Strafbarkeitslücke beim „Punktehandel“

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Sachverhalt:

Der Angeklagte überschritt mit seinem Pkw die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h um 58 km/h. Im drohte deshalb ein Bußgeld von 480 Euro und ein einmonatiges Fahrverbot.

Nachdem der Angeklagte durch das Ordnungsamt einen Anhörungsbogen zugesandt bekam, machte sich dieser auf einer näher bezeichneten Internetseite über Möglichkeiten kundig, wegen der Ordnungswidrigkeit nicht belangt zu werden. Die Internetseite enthielt auf der Einstiegsseite das prominent platzierte Versprechen: „Ich übernehme Ihre Punkte und Ihr Fahrverbot für Sie“. Der Angeklagte setzte sich in der Folge über die auf der Internetseite mitgeteilten Kontaktdaten mit einer Person in Verbindung. Gemäß der gemeinsamen Absprache ließ der Angeklagte der Person sodann per E-Mail das betreffende Anhörungsschreiben der Bußgeldbehörde zukommen und überwies ihr im Gegenzug 1.000 Euro auf ein Schweizer Bankkonto. Im weiteren Verlauf füllte eine andere Person als der Angeklagte den Anhörungsbogen handschriftlich aus, gab den Verstoß zu und erklärte, sie sei der zur Tatzeit verantwortliche Fahrzeugführer, wobei sie angab, die tatsächlich nichtexistierende Person „Hans Jürgen Moser, Adlerstraße 3, Karlsruhe zu sein.

Das Ordnungsamt leitete daraufhin ein Bußgeldverfahren gegen den Betroffenen „Hans Jürgen Moser“ ein und erließ einen entsprechenden Bußgeldbescheid. Zugleich stellte es das Verfahren gegen den Angeklagten ein. Bis das Landratsamt von der Polizei darüber unterrichtet wurde, dass es einen „Hans Jürgen Moser“ tatsächlich nicht gibt, war bereits Verfolgungsverjährung hinsichtlich der vom Angeklagten begangenen Ordnungswidrigkeit eingetreten, sodass der Angeklagte, wie es sein Ziel gewesen und ihm versprochen worden war, deswegen endgültig nicht mehr belangt werden konnte.

Entscheidung:

Das OLG Stuttgart sprach den Angeklagten mit Urteil vom 20.02.2018, Az.: 4 Rv 25 Ss 982/17 von dem gegen ihn erhobenen Vorwurf der falschen Verdächtigung (§ 164 Abs. 2, § 25 Abs. 1 Fall 2 StGB) frei.

Als Begründung führte das OLG an, dass eine falsche Verdächtigung nur dann vorliegen könne, wenn diese sich gegen eine bestimmte oder zumindest bestimmbare existierende andere Person richte. Anzeigen gegen erfundene Personen seien dagegen nicht tatbestandsmäßig.

Das OLG Stuttgart führte in dem vorbenannten Urteil weiter aus, dass der Angeklagte durch seine Handlung auch keine anderen Straftatbestände verwirklicht habe. Diesem sei weder eine Beteiligung an einer Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 Fall 1, 3 StGB), noch eine Beteiligung an dem Vortäuschen einer Straftat (§ 145d Abs. 2 StGB) vorzuwerfen. Auch eine Beteiligung des Angeklagten an einer Strafvereitelung (§ 258 Abs. 1 StGB) sei ebenso wenig gegeben wir der Straftatbestand der versuchten mittelbaren Falschbeurkundung (§ 271 Abs. 1, Abs. 4, §§ 22, 23 StGB).

Fazit:

Durch seine Handlung hat der Angeklagte das ihm drohende Bußgeld nebst Fahrverbot „vereiteln“ können. Aufgrund einer Strafbarkeitslücke im Gesetzt konnte er diesbezüglich nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.

Martin Volkmann

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Fachanwalt für Versicherungsrecht


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