Strafverfahren soll eingestellt werden? Diese Möglichkeiten gibt es

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Ein Strafverfahren stellt für Betroffene eine erhebliche Belastung dar. Häufig ist es das primäre Ziel, das Verfahren möglichst frühzeitig zu beenden, idealerweise durch eine Einstellung, um die negativen Folgen wie eine belastende Hauptverhandlung oder einen Strafregistereintrag zu vermeiden. Doch wie kann ein solches Verfahren zur Einstellung gebracht werden? Die deutsche Strafprozessordnung (StPO) bietet verschiedene rechtliche Möglichkeiten, die nachfolgend detailliert erläutert werden.


1. Einstellung mangels hinreichenden Tatverdachts (§ 170 Abs. 2 StPO)

Ein Verfahren wird von der Staatsanwaltschaft eingestellt, wenn kein hinreichender Tatverdacht besteht. Das bedeutet, dass die vorliegenden Beweise nicht ausreichen, um eine Verurteilung wahrscheinlich zu machen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Alibi nachgewiesen wird, Notwehr vorliegt oder die vorliegenden Beweise nicht belastbar genug sind.

Wichtig: Eine solche Einstellung ist vorläufig. Tauchen neue Beweise auf, kann das Verfahren wieder aufgenommen werden. Betroffene sollten daher sorgfältig darauf achten, dass in ihrem Fall alle entlastenden Argumente frühzeitig eingebracht werden, um eine solche Einstellung zu fördern.


2. Einstellung wegen Geringfügigkeit (§ 153 StPO)

Für Bagatelldelikte mit geringer Schuld und ohne ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung sieht § 153 StPO eine Möglichkeit der Verfahrenseinstellung vor. Diese Option wird oft genutzt, wenn die Tat als nicht schwerwiegend bewertet wird und weder die Öffentlichkeit noch das Opfer ein besonderes Interesse an einer Strafverfolgung haben.

Ein typisches Beispiel ist die Sachbeschädigung mit geringem Schaden. Der Vorteil dieser Einstellung besteht darin, dass sie ohne Auflagen erfolgt und keinen Eintrag ins Führungszeugnis nach sich zieht.


3. Einstellung gegen Auflagen und Weisungen (§ 153a StPO)

Eine häufig genutzte Alternative ist die Einstellung gegen Auflagen und Weisungen. Dabei wird das Verfahren vorläufig eingestellt, während der Beschuldigte bestimmte Bedingungen erfüllt. Typische Auflagen sind:

  • Zahlung eines Geldbetrags an eine gemeinnützige Organisation oder die Staatskasse,
  • Ableistung gemeinnütziger Arbeit,
  • Teilnahme an einer Schulung oder einem Beratungsprogramm (z. B. Verkehrs- oder Anti-Aggressionstraining).

Voraussetzung für diese Verfahrensweise ist, dass es sich um ein Vergehen (keine Straftat im engeren Sinne) handelt und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Nach erfolgreicher Erfüllung der Auflagen wird das Verfahren endgültig eingestellt. Ein großer Vorteil für den Beschuldigten: Die Tat wird nicht als Vorstrafe gewertet und erscheint nicht im Bundeszentralregister.

Hinweis: Der Beschuldigte muss der Einstellung zustimmen. Andernfalls ist die Durchführung der Maßnahme nicht möglich.


4. Einstellung bei Mehrfachtätern (§ 154 StPO)

Wenn ein Beschuldigter bereits wegen anderer Straftaten verurteilt wurde oder weitere Verfahren gegen ihn anhängig sind, die jedoch im Vergleich weniger schwerwiegend erscheinen, kann die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung dieser weniger bedeutsamen Taten absehen. Dies geschieht aus Gründen der Verfahrensökonomie und entlastet die Justiz.

Ein Beispiel: Wenn eine Person wegen eines schweren Raubes verurteilt wurde, kann die Staatsanwaltschaft die Verfolgung einer zusätzlichen geringfügigen Diebstahlstat einstellen, um unnötige Ressourcen zu sparen.


5. Einstellung zur Beschränkung der Strafverfolgung (§ 154a StPO)

In komplexen Verfahren mit mehreren Tatvorwürfen kann es sinnvoll sein, die Verfolgung auf die wesentlichen Delikte zu konzentrieren. Die Staatsanwaltschaft stellt dann die weniger bedeutsamen Tatvorwürfe ein. Dadurch wird das Verfahren vereinfacht, und die Justiz kann sich auf die Hauptvorwürfe fokussieren.

Diese Strategie wird häufig in Fällen angewandt, bei denen eine Vielzahl von Tatvorwürfen vorliegt, die jedoch in ihrem Gewicht stark variieren.


6. Einstellung im Rahmen eines Deals (§ 257c StPO)

Im Zuge eines Strafverfahrens kann es auch zu einer Verfahrenseinstellung durch eine Verständigung (auch bekannt als Deal) kommen. Dabei handelt es sich um eine Abmachung zwischen Staatsanwaltschaft, Gericht und Verteidigung, die darauf abzielt, das Verfahren zu verkürzen. Voraussetzung ist, dass sich alle Parteien auf die wesentlichen Punkte einigen. Ein solcher Deal kann etwa vorsehen, dass der Beschuldigte ein Geständnis ablegt, während das Verfahren im Gegenzug eingestellt oder eine mildere Strafe verhängt wird.


Was Betroffene beachten sollten

Es ist wichtig zu verstehen, dass nicht jede Verfahrenseinstellung einen endgültigen „Freispruch“ bedeutet. Besonders bei Einstellungen nach § 153 und § 153a StPO wird kein sogenannter Strafklageverbrauch ausgelöst. Das heißt, dass das Verfahren unter bestimmten Voraussetzungen wiederaufgenommen werden kann, beispielsweise wenn neue Beweise auftauchen.

Darüber hinaus ist das Wissen um die richtigen Argumente, die zu einer Einstellung führen könnten, entscheidend. Hier kommt die Rolle eines kompetenten Strafverteidigers ins Spiel, der die rechtlichen Möglichkeiten ausschöpft und eine individuell angepasste Verteidigungsstrategie entwickelt.


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Foto(s): Maik Bunzel

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