Spaniens Provinzen, ihre Erbrechte und das Noterbrecht in Spanien

  • 3 Minuten Lesezeit

Um dieses Video anzuzeigen, lassen Sie bitte die Verwendung von Cookies zu.

Dies ist der dritte Teil unserer Serie zum spanischen Erbrecht. Alle Teile finden Sie hier bei anwalt.de und auf YouTube: Rechtsanwalt Burkhardt Jordan erläutert vor bezaubernder spanischer Kulisse die Details und warum Sie das wissen sollten. Klicken Sie einfach auf das Video über diesem Artikel.

Wie schon in der Einführung am Fall Pablo Picasso dargestellt, erwirbt ein Spanier bei seiner Geburt die Gebietszugehörigkeit seiner Eltern und behält diese ein Leben lang, wenn er nicht mindestens zehn Jahre in einer anderen autonomen Region lebt (und gegenüber den Behörden nicht ausdrücklich und förmlich widerspricht) oder mindestens zwei Jahre in einer anderen autonomen Region lebt und die Änderung der Gebietszugehörigkeit beantragt.

Aragonien, die Balearen, das Baskenland, Galicien, Katalonien und Navarra haben eigene Erbrechte, die anderen Provinzen teilen sich in das gemeinspanische Erbrecht des spanischen Zivilgesetzbuches.

Weil die Erbrechte (und ebenso die Erbschaftsteuern) sich von Provinz zu Provinz stark unterscheiden, versuchen Spanier nicht selten, hier zu „tricksen“ und in den Genuss eines anderen Erbrechts zu kommen. Das kann legitime Gründe haben, die beispielsweise einen Umzug im fortgeschrittenen Lebensalter durchaus zu rechtfertigen vermögen:

Einzelne Regelungen aus Provinz-Erbrechten

Einige Provinzen erkennen das gemeinschaftliche Testament von Ehegatten und den Erbvertrag an, andere nicht. Wer also beispielsweise das in Deutschland häufigste Modell des „Berliner Testaments“ zur Anwendung bringen will, bei dem ein Ehegatte jeweils den anderen als Erbe einsetzt und die gemeinsamen Kinder als Schlusserben, der muss sich darüber informieren, in welcher Provinz ein solches Testament möglich ist und in welcher nicht.

Verschiedene Noterbrechte eröffnen Gestaltungsspielraum 

Die Provinzen kennen auch unterschiedlich hohe Noterbrechte, die von ihrem und ihrer Wirkungsweise über das deutsche Pflichtteilsrecht deutlich hinausgehen. In manchen Fällen kann die Anwendbarkeit deutschen Erbrechts von Vorteil sein, weil das deutsche Pflichtteilsrecht niedriger und schwächer ist. Und bei größeren Vermögen kommt auch eine Gestaltung in Betracht, die z. B. einen Lebensabend in London vorsieht: Das englische Recht muss, auch wenn das Land vielleicht bald nicht mehr zur EU gehört, von den Gerichten in Madrid und Berlin gleichermaßen angewandt werden, wenn der Erblasser dort seinen letzten Wohnsitz hatte. Dann lassen sich spanische Noterbrechte und deutsche Pflichtteilsrechte insgesamt aushebeln, was etwa bei inkompetenten oder missliebigen Erben, bei denen indes keine Erbunwürdigkeit vorliegt, der letzte Fluchtweg sein kann.

Geschickte Einflussnahme durch Rechtswahl 

Eine Rechtswahl ist – in Grenzen – bei der Gestaltung von Testamenten und Erbverträgen möglich, sodass auch hier strategische Vergleiche anzustellen sind: Was funktioniert wo? Was funktioniert wo nicht? Wie wirkt sich eine Rechtswahl auf einzelne Nachlassgegenstände aus? Kann hinsichtlich Liegenschaften in mehreren Staaten oder in mehreren Provinzen eine internationale oder interlokale Nachlassspaltung eintreten, also: Können mehrere verschiedene Erbrechte auf einen Erbfall anwendbar sein? Passen die erbrechtlich gefundenen Ergebnisse auch steuerrechtlich, nämlich in Bezug auf anfallende Erbschaft- und Schenkungsteuer?

Wer hier nicht fachlich versiert und langjährig erfahren ist, muss die nahezu unüberschaubare Vielfalt an Möglichkeiten und Wegen als Bedrohung empfinden – wer sich dagegen seit vielen Jahren in mehreren Erbrechtsordnungen bewegt wie ein Fisch im Wasser, der wird die in der Vielfalt liegende Herausforderung gerne annehmen und bewältigen.

Entscheidend ist hier – wie stets – der Blick „über den Tellerrand“. Was mit dem Recht der einen Provinz nicht geht, geht vielleicht mit dem der anderen. Was mit spanischem Erbrecht nicht geht, geht vielleicht mit deutschem. Was in beiden Rechtsordnungen nicht geht, lässt sich vielleicht durch ein Drittrecht – etwa englisches Recht – bewältigen. 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Burkhardt Jordan

Beiträge zum Thema