Solaranlage gehört nicht zum Haus und ist gesondert zu überlassen? Ja und Nein!

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Wer ein Haus mit Solaranlage verkauft, verschenkt oder im Rahmen einer Zwangsversteigerung erwirbt, tut dies im Zweifel ohne dass die Solaranlage mit übertragen wird. Dies ist auch wichtig, falls Ehepaare sich scheiden.

Das Oberlandesgericht Nürnberg hatte mit Endurteil vom 10.10.2016 (Az.: 14 U 1168/15) geurteilt, dass eine auf dem Dach eines Wohnhauses montierte Solaranlage dann kein wesentlicher Bestandteil oder Zubehör des Wohnhauses/ Grundstücks ist, wenn die Solaranlage

  • nicht zur Stromversorgung beiträgt,
  • ohne einen unverhältnismäßigen Aufwand und ohne Verursachung von Beschädigungen vom Gebäude getrennt und andernorts wieder installiert werden kann.

Ferner erhält ein Grundstück oder ein Gebäude nach dieser Rechtsprechung nicht allein aufgrund der Tatsache, dass auf dem Grundstück Bemühungen entfaltet werden, durch Einleitung von Solarstrom in das öffentliche Stromnetz Entgelte in Form von Einspeisevergütungen zu erzielen, die Eignung, Hauptsache für das Inventar dieses Betriebes zu sein.

Nach der vom OLG wohl vertretenen Rechtsansicht muss hinzukommen, dass der wirtschaftliche Schwerpunkt des Betriebs auf dem Grundstück oder Gebäude selbst, nicht aber auf dem Inventar liegt.

Anders urteilte aber z. B. das Landgericht Passau in seinem Beschluss vom 28. Februar 2012, Az. 2 T 22/12.

Die Photovoltaikanlagen sind nicht Bestandteile der Hauptsache. Bestandteile einer Sache sind sowohl die Teile einer natürlichen Sacheinheit als auch die einer zusammengesetzten Sache, die durch Verbindung miteinander ihre Selbständigkeit verloren haben. Maßgeblich für die Beurteilung, ob es sich um einen Bestandteil, eine selbständige Sache innerhalb einer Sachgesamtheit oder um ein Zubehörstück handelt, sind die Verkehrsauffassung sowie die natürliche Betrachtung unter Zugrundelegung eines technisch-wirtschaftlichen Standpunktes (BGH 20, 154). 

Beurteilungskriterien sind Art und beabsichtigte Dauer der Verbindung, der Grad der Anpassung der bisher selbständigen Sachen aneinander und ihr wirtschaftlicher Zusammenhang (RG 158, 370). Maßgeblich ist letztlich die Verkehrsauffassung.

Photovoltaikanlagen, die als sogenannte Aufdachanlagen konstruiert sind, lassen sich leicht und beschädigungsfrei von der Gebäudesubstanz trennen. Zwar werden sie mit Tragankern an dem Gebäude befestigt, die Gebäudehülle wird hierdurch jedoch nicht beeinträchtigt, insbesondere werden sie jedenfalls dann, wenn der Strom nicht für das Gebäude selbst erzeugt wird, auch nicht im Sinne des § 94 Abs. 2 BGB zur Herstellung des Gebäudes eingefügt, was sogar eine Eigenschaft als wesentlicher Bestandteil begründen würde. Vielmehr handelt es sich nach der Verkehrsanschauung bei Aufdachsolaranlagen um eigenständige Sachen und nicht um Bestandteile eines Gebäudes.

Allerdings sind derartige Aufdachanlagen bewegliche Sachen, die dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache im Sinne des § 97 Abs. 1 Satz 1 BGB zu dienen bestimmt sind. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der von den Anlagen erzeugte Strom in das öffentliche Stromnetz eingespeist und nicht im Gebäude selbst verbraucht wird. Die Auffassung des Amtsgerichts, die Zubehöreigenschaft der Photovoltaikanlagen sei schon aus diesem Grund zu verneinen, greift zu kurz.

Übersehen wird dabei nämlich, dass das Grundstück in dem Moment, in dem auf ihm eine Photovoltaikanlage in Betrieb genommen wird, nicht mehr nur allein zu Wohnzwecken genutzt wird. Vielmehr begründet der Betrieb der Solaranlage eine auch gewerbliche Nutzung des fraglichen Grundstücks, insbesondere der auf dem Gebäude befindlichen Dachflächen. 

Wird aber ein Grundstück in verschiedener Weise genutzt (beispielweise als Wohn- und Geschäftshaus), kann es für jeden Nutzungszweck unterschiedliches Zubehör haben (BGH 85, 234/37), Das Zubehör dient dem Zweck der Hauptsache, wenn es deren zweckentsprechende Verwendung ermöglicht oder fördert. Insbesondere stellt das Inventar, das einem bestimmten gewerblichen Betrieb auf Dauer dienen soll, regelmäßig Zubehör dar. Die Solaranlage ermöglicht die Nutzung der Dachflächen zur Gewinnung von Strom, dient somit der Gewinnerzielung und folglich der gewerblichen Nutzung des Grundstücks.

Die Situation ist vergleichbar damit, dass in einem bisher nur zu Wohnzwecken genutzten Gebäude ein Teil der Räumlichkeiten fortan zu gewerblichen Zwecken genutzt wird, deren Inventar damit auch Zubehör des Grundstücks wird.

Das zwischen der Hauptsache und dem Zubehör erforderliche Über- und Unterordnungsverhältnis ist gegeben, insbesondere ist das Grundstück nach seiner objektiven Beschaffenheit (insbesondere der Dachausrichtung) dauerhaft für den gewerblichen Betrieb eingerichtet. Zwar erfolgt die Erzeugung des Stroms letztlich durch die Solarkollektoren, maßgeblich bleibt aber, dass für die Erzeugung des Stroms eine gewisse (Dach)fläche erforderlich ist, sodass das geforderte Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen den letztlich zur Stromerzeugung erforderlichen Geräten und der primär zur Stromgenerierung erforderlichen Grundstücksfläche gegeben ist.

Dadurch, dass die Solaranlagen mit dem Dach des Gebäudes verschraubt sind, besteht auch der von § 97 Abs. 1 Satz 1 BGB geforderte räumliche Zusammenhang zwischen den Modulen und der Hauptsache.

Die Einschränkung in § 97 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach eine Sache dann nicht Zubehör ist, wenn sie im Verkehr nicht als Zubehör angesehen wird, greift hier nicht ein. Eine entsprechende Verkehrsanschauung hat sich bislang nicht herausgebildet.

Bei den Solaranlagen handelt es sich auch nicht um Scheinzubehör im Sinne von § 97 Abs. 2 Satz 1 BGB. Danach begründet die vorübergehende Benutzung einer Sache für den wirtschaftlichen Zweck einer anderen nicht die Zubehöreigenschaft. Die Solaranlagen dienen hier der dauerhaften Stromerzeugung. Eine zeitliche Einschränkung der Nutzung ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere handeln die Benutzer hier auch nicht in Ausübung eines zeitlich begrenzten Nutzungsrechts, was ebenso wie im Rahmen des § 95 Abs. 2 BGB die Vermutung begründen würde, dass lediglich eine vorübergehende Verbindung beabsichtigt ist.

Der Einordnung der Solaranlagen als Zubehör steht auch § 68 Bewertungsgesetz nicht entgegen. Zwar sind gemäß § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Bewertungsgesetz Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen) nicht in das Grundvermögen einzubeziehen. Die Vorschriften des Bewertungsgesetzes sind jedoch für die zivilrechtliche Einordnung nicht von Relevanz, wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Bewertungsgesetz ergibt, wonach Betriebsvorrichtungen sogar dann nicht in das Grundvermögen einzubeziehen sind, wenn es sich um wesentliche Bestandteile handelt. Zudem gelten die besonderen Bewertungsvorschriften gemäß § 17 Bewertungsgesetz allein nach Maßgabe der jeweiligen Einzelsteuergesetze, eine zivil rechtliche Relevanz fehlt.

Das Landgericht stellte am Ende des Beschlusses zu Recht fest:

Die Problematik, ob Photovoltaikanlagen der Gegenstand der Zwangsversteigerung sind, sofern sie als Aufdachanlagen konstruiert sind und ihre Nutzungsdauer nicht durch entsprechende Vereinbarungen eingeschränkt ist, stellt sich in einer Vielzahl von Fällen. Eine ober- oder höchstrichterliche Klärung dieser Frage liegt bislang nicht vor.

MJH Rechtsanwälte, Martin Josef Haas, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, meint: Vertreten Sie also die Rechtsansicht, die Ihnen günstiger ist. Im Fall von Verträgen sollte man Vorsicht walten lassen und im Rahmen der Zwangsversteigerung aufpassen. Anfragen sind bei uns kostenfrei. Gerne vertreten wir Ihre rechtlichen Interessen. Wir machen Ihre Sache zu unserer!


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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