der Ausgleich hat so zu erfolgen, dass sich innerhalb dieser Zeit wieder eine durchschnittliche Arbeitszeit von acht Stunden pro Tag ergibt. Ein Tarifvertrag bzw. eine darauf basierende Betriebsvereinbarung darf jedoch Abweichendes regeln.

Wie viele Überstunden dürfen Auszubildende unter 18 Jahren leisten?

Bei Auszubildenden unter 18 Jahren findet das Jugendarbeitsschutzgesetz Anwendung. Minderjährige dürfen höchstens 8 Stunden täglich und nicht über 40 Stunden pro Woche arbeiten. An einzelnen Werktagen darf der Arbeitgeber die Arbeitszeit auf achteinhalb Stunden verlängern, wenn er zum Ausgleich die Arbeitszeit des Azubis an den anderen Tagen der Woche entsprechend verkürzt.

Zählt die Ausbildungszeit in der Berufsschule zur Arbeitszeit?

Ob volljährig oder minderjährig: Für Berufsschul- und Prüfungszeiten und den Weg zwischen Schule und Arbeitsstätte während der Arbeitszeit ist jeder Auszubildende von der Arbeit freizustellen. Die Schule geht der Arbeit im Betrieb immer vor. Die Vergütung muss der Arbeitgeber dennoch weiterzahlen.

Auszubildende dürfen generell vor der Berufsschule nicht im Ausbildungsbetrieb arbeiten, wenn der Berufsschulunterricht vor 9.00 Uhr anfängt. 

Anrechnung der Berufsschulzeiten bei erwachsenen Azubis

Bei der Anrechnung der Zeit in der Berufsschule auf die Arbeitszeit kommt es dagegen darauf an, ob der Lehrling noch minderjährig ist oder nicht.

Bei volljährigen Lehrlingen ist die Anrechnung der Arbeitszeit begrenzt. Ist die Unterrichtsdauer länger als die vorgesehene Arbeitszeit von acht Stunden, ist es nicht mehr möglich, die für den Schulbesuch zusätzlich aufgewendete Zeit anzurechnen.

Volljährige Auszubildende dürfen an jedem Werktag nach der Berufsschule im Betrieb arbeiten. Dabei darf die Zeit in der Berufsschule inkl. Pausen und Schulweg und die anschließende Arbeitszeit nicht mehr als acht Stunden betragen.

Anrechnung der Berufsschulzeiten bei unter 18-Jährigen

Um Minderjährige besonders zu schützen, sind bei ihnen die Regeln bezüglich der Anrechnung von Berufsschulzeiten strenger. An einem Berufsschultag mit mehr als 5 Unterrichtsstunden mit mindestens je 45 Minuten darf der Arbeitgeber Auszubildende einmal wöchentlich nicht beschäftigen. Solche Berufsschultage sind mit 8 Zeitstunden auf die Arbeitszeit anzurechnen.

Spezielle Regelungen greifen beim Blockunterricht. Bei einem mindestens fünftägigen Blockunterricht von 25 Stunden werden diese als 40 Stunden auf die normale Arbeitszeit angerechnet. Während der Blockwoche sind nur bis zu zwei Stunden betriebliche Ausbildungsveranstaltungen zusätzlich erlaubt.

Was können Auszubildende tun, wenn der Arbeitgeber zu viele Überstunden fordert?

Verlangt ein Arbeitgeber unzulässige Überstunden, sollte der Azubi ruhig mit ihm sprechen und ihn auf die gesetzlichen Grenzen hinweisen. Zugleich sollte der Azubi die Unterstützung einer vorhandenen Mitarbeitervertretung wahrnehmen, wie Betriebsrat, Personalrat bzw. Jugend- und Auszubildendenvertretung. Sollte der Arbeitgeber eine Veränderung ablehnen und weiter auf Überstunden bestehen, ist es empfehlenswert, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen.


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