Strafbarkeit des sog. Scalpings

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Derzeit sind vermehrt Ermittlungen und Sanktionen wegen des sog. Scalpings wahrzunehmen. Wir verteidigen seit längerer Zeit in diesen Verfahren und wollen in Anbetracht der zunehmenden Ermittlungen nunmehr auf diese Form der Marktmanipulation, welche in erster Linie Fondsmanager, Herausgeber von Börsenbriefen, sog. Börsengurus oder Finanzjournalisten betrifft, hinweisen.

Was ist Scalping?

Scalping (aus dem englischen: to scalp – skalpieren, das Fell über die Ohren ziehen) bezeichnet eine Form der Marktmanipulation. Es ist nicht zu verwechseln mit Scalping als Tradingstrategie.

Scalping wird in Art. 12 Abs. II lit. d) der Marktmissbrauchsverordnung als Marktmanipulation definiert.

Demnach liegt – vereinfacht – Scalping dann vor, wenn eine Person in einer Stellungnahme ein Finanzinstrument empfiehlt, um damit dessen Kurs zu beeinflussen, und aus dieser Kursbeeinflussung wiederum einen Nutzen zieht.

Erforderlich ist dabei, dass die Person selbst vor oder nach der Empfehlung Positionen bei diesem Finanzinstrument eingegangen ist.

Finanzinstrumente sind neben Aktien auch damit verbundene Waren-Spot-Kontrakte sowie Emissionszertifikate.

Der typische Fall des Scalpings stellt sich wie folgt dar:

Eine Person kauft in großem Stil Wertpapiere einer Aktie, die bis dahin meist noch nicht als interessant bzw. relevant bewertet wird (häufig Penny Stocks).

Im nächsten Schritt wird genau diese Aktie durch den Scalper empfohlen. Diese Empfehlung kann beispielswiese mittels eines Börsenbriefes geschehen. Eine Strafbarkeit ist aber auch denkbar, wenn die Empfehlung als Artikel auf einem Onlineportal erscheint.

Durch die Empfehlung kommt es dann zu einer Kurssteigerung der betroffenen Aktie. Dies geschieht in der Regel vor dem Hintergrund, dass eine Aktie, die bis dahin kein Interesse am Markt hervorgerufen hat, auf einmal mit einem höheren Volumen gehandelt wird.

Von dieser Kurssteigerung profitiert der Scalper dann, indem er seine Position, wie von Anfang an beabsichtigt, schließt, indem er die von ihm gehaltenen Aktien verkauft.

Wichtig ist, dass Scalping dann nicht vorliegt, wenn die Person in ihrer Stellungnahme, in der die Empfehlung stattfindet, auf einen Interessenkonflikt hinweist.

Weshalb ist Scalping strafbar?

Scalping stellt gem. Art. 12 Abs. 2 lit. d) MAR ein Marktmanipulation dar. Diese ist wiederum gem. Art. 15 MAR verboten. Wer sie dennoch begeht, der handelt gem. § 120 Abs. 15 Nr. 2 WpHG ordnungswidrig. Wird durch die Marktmanipulation auf den Börsen- oder Marktpreis des Finanzinstruments eingewirkt, so ist die Marktmanipulation gem. § 119 Abs. 1 WpHG strafbar.

Wie wird eine vermeintliche Marktmanipulation bekannt?

In den häufigsten Fällen wird ein Ermittlungsverfahren wegen einer Verdachtsmeldung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eingeleitet. Die BaFin überwacht sämtliche Geschäfte am deutschen Kapitalmarkt. In der Regel schlagen Algorithmen Alarm, sobald verdächtige Geschäfte getätigt werden.

Zu einem Ermittlungsverfahren wegen Scalpings kann es auch kommen, wenn einer der Personen, denen das Finanzinstrument empfohlen wurde, aufgrund eines Verdachts Anzeige erstattet.

Verteidigungsansätze in Scalping-Fällen

Wichtiger Verteidigungsansatz ist der oftmals schwierige Nachweis einer Kursänderung aufgrund der Empfehlung. Dieser wird von der Bundesfinanzaufsichtsbehörde (BaFin) geprüft und genügt oftmals nicht den strengen Anforderungen an eine nachweisbare strafbare Handlung. So sind hier insbesondere der Preisverlauf und Umsatz vor und nach einem angeblichen Marktmanipulationsverhalten zu vergleichen. Weiterhin sind die Preis- und Umsatzentwicklungen an dem Börsentag, auf den die angebliche Manipulation fällt, zu beobachten. Die BaFin prüft hier häufig oberflächlich und kommt oft vorschnell zu dem Ergebnis, dass eine Einwirkung auf den Kurs auf das angebliche Manipulationsverhalten zurückzuführen sei.

Eine Strafbarkeit scheidet aus, wenn die Person, die die Stellungnahme abgibt, auf den Interessenkonflikt hinweist.

Die Anforderungen an die Offenlegung des Interessenkonflikts sind in der deutschen Rechtsprechung jedoch noch nicht abschließend geklärt. So ist es bislang zwar entschieden, dass ein Hinweis darauf erfolgen muss, dass der Autor Anteile der beworbenen Aktie hält, jedoch nicht, ob darüber hinaus auch auf den Verkauf von Anteilen hingewiesen werden muss. Daher ist es sinnvoll, anwaltlichen Rat einzuholen, bevor man Empfehlungen zu Finanzinstrumenten veröffentlicht!

Scalping ist nur dann strafbar, wenn sich die Marktmanipulation auf den Börsenpreis im Inland oder im Europäischen Wirtschaftsraum auswirkt. Damit entfällt eine Strafbarkeit nach deutschem Recht, solange die Aktie oder das Finanzinstrument nicht an einer dieser Börsen gehandelt wird.

Die Verteidigungsansätze sind selbstverständlich nur exemplarisch und nicht abschließend – kein Fall gleicht dem anderen, weshalb immer der jeweilige Einzelfall zu betrachten ist.

Welches Strafmaß erwartet den Täter?

Gem. § 119 I WpHG wird Scalping mit Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft. Dabei gilt allerdings, dass die Freiheitsstrafe von fünf Jahren die nur in absoluten Ausnahmefällen verhängt wird.

Daneben droht dem Täter bei Verurteilung die Einziehung gem. § 74 StGB. Dabei wird das aus der Tat herrührende Vermögen durch den Staat dauerhaft „beschlagnahmt“. Nach neuerer Rechtsprechung erfasst dies nicht nur den durch das Scalping erwirtschafteten Gewinn, sondern den Gesamtbetrag, der durch den Abverkauf der Anteile erlöst werden konnte!

Ihnen wird Scalping vorgeworfen?

Zögern Sie nicht, umgehend einen Fachanwalt für Strafrecht zu kontaktieren, der Erfahrungen im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts, insbesondere des Kapitalmarktstrafrechts, hat. Der Tatbestand des Scalpings hat zahlreiche Facetten. Es ergeben sich bereits im Ermittlungsverfahren viele Angriffspunkte, an denen eine solide, erfolgsversprechende Verteidigung anknüpfen kann! Wir verteidigen gegen den Vorwurf des Scalping seit mehreren Jahren und sind bundesweit tätig.


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