Strafvereitelung im Amt durch Polizeibeamte

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Polizisten sind als Amtsträger zur Mitwirkung am Strafverfahren berufen. Neben verschiedenen Beteiligungsrechten gehen damit auch einige Pflichten einher. Diese gilt es zu kennen, denn bei einem Pflichtverstoß können zum Teil empfindliche Strafen drohen. Insbesondere wenn durch den Pflichtverstoß die Bestrafung eines Straftäters verhindert werden soll, macht sich ein Polizist grundsätzlich strafbar. 


Welche Strafen drohen Polizeibeamten für Strafvereitelung im Amt?

Maßgebliche Norm ist § 258a StGB. Der Strafrahmen für Strafvereitelung im Amt beträgt danach Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Liegt ein sogenannter minder schwerer Fall vor, reduziert sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Ein minder schwerer Fall wurde vom Gießener Amtsgericht zum Beispiel für den Fall bejaht, dass der Polizist die Strafvereitelung wegen einer krankheitsbedingten Überforderung begangen hat. 


Beachten Sie aber: Wann ein minder schwerer Fall der Strafvereitelung im Amt vorliegt, kann nicht pauschal gesagt werden. Das ist eine Frage des konkreten Einzelfalles. Ein erfahrener Strafverteidiger hat aber die entsprechende Kenntnis, Umstände zu erkennen und argumentativ gegenüber den Ermittlungsbehörden darzulegen, die für einen solchen minder schweren Fall sprechen. 


Wann macht man sich als Polizist wegen Strafvereitelung im Amt strafbar?

Eine Strafvereitelung ist jedes Tun, das die Bestrafung eines Täters verhindert, seine Verfolgung erschwert, seine Verteidigung erleichtert oder die Verurteilung unmöglich macht, erschwert oder verzögert (vgl. § 258 StGB). Dies ist zum Beispiel anzunehmen, wenn ein Polizist pflichtwidrig kein strafrechtliches Ermittlungsverfahren einleitet und unzutreffend angibt, dass der Täter nicht zu ermitteln sei. Auch eine wahrheitswidrige Aussage vor Gericht als Zeuge zugunsten des Angeklagten kann eine strafbare Strafvereitelung im Amt darstellen.

Einer Strafvereitelung im Amt kann sich nur strafbar machen, wer als Amtsträger zur Mitwirkung bei dem Strafverfahren oder dem Verfahren zur Anordnung der Maßnahme berufen ist. Dies ist bei Polizeibeamten der Fall, soweit sie strafbare Handlungen zu erforschen oder bei der Erforschung mitzuwirken haben. 

Des Weiteren ist notwendig, dass die Begünstigung absichtlich oder wissentlich erfolgt. Dem Amtsträger muss es also entweder auf die Vereitelung ankommen oder er muss zumindest wissen, dass er durch sein Verhalten die Bestrafung einer anderen Person vereitelt. 


Ist die Strafvereitelung im Amt auch durch ein Unterlassen strafbar?

Ja. Voraussetzung hierfür ist, dass eine sogenannte Garantenpflicht besteht. Da Polizeibeamte dienstlich mit der Strafverfolgung betraut sind, haben sie auch eine Pflicht zur Mitwirkung an der Strafverfolgung. Das Unterlassen führt aber nur dann zu einer Strafbarkeit, wenn dem Polizisten die Vornahme der gebotenen Handlung auch möglich war. Wenn ein Polizist also zum Beispiel im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit von einer Straftat erfährt und diese nicht anzeigt, liegt eine Strafvereitelung im Amt durch Unterlassen vor.


Wann bin ich als Polizist zur Strafverfolgung verpflichtet?

Grundsätzlich sind Polizisten zur Strafverfolgung verpflichtet, sobald sie von einer Straftat Kenntnis erlangen. Sie müssen jede Anzeige aufnehmen und sich mit ihr auseinandersetzen. Das ist auch dann der Fall, wenn sie Zweifel an der Richtigkeit einer Anzeige haben. Auch wenn ihnen nur aufgrund eines allgemeinen Gerüchts Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat bekannt werden, sind sie zum Tätigwerden verpflichtet. Dies gilt allerdings nur dann, wenn die Polizei örtlich zuständig ist. Wenn die Straftat nicht in die örtliche Zuständigkeit des Polizeibeamten fällt, ist er nicht zur Strafverfolgung verpflichtet.


Ist eine Strafverteilung auch dann strafbar, wenn die Verfolgung tatsächlich nicht behindert wird?

Ja. Zwar setzt der Tatbestand des § 258a Abs. 1 StGB das Vorliegen eines Vereitelungserfolges voraus. Das bedeutet, dass die Bestrafung des Vortäters ganz oder zum Teil vereitelt wurde oder zumindest für geraume Zeit unverwirklicht bleibt. Ein Vereitelungserfolg wird bereits dann angenommen, wenn die Vereitelungshandlung oder das pflichtwidrige Unterlassen einer Strafverfolgung zu einer Verzögerung von ungefähr mindestens drei Wochen geführt hat. Wenn keine ausreichende Ahnungsverzögerung eintritt, ist jedoch nach § 258a Abs. 2 StGB auch der Versuch einer Strafvereitelung im Amt strafbar. 


Mache ich mich wegen Strafvereitelung im Amt strafbar, wenn ich nur mich selbst vor einer Strafverfolgung schützen möchte? 

Nein. § 258a StGB setzt ein Handeln zugunsten eines anderen voraus. Aber auch dann, wenn man zeitgleich eine andere Person schützen wollte, ist die Selbstbegünstigung nicht strafbar. Voraussetzung für die Straflosigkeit ist jedoch, dass sich der Amtsträger einer Strafverfolgung zu entziehen sucht. Außerdem gilt diese Ausnahme von der Strafbarkeit wegen Strafvereitelung im Amt nicht absolut.


Nicht ausreichend ist beispielsweise, dass der Polizist einem Disziplinarverfahren entgehen will. 


Eine Strafbarkeit wegen Strafvereitelung im Amt droht außerdem beispielsweise auch dann, wenn ein Vortäter den Polizeibeamten besticht, damit dieser die Strafverfolgung des Vortäters unterlässt. Durch sein Unterlassen will der Polizist dann zugleich verhindern, dass seine Bestechlichkeit herauskommt. Dann kann der Polizist trotz des beabsichtigten Eigenschutzes wegen Strafvereitelung im Amt bestraft werden. 


Ist die Strafvereitelung im Amt straffrei, wenn ich einen Angehörigen schützen möchte? 

Nein. Dies ist nur bei der einfachen Strafverteilung gemäß § 258 Abs. 4 StGB der Fall. Die Belange der Allgemeinheit gehen bei einem Amtsträger, der zur Mitwirkung am Strafverfahren oder an der Strafvollstreckung berufen ist, seiner Rücksichtnahme auf Angehörige vor. Jedoch kann der Umstand, dass der Amtsträger einen Angehörigen durch die Tat schützen möchte, unter Umständen zu der Annahme eines minder schweren Falls und zu einer Herabsetzung des Strafrahmens führen. 


Wie habe ich mich als Polizist zu verhalten, wenn ich außerdienstlich Kenntnis von einer Straftat erlange? 

Dies kann nicht pauschal beantwortet werden. Eine Pflicht zur Anzeige und Verfolgung der Straftat besteht jedenfalls dann, wenn es sich um eine schwere Straftat handelt und an ihrer Verfolgung ein großes öffentliches Interesse besteht. 

Das wird zum Beispiel bei Mord, Totschlag oder Raub angenommen. Es muss immer eine konkrete Einzelfallabwägung erfolgen, ob das öffentliche Interesse an einer Strafverfolgung den privaten Belangen des Polizisten vorgeht. 


Welche weiteren Konsequenzen kann eine Strafvereitelung im Amt haben?

Neben den genannten strafrechtlichen Sanktionen kann eine Strafverteilung im Amt auch Disziplinarmaßnahmen zur Folge haben. Im Einzelfall kommt auch eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis in Betracht. So hat das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt in einem Urteil die Entfernung einer Polizeibeamtin aus dem Beamtenverhältnis bestätigt, die wegen falscher uneidlicher Aussage und versuchter Strafverteilung verurteilt worden ist (OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 07.12.19 – 10 L 2/17). 


Wenn Sie mit dem Vorwurf einer Strafvereitelung im Amt konfrontiert sein sollten, empfiehlt es sich daher, sich an einen erfahrenen und spezialisierten Anwalt für Strafrecht zu wenden, der auch in zum Teil schwierigen Abgrenzungsfällen einen einem Tatvorwurf zugrunde liegenden Sachverhalt erfassen, rechtlich einordnen, eine Verteidigungsstrategie erarbeiten und den Mandanten bestmöglich beraten kann.  

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