Vorwurf Körperverletzung im Amt bei einer Festnahme - Grenzen für Polizeibeamte

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Unter dem Titel „Black Lives Matter“ haben im Jahr 2020 weltweit Demonstrationen gegen Rassismus und Polizeigewalt stattgefunden. 

Auslöser war der Tod des Afroamerikaners George Floyd in Folge einer gewaltsamen Festnahme durch die Polizei. Die vier an der Verhaftung beteiligten Polizeibeamten wurden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. 

Auch in Deutschland ist das Thema „Polizeigewalt“ präsenter geworden. Im Zusammenhang mit den Klimaaktivisten ist oftmals über Gewalt von Polizeibeamten berichtet worden. Doch die Grenzen zwischen einer strafbaren Körperverletzung im Amt und der legitimen Zwangsmaßnahme sind zum Teil fließend. 


Welche Strafe droht Polizisten für Körperverletzung im Amt?

Die Körperverletzung im Amt ist gem. § 340 StGB grundsätzlich mit einer Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren bedroht. 

Lediglich im Falle eines sogenannten „minder schweren Falles“ verringert sich die Strafe, sodass auch eine Geldstrafe in Betracht kommt und die Freiheitsstrafe bei maximal fünf Jahren liegt. 


Wann macht man sich wegen Körperverletzung im Amt strafbar?

Wie der Name schon verrät, bestraft die Körperverletzung im Amt eine Körperverletzung, die im Amt begangen wird.

Eine Körperverletzung ist dabei – wie auch bei der „normalen“ Körperverletzung – eine körperliche Misshandlung oder eine Gesundheitsschädigung. 

Der Vorwurf einer körperlichen Misshandlung steht im Raum bei einer üblen und unangemessenen Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden des Opfers in nicht nur unerheblicher Weise beeinträchtigt. Es bedarf demnach einer körperlichen Auswirkung, rein psychische Beeinträchtigungen sind nicht ausreichend. 

Schmerzen sind ein Indiz für eine körperliche Misshandlung, aber nicht zwingende Voraussetzung. 

Um eine Gesundheitsschädigung handelt es sich, wenn der körperliche Zustand der betroffenen Person nachteilig vom Normalzustand abweicht. Ausreichend ist jedoch bereits, dass eine schon bestehende krankhafte Verfassung noch gesteigert wird.  

Die Übertragung von Krankheiten ist beispielsweise eine Gesundheitsschädigung, aber auch das Verabreichen von Rauschmitteln sowie das Brechen von Knochen.

Die schwerwiegenderen Körperverletzungen (gefährliche und schwere Körperverletzung sowie Körperverletzung mit Todesfolge) können ebenfalls den Vorwurf einer Körperverletzung im Amt zur Folge haben, ebenfalls die fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB). Dies ergibt sich aus § 340 Abs. 3 StGB. 

Insbesondere die gefährliche Körperverletzung (§ 224 StGB) kommt bei Polizeibeamten durch den Einsatz einer Waffe in Betracht. 


Wann wird die Körperverletzung „im Amt“ begangen?

Die Körperverletzung kann nur durch Amtsträger begangen werden (vgl. die in § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB genannten Personen).

Polizeibeamte sind Amtsträger nach § 11 Abs. 1 Nr. 2a Alt. 1 StGB (Beamte), sodass im Falle einer Körperverletzung im Dienst nicht nur der Vorwurf einer Körperverletzung droht, sondern sogar einer Körperverletzung im Amt (mit entsprechend höherer Strafandrohung).

„Im Amt“ wird in § 340 StGB beschrieben als „während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst“. 

Die begangene Körperverletzung muss demnach im Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit stehen. Im Vordergrund steht, dass sich die Tat als Missbrauch der Amtsgewalt darstellt. 

Ein Polizeibeamter, der eine Körperverletzung in seiner Freizeit als Privatperson begeht, macht sich dementsprechend nicht wegen Körperverletzung im Amt strafbar (wohl aber wegen Körperverletzung).

Während der Ausübung des Dienstes bedeutet innerhalb der Dienstzeit und mit Bezug zur dienstlichen Tätigkeit. Fehlt eine der beiden Voraussetzungen, ist diese Variante der Körperverletzung im Amt ausgeschlossen. 

In Bezug auf den Dienst erfasst auch außerhalb der Dienstzeit begangene Taten, die aber in einem engen Zusammenhang mit der Tätigkeit stehen.  

Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Polizeibeamter außerhalb seiner Dienstzeit Ermittlungen vornimmt und dabei gerade nicht als Privatperson auftritt. 


Strafbarkeit wegen Körperverletzung im Amt wegen „begehen“ oder „begehen lassen“ der Körperverletzung

Im Rahmen des § 340 StGB wird das Begehen und Begehen lassen der Körperverletzung bestraft. 

Das Begehen erfasst diejenigen Fälle, in welchen die Tat aktiv selbst vorgenommen wird. Diejenigen Polizeibeamten, die allein oder gemeinsam mit anderen als Mittätern, die Körperverletzungshandlung vornehmen, erfüllen die Tatvariante des Begehens. Dies gilt zudem, wenn beispielsweise ein Unfallopfer oder eine ähnlich hilfsbedürftige Person nicht versorgt wird, obwohl eine entsprechende rechtliche Verpflichtung zum Handeln besteht. Die Körperverletzung wird dann durch ein Unterlassen begangen (§§ 340, 13 Abs. 1 StGB).  

Begehen lassen liegt vor, wenn in passiver Weise an der Tat mitgewirkt wird. 

Die Anstiftung zur Tat ist davon umfasst sowie die Beihilfe durch eine Unterstützungshandlung oder rein psychischen Beistand. Darüber hinaus, wenn ein Amtsträger die Körperverletzung nicht selbst begeht, sondern durch einen anderen als sein Instrument vornehmen lässt. 

Begehen lassen kann zudem anzunehmen sein, wenn eine andere Person eine Körperverletzung vornimmt und ein Polizeibeamter nicht einschreitet.   


Welche Körperverletzungen sind bei Festnahmen durch Polizeibeamte strafbar?

Eine vorläufige Festnahme durch Polizeibeamte erfolgt nach § 127 StPO. Sie ist zu unterscheiden von der Verhaftung (§ 114a StPO), die auf Grundlage eines zuvor erlassenen Haftbefehls erfolgt. 

Bei einer Festnahme wird die verdächtige Person festgehalten und damit daran gehindert, sich räumlich zu entfernen.  

Eine Festnahme ist nicht selten mit physischen Auseinandersetzungen verbunden, die Körperverletzungen zur Folge haben können. Damit liegt im Grunde eine strafbare Körperverletzung nach §§ 223 ff. StGB vor. 

Oftmals hat der festnehmende Polizist aber gerechtfertigt gehandelt, wie bei einem Notwehrrecht, sodass die Strafbarkeit wegen Körperverletzung (im Amt) entfällt. Das Verhalten wird dann nicht als rechtswidrig, sondern im Rahmen des Erlaubten angesehen. 

Der Rechtfertigungsgrund ist hier § 127 StPO, welcher die festnehmende Person grundsätzlich berechtigt, physische Gewalt bei der Festnahme anzuwenden. Dies muss sich allerdings in den festgesetzten Grenzen halten und darf nicht grundlos erfolgen. Die Grenzen sind jedoch nur abstrakt formuliert.  


Anwendung körperlicher Gewalt bei Festnahme muss verhältnismäßig sein

Körperliche Gewalt ist eine Form unmittelbaren Zwanges, die durch die Polizeibeamten bei der Ausübung ihres Dienstes angewendet werden darf. Dabei können auch bestimmte Hilfsmittel oder Waffen genutzt werden. 

Die Gewaltanwendung muss allerdings verhältnismäßig sein. Dies ist nach dem jeweiligen Einzelfall zu beurteilen. 

In den Polizeigesetzen der jeweiligen Länder ist dies entsprechend geregelt (z.B. § 11 ASOG Bln, § 4 UZwG Bln). 

Die Verhältnismäßigkeit stellt darauf ab, ob die vorgenommene Maßnahme der Polizeibeamten für die Erreichung des Ziels geeignet ist, das mildeste Mittel darstellt und nicht außer Verhältnis zu dem angestrebten Zweck steht. 

Geeignet ist der Einsatz körperlicher Gewalt, wenn die Festnahme dadurch erfolgen kann. Sofern ausgeschlossen ist, dass dies dadurch zumindest erleichtert wird, ist die Maßnahme ungeeignet. 

Die Wahl muss stets auf diejenige Maßnahme fallen, die den geringsten Eingriff gegenüber der betroffenen Person darstellt. Sofern ein kräftiger Griff an das Handgelenk genauso erfolgsversprechend ist, wie die Verwendung eines Schlagstockes, ist auf die weniger intensive erstgenannte Maßnahme zurückzugreifen. 

Unter Umständen kann auch lediglich die mündliche Androhung ausreichend sein, sodass jeglicher körperliche Zwang unverhältnismäßig wäre.  


Neben der Intensität ist auch der zeitliche Aspekt zu beachten, sodass nicht über die erforderliche Zeit hinaus Gewalt angewendet werden darf. 

Der Gebrauch einer Schusswaffe ist erlaubt, wenn keine andere Möglichkeit mehr besteht. Dies setzt voraus, dass eine akute Gefahr für Leib und Leben für die beteiligten Polizeibeamten oder unbeteiligte Dritte droht. 

Zuletzt ist erforderlich, dass die Gewaltanwendung angemessen ist. Dabei werden der verfolgte Zweck und der vorgenommene Eingriff gegeneinander abgewogen. Steht der Eingriff außer Verhältnis zu dem Zweck, ist er als unangemessen zu betrachten, sodass die Gewaltanwendung hierüber nicht gerechtfertigt ist. 

Sofern eine der Voraussetzungen nicht vorliegt, ist die polizeiliche Maßnahme unverhältnismäßig und damit als außerhalb der Grenzen einer gerechtfertigten Körperverletzung im Amt. 

Es droht dann ein Verfahren wegen Körperverletzung im Amt.


Gerade Polizeibeamte müssen als Beschuldigte einer Straftat, insbesondere wenn diese im Bezug zu ihrer Dienstausübung begangen wurde, beachten, dass neben einem Strafverfahren dann in der Regel auch ein Disziplinarverfahren und damit einhergehend die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen drohen. Die Disziplinarmaßnahmen können bis zur Entfernung aus dem Dienstverhältnis reichen.

Zu beachten ist außerdem, dass Beamte im Falle einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ihren Beamtenstatus verlieren. 

Insbesondere für Beamte ist ein Strafverfahren daher regelmäßig mit mitunter erheblichen beruflichen Konsequenzen verbunden.

Daher empfiehlt es sich, sich beim Vorwurf einer Körperverletzung im Amt an einen erfahrenen und spezialisierten Anwalt für Strafrecht zu wenden, der sich zudem auch im Bereich des Disziplinarrechts auskennt und Sie als Beschuldigten auch dahingehend beraten kann.

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