Strafbefehl erhalten? So reagieren Sie richtig.

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Gut 10% aller Ermittlungsverfahren in Deutschland werden mittels Strafbefehl erledigt. Doch was ist ein Strafbefehl genau? Wann darf er erlassen werden und wie kann ich mich gegen diesen wehren?

Was ist ein Strafbefehl?

Der Strafbefehl ist eine Möglichkeit ein Strafverfahren ohne Hauptverhandlung abzuschließen. Es handelt sich dabei um ein verkürztes Verfahren, mit welchem vor allem kleinere Vergehen geahndet werden sollen. Im Strafbefehlsverfahren dürfen nur Geldstrafen, Fahrverbote und/ oder Entziehung der Fahrerlaubnis oder Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr verhängt werden. Letztere muss zur Bewährung ausgesetzt werden.

Zwingende Voraussetzung ist, dass der Beschuldigte im Ermittlungsverfahren zum Tatvorwurf angehört und Gelegenheit zur Äußerung gegeben wurde. In der Praxis erfolgt dies in der Regel durch Versendung eines Anhörungsbogens an den Beschuldigten. Ob der Beschuldigte hier von seinem Schweigerecht Gebrauch macht, sollte stets gut abgewogen und im besten Fall direkt mit einem Strafverteidiger oder einer Strafverteidigerin besprochen werden. Aber auch im Strafbefehlsverfahren ist Schweigen sein gutes Recht! Nach dem Abschluss der Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft wird durch das Amtsgericht eine Strafe festgesetzt und in Form des Strafbefehls erlassen.  Dabei ist es nicht unüblich, dass das Gericht die rechtlichen Voraussetzungen für den Erlass des Strafbefehls nur oberflächlich prüft und sich bezüglich der Höhe der Strafe an dem Antrag der Staatsanwaltschaft orientiert.

Welche Wirkung hat ein Strafbefehl?

Ein rechtskräftiger Strafbefehl hat nach § 410 Abs. 3 StPO die Wirkung einer Verurteilung. In den meisten Fällen wird mit einem Strafbefehl eine Geldstrafe verhängt. Die Berechnung der Tagessatzhöhe berechnet sich anhand der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters, wobei in der Regel das Nettoeinkommens zugrunde gelegt wird. Oftmals beruht das Nettoeinkommen auf Schätzungen, was für den einen vorteilhaft und für den anderen nachteilhaft sein kann. Rechnerisch soll ein Tagessatz das Nettoeinkommen für einen Tag ergeben. Die Anzahl der Tagessätze bemisst sich u.a. an der Schwere der Tat, Vorstrafen und dem sogenannten Nachtatverhalten und kann nach § 40 StBG zwischen 5 und 360 Tagessätzen liegen.

Bsp.: 2.100,00 € Nettoeinkommen / 30 Tage = 70,00 €. Die Tagessatzhöhe ist hier 70,00 €; Verurteilung zu 50 Tagessätzen. Berechnung: 50 Tagessätze x 70,00 € Tagessatzhöhe = 3.500,00 € Geldstrafe

Im schlimmsten Fall kann es sein, dass Sie dann vorbestraft sind. In Deutschland gilt eine Person als vorbestraft, wenn sie aufgrund eines rechtskräftigen Urteils oder eines Strafbefehls zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder alternativ zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten verurteilt wurde. Es ist daher ratsam, sich umgehend nach Erhalt eines Strafbefehlt anwaltlich beraten zu lassen.

Wie kann ich mich gegen einen Strafbefehl wehren?

Gegen einen Strafbefehl kann Einspruch eingelegt werden. Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen ab Zustellung. An dieser Stelle ist es wichtig zu erwähnen, dass das Datum der Zustellung auf dem gelben Briefumschlag, mit dem der Strafbefehl zugestellt wird, durch den Postzusteller dokumentiert wird. Die Frist zur Einlegung des Einspruchs ist nur dann gewahrt, wenn der Einspruch fristgerecht bei Gericht eintrifft. Es ist daher nicht ausreichend den Einspruch am letzten Tag der Frist zur Post zu bringen, da diese in der Regel eine Postlaufzeit von 1-3 Werktagen hat. Der Einspruch wäre dann verfristet und der Strafbefehl rechtskräftig. Es ist daher ratsam, umgehend einen Strafverteidiger oder eine Strafverteidigerin zu Rate zu ziehen, der oder die den Einspruch fristgerecht einlegt und gleichzeitig Akteneinsicht beantragt. Aus den Ermittlungsakten ergibt sich dann der Tatvorwurf und welche Beweismittel dem Strafbefehl zu Grunde liegen. Auf dieser Grundlage kann dann zusammen mit dem Mandanten entschieden werden, ob der Einspruch gegen den Strafbefehl aufrechterhalten oder zurückgenommen werden soll. Eine Rücknahme des Einspruchs ist noch bis zum Beginn der Hauptverhandlung möglich. Nach Beginn der Hauptverhandlung kann der Einspruch nur noch mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft zurückgenommen werden.

Wichtig: In der Hauptverhandlung greift das Verschlechterungsverbot nicht! D.h. das Gericht ist nicht daran gehindert nach der Beweisaufnahme eine höhere Strafe, als im Strafbefehl festgesetzt, zu verhängen! Dies muss bei der Überlegung, ob gegen den Strafbefehl vorgegangen werden soll, zwingend berücksichtigt werden!

Folgen des Einspruchs

Nach der fristgerechten Einlegung des Einspruchs, kommt es zu Hauptverhandlung. Hier können Zeugen vernommen und andere Beweismittel angeführt werden. Der Einspruch gegen den Strafbefehl kann ganzheitlich erfolgen, wenn die Tat bestritten wird, oder auch nur auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt werden. Entscheidend ist, welches Ziel mit dem Einspruch verfolgt wird. Möglich wären:

  • Freispruch durch Urteil nach der Hauptverhandlung
  • Niedrigere Strafe – weniger Tagessätze und / oder niedrigere Tagessatzhöhe. Das lohnt sich in der Regel in den Fällen, bei denen das Gericht die Tagessatzhöhe zu hoch geschätzt hat, weil es von einem falschen Nettoeinkommen bzw. falschen Vermögensverhältnissen ausgegangen ist.
  • Einstellung wegen Geringfügigkeit – nach § 153 StPO kann bei Bagatellvorwürfen das Strafverfahren eingestellt werden, wenn die Schuld des Täters als gering einzustufen ist und kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht. Vorteil: keine Eintragung im Bundeszentralregister und keine Verfahrenskosten für den Beschuldigten (Anmerkung: die Anwaltskosten für seinen Verteidiger muss der Angeklagte selbst tragen)
  • Einstellung gegen Auflagen oder Weisungen – nach § 153a StPO kann eine Einstellung gegen Auflagen oder Weisungen erfolgen. Der in der Praxis wohl häufigste Anwendungsfall ist die Einstellung gegen Geldauflage. Nach Zahlung der Auflage wird das Verfahren endgültig eingestellt, ohne, dass es zu einer Schuldfeststellung kommt. Auch hier wird die Eintragung ins Bundeszentralregister vermieden.
  • Beseitigung von Nebenfolgen – Nebenfolgen können z.B. ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis sein. Um diese Nebenfolge abzuwenden ist ein Einspruch unumgänglich. Bei der Verkürzung eines Fahrverbotes z.B. bedarf es eines Urteils. Alternativ kommt hier aber auch eine Einstellung nach § 153a StPO in Betracht, da hierdurch auch die Nebenfolgen beseitigt werden.

Tipp

Keine Zeit verlieren und keine eigenständigen Angaben oder eine Aussage machen. Spätestens, wenn der Strafbefehl bei Ihnen eingegangen ist, sollte Sie schnellstmöglich einen Strafverteidiger oder eine Strafverteidigerin aufsuchen und sich beraten lassen.

Gerne stehe ich Ihnen in einem solchen Fall beratend zur Seite. Scheuen Sie sich nicht und kontaktieren Sie mich unter 0521 – 78715367 oder über das Kontaktformular und in einem Beratungsgespräch können wir die Chancen und Risiken eines Einspruchs miteinander besprechen.



Ludmilla Melcher LL.M. - Strafverteidigerin in Bielefeld


Wenn Sie einen Strafbefehl erhalten haben, zögern Sie nicht und vereinbaren Sie kurzfristig einen Beratungstermin mit mir.

Sie erreichen mich entweder über das Kontaktformular auf anwalt.de oder unter:

Telefon: 0521 - 787 153 67

Mobil: 0151 - 61 71 23 23

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