Steuerbefreiung bzw. Pauschalierung bei Gehaltsumwandlung

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Ein Hammerurteil ermöglicht ab sofort weiten Handlungsspielraum zum Vorteil der Arbeitgeber und Arbeitnehmer. In einer Grundsatzentscheidung hat der BFH in München den Weg frei gemacht, für die sog. „Nettolohnoptimierung“. Hier lassen sich durch geschickte Gestaltung mehrere 100 € je Monat nicht nur einsparen, sondern auch zum Nettolohnvorteil des Arbeitnehmers umwandeln. In Zeiten einer eher düsteren Rentensicherheit ein unschätzbarer Vorteil.

Sachverhalt

Der Arbeitgeber A traf in 2011 mit einigen Arbeitnehmern neue Lohnvereinbarungen. Darin wurde der bisherige Bruttolohn herabgesetzt (z. B. um 245 EUR) und ein Zuschuss für die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb sowie für Internetnutzung vereinbart. 

Das FA ging davon aus, die Pauschalversteuerung der Zusatzleistungen stelle eine steuerschädliche Gehaltsumwandlung dar. Dem folgte das FG und wies die gegen den LSt-Nachforderungsbescheid erhobene Klage ab.

Rechtslage bisher

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH werden Zuschüsse des Arbeitgebers „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ geleistet, wenn sie zu den Lohnzahlungen hinzukommen, die arbeitsrechtlich geschuldet sind. Der „ohnehin geschuldete Arbeitslohn“ ist danach der Arbeitslohn, auf den (zumindest im Zeitpunkt der Zahlung) ein verbindlicher Rechtsanspruch besteht (BFH v. 19.09.2012, VI R 54/11, BStBl II 2013, 395). Der zusätzlich hierzu geleistete Lohn ist somit derjenige, auf den der Arbeitnehmer arbeitsrechtlich keinen Anspruch hat, der folglich freiwillig vom Arbeitgeber erbracht wird.

Rechtslage neu

An den bisherigen Rechtsprechungsgrundsätzen hält der BFH nicht mehr fest. Nunmehr geht der BFH davon aus, dass der zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn der Arbeitslohn ist, den der Arbeitgeber verwendungs- bzw. zweckgebunden leistet. Der ohnehin geschuldete Arbeitslohn ist damit derjenige, den der Arbeitnehmer verwendungsfrei und ohne eine bestimmte Zweckbindung (ohnehin) erhält. Dieser Lohn unterliegt grundsätzlich der Regelbesteuerung. Der hinzutretende verwendungsgebundene (zusätzliche) Lohn ist demgegenüber durch die Pauschalierungsmöglichkeit bzw. die Steuerfreiheit (§ 3 Nrn. 15, 33, 34, 34a, 37, 46 EStG) begünstigt, wenn der besondere Verwendungszweck gewahrt wird.

Auf die Frage, ob der Arbeitnehmer auf den Lohnbestandteil arbeitsrechtlich einen Anspruch hat, kommt es nicht mehr an. Insbesondere zwingt der Gesetzeswortlaut nicht zu der Auslegung, der zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn dürfe nicht geschuldet sein. Denn Freiwilligkeit und Zusätzlichkeit schließen sich nicht aus. Vielmehr kann zu einer Zahlung, auf die im Zeitpunkt der Zahlung ein verbindlicher Rechtsanspruch besteht, eine weitere ebenfalls arbeitsrechtlich geschuldete Leistung hinzutreten. Die vom Gesetzgeber angestrebten Ziele werden nicht durch die Freiwilligkeit der Arbeitgeberleistung, sondern durch die – gesetzlich angeordnete und arbeitsvertraglich vereinbarte – zweckgebundene Verausgabung des steuerbegünstigten Arbeitslohns erreicht. Ob der Lohnbestandteil vom Arbeitgeber arbeitsrechtlich geschuldet ist, ist unerheblich. 

Fazit

Ein arbeitsvertraglich vereinbarter Lohnformwechsel („Gehaltsumwandlung“) ist sonach nicht begünstigungsschädlich. Damit widerspricht der BFH der Auffassung der Verwaltung. Nach BMF v. 22.5.2013 (BStBl I 2013, 728) und R 3.33 Abs. 5 Satz 2 LStR sind „Gehaltsumwandlungen“ nicht anzuerkennen. Das beruht auf der Vorstellung, dass ohnehin geschuldet ist, was seit jeher (bisher) geschuldet war. Dass jedoch für das Zusätzlichkeitserfordernis auf den Zuflusszeitpunkt abzustellen ist, ergibt sich schon daraus, dass andernfalls während der Laufzeit des Arbeitsverhältnisses eingeführte Begünstigungstatbestände (z. B. Überlassung eines Fahrrads, § 3 Nr. 37 EStG) nur im Rahmen von Gehaltserhöhungen in Anspruch genommen werden könnten.

Die eigentliche Bedeutung des Zusätzlichkeitserfordernisses (und der Beanstandung von „Gehaltsumwandlungen“) liegt demnach in einem Anrechnungsverbot auf den unverändert bestehenden Lohnanspruch. In Anrechnungs-/Verrechnungsfällen wird ein Vorteil nicht „zusätzlich zum“, sondern „ersatzweise an Stelle von“ regelbesteuertem Arbeitslohn geleistet. Dem Arbeitgeber ist es damit verwehrt, einseitig, d. h. ohne Vertragsänderung, eine im Hinblick auf die vorhandenen Begünstigungstatbestände geänderte Berechnung der LSt zu bewirken.

Schließlich bemerkt der BFH, dass der Lohnformenwechsel nicht willkürlich ist. Er entspricht vielmehr der Vertragsfreiheit und damit dem berechtigten Interesse an der steuer- und sozialversicherungsrechtlichen „Optimierung des Arbeitsverhältnisses“.

In zwei Parallelurteilen v. 1.8.2019, VI R 21/17, und VI R 40/17 hat der BFH in Wesentlichen inhaltsgleich entschieden. 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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