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Sozialrecht – Gesetzliche Krankenkasse müssen Tattoo-Entfernung zahlen

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In der gesetzlichen Krankenversicherung wird nicht jede gesundheitliche Beeinträchtigung in den Leistungsbereich einbezogen. Der rechtliche Rahmen wird dabei vom Sozialgesetzbuch V (SGB V) vorgegeben. Nur solche Beeinträchtigungen werden vom Versicherungsschutz grundsätzlich abgedeckt, die der Behandlung einer anerkannten Krankheit dienen. Was eine anerkannte Krankheit ist, kann nicht immer einfach bestimmt werden.

Das Sozialgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 26.01.2017, Az.: S 27 KR 717/16, entschieden, dass auch die Entfernung von entstellenden und deutlich sichtbaren Tattoos von den gesetzlichen Krankenversicherungen bezahlt werden müssen.

In dem Fall wurde eine Frau zur Prostitution gezwungen. Die Zuhälter zwangen die Klägerin, an deutlich sichtbarer Stelle an Hals als Erkennungszeichen ein Tattoo zu tragen. Die Klägerin erlitt durch die erzwungene Prostitution eine schwere Schädigung. Das Gericht argumentierte, dass die leichte Erkennbarkeit des Tattoos die Persönlichkeitsentwicklung und das soziale Leben der Klägerin ernsthaft beeinträchtigen würde. Ohne die Entfernung der Tätowierung sei die Heilungsprognose bei der Klägerin wegen einer bestehenden posttraumatischen Belastungsstörung erheblich schlechter.

Dieses Urteil steht in einer Reihe mit vergleichbaren Entscheidungen weiterer Sozialgerichte. So wurde vom Bundessozialgericht (Urteil vom 22.4.2015, Az.: B 3 KR 3/14 R) ein Anspruch von Frauen auf Versorgung mit einer Perücke bejaht. Bei dem üblichen Schwund der Kopfbehaarung beim Mann liegt bereits kein regelwidriger Körperzustand vor, weil der teilweise bzw. vollständige Haarverlust – altersabhängig – die Mehrzahl aller Männer trifft. Der typische Haarausfall tritt aus biologischen Gründen bei Frauen kaum auf. Deshalb erregt eine haarlose Frau immer noch Aufsehen und wird unter Umständen als entstellt wahrgenommen. Damit kann der Verlust der Kopfbehaarung bei einer Frau als Krankheit eingestuft werden.

Es wird Beratung von fachkundigen Anwälten für Sozialrecht empfohlen.

Wir beraten Sie gerne bundesweit.


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