„Stadtfremde“ Kinder in Dresdner Kitas? - Sächsisches Oberverwaltungsgericht stärkt Elternrechte

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Die Landeshauptstadt Dresden versucht unverändert, Kindern, die nicht im Stadtgebiet wohnhaft sind, den Zugang zu städtischen Einrichtungen oder privaten Trägern zu verwehren. Zwar darf die Stadt grundsätzlich den „eigenen“ Kindern, die unmittelbar gegen sie einen Betreuungsanspruch haben, den Vorrang gegenüber anderen Kindern einräumen, dies gilt aber nur, soweit ein Platz nicht zur Verfügung steht. Die Verfügbarkeit eines tatsächlich nicht belegten Platzes ist nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) Bautzen danach zu beurteilen, ob im Hinblick auf dessen Inanspruchnahme eine echte Konkurrenzsituation besteht, d. h. sich auch andere Kinder für diesen Platz beworben haben.

Wenn die Stadt also die Zustimmung für die Belegung eines Platzes mit einem Kind, das außerhalb des Stadtgebietes wohnhaft ist, versagt, hat sie konkret darzulegen, welches Kind sich aus dem Stadtgebiet für diesen Platz beworben hat. Nur dann darf die Zustimmung zur Aufnahme des „stadtfremden“ Kindes versagt werden (vgl. SächsOVG, Beschluss v. 21.06.2013, Az.: 1 B 336/13).

Tatsächlich sieht sich die Stadt Dresden bei entsprechenden Auseinandersetzungen offensichtlich überhaupt nicht in der Lage, in derartigen Fällen eine konkrete Konkurrenzsituation darzulegen. Es wird vielmehr wiederholt allgemein auf die zu erwartende Bedarfslage in den nächsten Monaten hingewiesen und die allgemeine zukünftige Entwicklung der Geburtenzahlen in Dresden vorgetragen. Eine konkrete Konkurrenzsituation um den gewünschten Kita-Platz wird aber nicht beschrieben.

Umso ärgerlicher ist es, wenn das Verwaltungsgericht (VG) Dresden diesem allgemeinen „Vorhaltewunsch“ der Stadt nicht effektiv entgegentritt. In einem von uns vertretenen Fall waren nachweisbar in der gewünschten Einrichtung 6 Plätze frei. Der Eilantrag ging am 23.09.2014 bei Gericht ein. In der Antragserwiderung gab die Stadt wieder nur lapidar an, dass die Nachfrage allgemein sehr hoch sei und für das Stadtgebiet demnächst wieder hohe Anmeldezahlen zu verzeichnen seien. Damit wurde erneut keine konkrete Konkurrenzsituation mit einem stadteigenen Kind vorgetragen. Das VG Dresden hatte dann den Rechtsstreit allerdings bis zum 18.02.2015 liegen lassen. Zu dem Zeitpunkt waren nun aber alle Plätze bereits mit „eigenen“ Kindern wieder belegt.

Da maßgeblich für die gerichtliche Entscheidung der Sachverhalt zum Zeitpunkt der Entscheidung ist, musste der Antrag mangels Platz abgelehnt werden. Das SächsOVG hat zu diesem Vorgang nun ausgeführt, dass das Verwaltungsgericht das Grundrecht des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz gem. Art. 19 Abs. IV GG (Grundgesetz) verletzt hat. Wirksam sei ein Rechtsschutz nur dann, wenn er auch innerhalb angemessener Zeit gewährt würde. Hier wäre die Ablehnung der Zustimmung zur Aufnahme des Kindes zwar offensichtlich rechtswidrig gewesen und es seien keine Gründe erkennbar, weshalb das Gericht erst am 18.02.2015 entschieden habe. Dennoch ändert dies nichts an der Tatsache, dass nun die Plätze vergeben seien (SächsOVG, Beschluss vom 24.04.2015, Az.: 1 B 125/15).

Fazit:

Es bleibt zu wünschen, dass das Verwaltungsgericht demnächst das Grundrecht aus Art. 19 Abs. IV GG auf effektiven Rechtsschutz beachtet, damit das Recht auf freie Wahl des Betreuungsplatzes innerhalb der verfügbaren Plätze gewahrt wird.

Ohnehin ist die Bevorzugung „stadteigener“ Kinder kaum noch zu rechtfertigen, da es in der Regel günstiger ist, dass ein Kind am Arbeitsort der Eltern und nicht am Wohnort der Eltern betreut wird. In anderen Bundesländern sind derartige Einschränkungen längst abgeschafft, Erstattungsregelungen zwischen den Kommunen sind längst in dem SGB VIII vorgesehen.

RA Matthias Herberg

Fachanwalt für Sozialrecht

Fachanwalt für Medizinrecht

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