Sonderprüfung AG – Antrag durch ausländische Aktionäre?

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VW-Dieselskandal, Ausländerdiskriminierung und das deutsche Aktienrecht

Nun ist es (vorläufig) amtlich: Die Bestellung des Sonderprüfers bei Volkswagen ist null und nichtig. Was dies für VW bedeutet und warum die jüngste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 21.09.2022 – 1 BvR 2754/17) mehr Neuland ist, als viele denken, lesen Sie hier.

Dieselskandal und Sonderprüfung bei VW

Den Dieselskandal kennt jeder. Weniger bekannt ist, dass die Aktionäre von Volkswagen die Sache bei VW gerichtlich mit einem Sonderprüfer aufklären möchten. Natürlich stehen dahinter nicht uneigennützige, sondern knallharte wirtschaftliche Interessen: Der Sonderprüfer soll das „Material“ liefern, um die in den Dieselskandal verwickelten Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat persönlich auf Schadensersatz verklagen zu können.

Hintergrund ist, dass der Sonderprüfer und seine „Gehilfen“ sich alle internen Dokumente bei VW ansehen dürfen, von Sitzungsprotokollen des Vorstandes über Emails der Ingenieure bis hin zu internen Chatprotokollen. Inwiefern der Sonderprüfer auch Mitarbeiter unterer Organisationsebenen persönlich oder schriftlich befragen darf, ist allerdings nach wie vor fraglich.

US-Fonds beantragten gerichtliche Bestellung eines Sonderprüfers

Nachdem die Hauptversammlung offensichtlich mit den Stimmen des Landes Niedersachsen die Bestellung eines Sonderprüfers bei VW abgelehnt hatte, klagten drei US-Fonds (in ihrer Rolle als Aktionäre von VW) die gerichtliche Bestellung eines Sonderprüfers vor dem LG Hannover ein. VW wollte dies nicht hinnehmen und klagte gegen die Bestellung des Sonderprüfers. Doch auch das OLG Celle meinte: Sonderprüfung muss sein.

Das OLG Celle hatte die Rechnung jedoch ohne das Bundesverfassungsgericht gemacht. Das hat nämlich jüngst gemeint: Liebes OLG, Du hast das Gebot des rechtlichen Gehörs, den Grundsatz des gesetzlichen Richters und das Willkürverbot verletzt. Starke Worte. Doch was war geschehen?

Diskriminierung – Deutsches Aktienrecht vs. US-Recht

Den Antrag auf Bestellung des Sonderprüfers hatten wie gesagt, drei US-Fonds bei Gericht gestellt. VW stellte in den gerichtlichen Verfahren nun in Abrede, dass die US-Fonds vor einem deutschen Gericht einen Sonderprüfungsantrag stellen können. Sie seien schließlich keine deutschen Gesellschaften.

Das OLG Celle habe sich – so das Bundesverfassungsgericht – in vielfacher Hinsicht mit diesem Argument nicht ausreichend beschäftigt und damit die (verfassungsmäßigen) Rechte von VW verletzt. Die Folgerung des OLG Celle, aus der Eigenschaft als Aktionär ergebe sich die Fähigkeit, vor einem deutschen Gericht seine Aktionärsrechte auszuüben, sei zu kurz. Folgerichtig hob das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung des OLG Celle zur Bestellung des Sonderprüfers auf.

Die Sonderprüfung bei VW liegt damit bis auf Weiteres auf Eis.

Wie geht es bei VW mit der Sonderprüfung weiter?

Das OLG Celle wird sich der Bestellung des Sonderprüfers nun erneut annehmen und sich insbesondere mit der Frage des (gerichtlichen) Antragsrechts der US-Fonds befassen müssen... Ob das OLG am Ende zu einem anderen Ergebnis kommt, ist indes fraglich. Soll ein ausländischer Aktionär seine Rechte gerichtlich nicht geltend machen können, nur weil er aus dem Ausland kommt? Die Antwort ist klar und spannend zu gleich. Das deutsche Gerichtsverfahrensrecht muss womöglich dem deutschen Aktienrecht, das in vielerlei Hinsicht keine nationalen Grenzen kennt, Folge leisten.

Nimmt man es rechtlich ganz genau, so ist zudem zu berücksichtigen, dass das Verfahren zur Bestellung des Sonderprüfers kein gewöhnliches Streitverfahren ist, sondern eines der „freiwilligen Gerichtsbarkeit“. Diese glänzt mit weit weniger strengen formalen Regelungen...

Abzuwarten bleibt auch die Reaktion der US-Fonds, die sich vor Gericht bislang von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DWS) haben vertreten lassen. Klar ist, dass das Antragsrecht nicht übertragbar ist und dieses auch nicht an den Aktien „klebt“. Der Verkauf der Aktien durch die US-Fonds an einen „deutschen“ Aktionär ist also keine Lösung.


Benötigen Sie rechtliche Beratung im Zusammenhang mit einer Sonderprüfung, stehen Ihnen die Anwälte von ROSE & PARTNER, insbesondere unsere Fachanwälte für Gesellschaftsrecht, grundsätzlich gerne zur Verfügung. Weitere Informationen dazu finden Sie auf unserer Webseite: https://www.rosepartner.de/sonderpruefung-aktienrecht.html


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