Durchsuchung in den Bundesministerien für Finanzen und für Justiz wegen Verdacht auf Strafvereitelung im Amt

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Am 9. September durchsuchte die Staatsanwaltschaft Osnabrück zwei Bundesministerien wegen Verdacht auf Strafvereitelung bei der Einheit „FIU“. Dabei stützten sich die Ermittler wohl auf einen normalen Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Osnabrück vom 10. August.

Was sind eigentlich die Voraussetzungen einer Durchsuchung?

Wenn man einige medialen Meldungen kurz durchgeht, fällt sofort auf, dass das Phänomen „Durchsuchung“ und die Voraussetzungen zum Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses, immer noch „schwergängig“ sind.

Die Dursuchung ist eine prozessuale Zwangsmaßnahme. Deswegen richten sich ihre Voraussetzungen nach §§ 102 ff. StPO. Die gängigste Variante ist der § 102 StPO, die sog. Durchsuchung beim Beschuldigten.

Deren Voraussetzungen lauten wie folgt:

I. Sinn und Zweck

  • Beweissicherung
  • Ergreifung

II. Weitere Voraussetzungen

  1. Anfangsverdacht
  2. Anordnung durch den Richter, meist auf Antrag der Staatsanwaltschaft; oder bei Gefahr in Verzug, Anordnung durch die Staatsanwaltschaft selbst
  3. Begründete Vermutung, das Untersuchungsziel zu erreichen
  4. Verhältnismäßigkeit
  5. Weitere Formalitäten

Der Auslöser einer solchen Maßnahme ist immer der Anfangsverdacht. Dieser ist nach § 152 II StPO gegeben, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat vorliegen. Im vorliegenden Fall war es wohl der Verdacht auf Strafvereitelung im Amt gemäß § 258a StGB.

Was verbirgt sich hinter dem Delikt „Strafvereitelung im Amt“ ?

§ 258a StGB ist ein sog. unechtes Amtsdelikt und damit ein Sonderdelikt, konzipiert für Ahndung von strafbaren Handlungen Amtsträgern. § 258a StGB stellt eine sog. Qualifikation zum Grunddelikt des § 258 StGB dar. Als Qualifikation erfasst diese die Amtsträger und sanktioniert deren Verstöße härter. Außerdem lässt § 258a StGB gewisse Vorteile für den Amtsträger entfallen. Wer Amtsträger ist, steht in § 11 Absatz 1 StGB.

Kurz gesagt: für Täter als Normalbürger gilt also § 258 StGB, für Amtsträger § 258a StGB.

Die Tathandlungen sind im Übrigen gleich. Das heißt, dass der Täter etwa entweder eine Strafe oder eine Vollstreckung einer Strafe vereiteln muss. Der Unterschied ist bloß verfahrensrechtliche Natur. Bei der ersten Alternative gibt es noch keine Strafe. Bei der zweiten Alternative gibt es schon eine.

Um eine Strafe überhaupt „vereiteln“ zu können, muss zuerst eine rechtswidrige Straftat eines anderen vorliegen. Diese nennt man „Vortat“.

Diese muss ganz oder teilweise vereitelt worden sein. Das heißt wiederum, dass ein Vereitelungserfolg gerade durch die Vereitelungshandlung herbeigeführt werden muss. Dabei reicht sogar eine Besserstellung des Täters der Vortat aus, wie etwa eine zeitliche Verzögerung bei der Verwirklichung des staatlichen Verfolgungsanspruchs.

Hinzukommt noch die subjektive Seite, wobei bzgl. der Vereitelungshandlung beim Täter Absicht bzw. Wissentlichkeit und bzgl. der Vortat jedenfalls Eventualvorsatz vorliegen muss.

Im vorliegenden Fall ist die Vortat, die vereitelt werden müsste, die Geldwäsche gemäß § 261 StGB. Dieses Delikt wird häufig als „Allzweckwaffe“ des Staates bei verdächtigen Geldströmen und Vermögenswerten angesehen. In der Wahrheit ist das Delikt umstritten und produziert mehr Fragen als Antworten.

Rein rechtlich kann nicht ad hoc ausgeschlossen werden, dass eine eventuell nicht weitergegebene Verdachtsmeldung an die Strafverfolgungsbehörden durch die Einheit „FIU“, unter § 261 StGB fallen würde. Damit wäre nicht nur eine Vortat i.S.d. § 258a StGB gegeben, sondern es wäre auch der Anfangsverdacht bezüglich des § 258a StGB begründet. Nach der angeblichen umfangreichen Kommunikation zwischen den Bundesministerien und der „FIU“, machten sich die Bundesministerien selbst zum potenziellen Fundort für Beweismittel. Da der Anfangsverdacht schon stand und auch das Auffinden von weiteren Beweismitteln zu erhoffen war, war eine Durchsuchung eigentlich nicht überraschend, sondern bloß der nächstlogische Verfahrensschritt.

Warum fand die Durchsuchung erst jetzt statt und nicht schon früher? Was steckt dahinter? 

Angeblich stammt der Durchsuchungsbeschluss vom 10. August 2021. Also war schon knapp ein Monat alt. Das ist jedoch nichts Ungewöhnliches. Die Ermittlungsbehörden brauchen häufig einen zeitlichen Vorlauf, um alles vorbereiten zu können. Insbesondere bei solchen umfangreicheren Verfahren. Eine größere Dursuchung erfordert immer eine vorangehende Planung und die Organisation von Ermittlungskräften.

Wie geht es jetzt weiter?

Zunächst laufen die Ermittlungen weiter. Die Auswertung möglicher Beweismittel wird wohl eine Weile dauern. Wie dann weiter zu verfahren ist, lässt sich erst dann verlässlicher bestimmen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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