Steuerliche Besonderheiten bei der Erbengemeinschaft

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1. Ertragsteuerliche Besonderheiten der Erbengemeinschaft

Erklärungspflichten

Erzielt eine Erbengemeinschaft (= künftig: EG) laufende Einnahmen z. B. Mieteinnahmen/Kapitalerträge, etc., dann sind diese Einnahmen von der EG mittels einer „Erklärung zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen“ dem FA bekannt zu geben, § 180 Abs. 1 Ziff. 2a AO.

Gibt nur ein Miterbe (= künftig: ME) eine solche Erklärung ab, sind die anderen insoweit von der Erklärungspflicht befreit, § 181 Abs.2 Satz 3 AO.

Das Finanzamt (künftig: FA) stellt daraufhin in einem Feststellungsbescheid die Höhe der Einkünfte fest und die Höhe der Beteiligung jedes ME an diesen Einkünften. Jedem ME werden die Einkünfte entsprechend seiner Erbquote zugerechnet.

Das für die Feststellung zuständige FA leitet die Feststellungen automatisch an das für die Veranlagung jedes einzelnen ME zuständige FA weiter, sodass die Einkünfte der Erbengemeinschaft bei der individuellen Besteuerung jedes ME berücksichtigt werden.

Gleiche Pflichten gelten auch bei Fortführung eines Gewerbebetriebes hinsichtlich der Gewerbesteuer, Umsatzsteuer, etc.

Eine ganz besondere Steuererklärungspflicht kann sich für ME aus § 153 AO ergeben, nämlich wenn der Erblasser unrichtige oder unvollständige Steuererklärungen abgegeben hat (maßgeblich sind hier die Erkenntnisse des Erblassers im Zeitpunkt der Abgabe) und es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern gekommen ist oder kommen kann.

Dann hat jeder ME unverzüglich –also ohne schuldhaftes Zögern – diesen Umstand gegenüber dem FA anzuzeigen und – anschließend (also nicht zusammen mit der Anzeige) – die erforderliche Richtigstellung vorzunehmen, wenn er positive Kenntnis über die Unrichtigkeit/Unvollständigkeit hat. Er muss es also wirklich und vollständig wissen, bloße Vermutungen begründen keine Handlungspflicht.

Die Pflicht zum Handeln nach § 153 AO gibt es aber nicht, wenn der Erblasser überhaupt keine Steuererklärungen beim FA eingereicht hat.

Abgrenzung der Einkünfte im Jahr des Erbfalles zwischen Erben und Erblasser

In dem Jahr, in dem der Erbfall eintritt, können sowohl der Verstorbene als auch die ME steuerpflichtige Einkünfte erzielen.

Sämtliche Einkünfte bis zum Tod sind dem Erblasser steuerlich zuzurechnen, was bedeutet, dass dessen persönliche steuerliche Verhältnisse maßgebend sind. Resultieren aus den Jahren vor dem Tod des Erblassers noch Steuerschulden, sind diese als Nachlassschulden vom Wert der Erbschaft abzuziehen.

Nach dem Todestag erzielte Einkünfte sind der Erbengemeinschaft zuzurechnen und – siehe oben – letztlich von jedem ME zu versteuern und zwar unabhängig davon, ob dem einzelnen ME tatsächlich die Einkünfte bereits anteilig zugeflossen sind oder nicht. Für die Steuerpflicht genügt – bedauerlicherweise – der Zufluss an die Erbengemeinschaft, also auf einem Nachlasskonto. Hier sollten sich also die Miterben zumindest auf die Zahlung der jeweiligen Steuerlast aus dem Nachlassvermögen verständigen können.

Bei festverzinslichen Wertpapieren, die erst nach dem Todeszeitpunkt fällig werden, rechnen die Zinsen für die Zeit vor dem Tod vollständig zu den Einkünften der Erbengemeinschaft (BFH Urteil v. 09.03.1982 in BStBl II 1982, 540).

Beim Erblasser stehen gebliebene Verlustvorträge können von den ME nicht steuerlich geltend gemacht werden (so jedenfalls BFH Beschluss v. 17.12.2007, BStBl II 2008, 608).


2. Erbschaftsteuerliche Besonderheiten der Erbengemeinschaft

Erklärungspflichten

Das FA kann von jedem an einem Erbfall Beteiligten die Abgabe einer Steuererklärung verlangen und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Betreffende selbst steuerpflichtig ist oder nicht. Denn ob jemand steuerpflichtig ist oder nicht, möchte schon das FA selbst beurteilen und deshalb muss es den Sachverhalt auch prüfen können.

Jeder der Erbschaftsteuer unterliegende Erwerb (siehe § 1 ErbStG) ist vom Erwerber innerhalb von drei Monaten nach Kenntnis von dem Anfall dem zuständigen FA anzuzeigen. Gerichte und Notare melden aufgrund eigener gesetzlicher Pflicht die Erteilung von Erbscheinen; die eröffneten Verfügungen von Todes wegen; angeordnete Nachlassverwaltungen/-pflegschaften, aber auch beurkundete Vereinbarungen über Erbauseinandersetzungen automatisch an das FA.

ME können eine gemeinsame Erbschaftsteuererklärung abgeben, um Kosten zu sparen, müssen das aber nicht. Dann hat jeder ME für sich selbst eine eigene Erklärung einzureichen.

Ist ein Testamentsvollstrecker, ein Nachlassverwalter, ein Nachlasspfleger vorhanden, sind diese zur Abgabe der Erbschaftsteuererklärung verpflichtet. Wichtig für solche Personen ist § 34 Abs.1 Satz 2 AO: Sie haben dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten, also direkt aus dem Nachlass.

Teilungsanordnung und Familienheim, § 13 Abs. 1 Nr. 4b + c ErbStG

Bsp.: Vermögen 1-Familienhaus Wert 500.000 EUR und 500.000 EUR Geld. Kinder S und T erben je zur Hälfte. Nach der Teilungsanordnung soll S das 1-Familienhaus erhalten, in das er auch einzieht. T soll das Geld bekommen.

S und T erben je 500.000 EUR Nachlasswert zunächst gemeinsam am Gesamtnachlass (= Erbschein S + T als Miterben zu je ½). Mit anschließender Übertragung des 1-Familienhauses auf S wird dieser Nachlass für S steuerfrei (S kann alleine die Steuerbegünstigung in Anspruch nehmen) und T hat nach Abzug seines persönlichen Freibetrages Steuern zu zahlen.

Pflichtteil

Ein dem Verstorbenen zustehender, aber von diesem nicht (oder noch nicht) verlangter Pflichtteil, kann von dessen Erben steuerlich noch geltend gemacht werden, wenn er im Zeitpunkt der Geltendmachung noch nicht verjährt ist.

Bsp.: K beerbt Vater V als dessen Alleinerbe. V hatte 2 Jahre zuvor seine Ehefrau M, die Mutter von K, alleine beerbt (Berliner Testament), sodass K eigentlich einen Pflichtteilsanspruch nach M gehabt hätte. Diesen hat K gegenüber dem V aber nicht geltend gemacht.

Nachdem V verstorben ist kann K erbschaftsteuerlich den Pflichtteil gegenüber M geltend machen und als Nachlassverbindlichkeit (Schuld) vom Erbe des Vaters in Abzug bringen (siehe dazu auch HessFG Urteil v. 03.11.2015 1 K 1059/14 in ErbR 2016, 411 ff.).

Zugewinnausgleichsforderung als Nachlassverbindlichkeit, § 10 Abs.5 Nr. 1 ErbStG

Miterben können dann eine Zugewinnausgleichsforderung als Schuld vom Nachlass in Abzug bringen, wenn der Ehegatte durch Testament enterbt oder die Erbschaft ausgeschlagen hat, § 1371 Abs. 2 und Abs.3 BGB und seinen konkreten Zugewinnausgleichsanspruch verlangt.

Weitere steuerliche Besonderheiten

Selbstverständlich sind noch weitere erbschaftsteuerliche Besonderheiten bedeutsam. Die Darstellung würde aber an dieser Stelle den „Rahmen sprengen.“


3. Steuerliche Besonderheiten bei der Erbauseinandersetzung

Betriebsvermögen

Wichtig: Gehören Nachlassgegenstände (z. B. Grundbesitz) zu einem Betriebsvermögen (Achtung bei lediglich verpachteten Betrieben), wird die Übertragung auf Miterben, die den Betrieb nicht (mit-) weiterführen, regelmäßig zu einem steuerbaren Veräußerungsgewinn führen.

Grunderwerbsteuer

Erwirbt ein Miterbe ein zum Nachlass gehörendes Grundstück im Rahmen der Teilung des Nachlasses, ist dieser Vorgang grunderwerbsteuerfrei, § 3 Ziff. 3 GrEStG. Es können allerdings andere steuerliche Folgen eintreten (Einkommensteuer etc.), weshalb immer eine umfassende Prüfung der steuerlichen Gesamtauswirkungen erforderlich ist.

Realteilung gegen Ausgleichszahlung

Bsp.: Der Nachlass besteht aus einem Mietshaus (Wert: 1.000.000 EUR) und aus Geld von EUR 500.000 EUR. Gesamtnachlasswert: 1.500.000 EUR.

Erben sind S und T je zur Hälfte, also erbt jeder einen Wert von EUR 750.000.

S erhält im Wege der Erbauseinandersetzung das Mietshaus und T das Geld sowie von S eine Abfindungszahlung von EUR 250.000.

Steuerlich erwirbt S also zu 75 % unentgeltlich (entsprechend seinem Erbteil) und zu 25 % entgeltlich (entsprechend seiner Abfindungszahlung an T); er hat also steuerlich 250.000,- Anschaffungskosten (+ Anschaffungsnebenkosten) und so AfA-Potential geschaffen (das genaue AfA-Potential richtet sich natürlich nach dem Verhältnis von Bodenwert zu Gebäudewert).

Für T bedeutet der Vorgang ein Veräußerungsgeschäft, hier wird ggf. § 23 EStG bedeutsam, je nach Behaltensdauer der Immobilie beim Erblasser kann eine Steuerbelastung entstehen oder auch nicht.

Erbauseinandersetzung durch Übernahme von begünstigtem Vermögen unter Hingabe von nichtbegünstigtem Vermögen, § 13 Abs. 1 Ziff. 4 b Satz 4 und Ziff. 4 c Satz 4 ErbStG

Bsp.: V hinterlässt ein Wohnhaus im Wert von EUR 800.000 und Geld in Höhe von EUR 800.000.

Gesamtwert: EUR 1.600.000

Erben sind S + T je zur Hälfte, also jeder EUR 800.000. S + T setzen die Erbengemeinschaft so auseinander, dass S die Immobilie (in die S auch einzieht) übertragen erhält und T erhält das Geld. Nur für S gilt die Steuervergünstigung, wonach die selbst bewohnte geerbte Immobilie steuerfrei ist. T hat nach Abzug des persönlichen Freibetrages Steuer zu zahlen (Erbschaftsteuer und evtl. sogar Einkommensteuer wg. § 23 EStG).

War bereits zuvor ein Erbschaftsteuerbescheid erlassen worden, stellt die oben beschriebene Erbauseinandersetzung ein rückwirkendes Ereignis nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO dar und die Bescheide sind zu ändern!


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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