Supervision - rechtliche Vorgaben, Prozess und Nutzen

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In Deutschland ist der Begriff Supervision rechtlich nicht geschützt. Jeder darf sich grundsätzlich Supervisor nennen und entsprechende Dienstleistungen anbieten (Supervision und Coaching als geschützte Berufe? | DGSv). 

Es gibt also keine staatlich anerkannte Lizenzierung oder einheitliche Ausbildungsrichtlinien, die den Beruf des Supervisors reglementieren. 

Allerdings existieren Berufsverbände (wie die Deutsche Gesellschaft für Supervision und Coaching, DGSv), die Qualitätsstandards setzen – diese sind aber freiwillig und nicht gesetzlich bindend: Voraussetzung ist dabei, dass zumindest eine entsprechende Ausbildung als Supervisor abgeschlossen worden ist. Diese werden in der Regel als Zusatzausbildungen für ausgebildete und erfahrene Coaches und Mediatoren angeboten.

Spezielle gesetzliche Vorgaben verpflichten allerdings zu Supervision in bestimmten Kontexten. Eine wichtige Vorschrift findet sich im Mediationsgesetz und der zugehörigen Ausbildungsverordnung für zertifizierte Mediatoren. So verlangt § 2 der Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung (ZMediatAusbV), dass angehende zertifizierte Mediatoren nach ihrer Ausbildung fünf Mediationsfälle unter Supervision durchführen (Ausbildungsverordnung zertifizierter Mediator ). 

Bei der Durchführung von Supervision in Berufen mit Verschwiegenheitsverpflichtung sind zusätzliche rechtliche Rahmenbedingungen und Einschränkungen zu beachten, um Konflikte mit den Berufspflichten zu vermeiden:

  • Verschwiegenheit bei Mediatoren (§ 4 MediationsG): Mediatoren sind gesetzlich verpflichtet, über Inhalte eines Mediationsverfahrens stillschweigend zu bewahren. Wenn sie Fälle in der Supervision besprechen, dürfen Dritte keine Details erfahren, die Rückschlüsse auf die Beteiligten zulassen (Mediationsgesetz (MediationsG) - Gesetze im Internet). Es empfiehlt sich, Fälle zu anonymisieren (z. B. statt Klarnamen nur „Partei A und B“ und ohne spezifische Ortsangaben). Oft wird im Mediationsvertrag mit den Parteien vereinbart, dass der Mediator zur Qualitätssicherung in Supervision gehen darf, wobei die Vertraulichkeit durch Anonymisierung gewahrt bleibt. Da Supervisoren in Mediation nicht zwingend Mediatoren sein müssen, ist eine klare Vertraulichkeitsabrede wichtig.
  • Anwaltsgeheimnis (§ 43a BRAO, § 2 BORA): Anwälte dürfen Informationen aus Mandaten grundsätzlich nicht an Außenstehende weitergeben. Eine Supervision mit externen Personen (außerhalb der eigenen Kanzlei) berührt diese Pflicht. Damit eine Fallbesprechung in Supervision zulässig ist, müssen entweder Mandanteninformationen anonymisiert werden oder die Mandanten ausdrücklich einverstanden sein. Die Berufsordnung der Anwälte (BORA) trägt modernen Arbeitsformen insofern Rechnung, als sie Ausnahmen für die Inanspruchnahme von Diensten Dritter im Kanzleialltag vorsieht, solange dies üblich und sozialadäquat ist (Verschwiegenheitspflicht: RAK München). Dazu zählt etwa das Hinzuziehen von externen Dienstleistern – was man auf Supervision übertragen kann, sofern der Supervisor zur Verschwiegenheit verpflichtet wird. Wichtig: Anwälte müssen gemäß § 2 Abs. 5 BORA externe Supervisoren oder sonstige Berater, die Einblick in vertrauliche Informationen erhalten, schriftlich zur Verschwiegenheit verpflichten (Verschwiegenheitspflicht: RAK München), es sei denn, diese unterliegen von Gesetzes wegen bereits einer Geheimhaltungspflicht (z. B. ein Rechtsanwalt als Supervisor) (Verschwiegenheitspflicht: RAK München). In der Praxis wird ein Supervisor daher üblicherweise eine Vertraulichkeitserklärung unterzeichnen.

  • Richterliche Schweigepflicht und Unabhängigkeit: Richter unterliegen zwar keiner Mandantenverschwiegenheit, aber sie dürfen interne Beratungen und dienstliche Angelegenheiten nicht unbefugt offenlegen (z. B. Beratungsgeheimnis gemäß Gerichtsverfassungsgesetz). In Supervisionsrunden unter Kollegen ist dies weniger problematisch, da alle Teilnehmenden der Verschwiegenheit verpflichtet sind und man sich meist auf Verhaltensprobleme oder zwischenmenschliche Aspekte konzentriert, nicht auf konkrete Fallinhalte oder geheime Abstimmungen. Dennoch muss ein Richter darauf achten, in Supervision keine laufenden Verfahren inhaltlich so zu erörtern, dass seine Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit darunter leiden könnte. Die Supervision im Justizbereich wird deshalb häufig von Kollegen moderiert und bleibt innerhalb der Organisation, was die Vertraulichkeit sicherstellt (Supervision in der Justiz: Erzähl doch mal). Zudem sind die besprochenen Fälle oft abgeschlossen oder so abstrahiert, dass kein Geheimnisverrat erfolgt.

  • Datenschutz: Beim Besprechen von realen Fällen in Supervision können personenbezogene Daten (über Mandanten, Prozessbeteiligte etc.) thematisiert werden. Hier greift die DSGVO bzw. das deutsche Datenschutzrecht. Es muss gewährleistet sein, dass keine unberechtigte Verarbeitung personenbezogener Daten stattfindet. In der Regel wird das durch Anonymisierung und Vertraulichkeitsvereinbarungen mit dem Supervisor erreicht. Aufzeichnungen aus Supervision (z. B. Protokolle, Notizen) sollten nur mit größter Zurückhaltung und sicherer Verwahrung erfolgen oder ganz vermieden werden, um keine datenschutzrechtlichen Probleme zu schaffen.

Neben der Verschwiegenheit sind besondere Anforderungen an die Supervisionsdurchführung im juristischen Bereich vor allem organisatorischer und qualitativer Natur. So sollte z. B. darauf geachtet werden, dass kein Interessenkonflikt entsteht – etwa dass in einer Anwaltssupervisionsgruppe nicht gerade zwei direkte Prozessgegner sitzen, die über ihre Fälle reden wollen. In solchen Konstellationen müsste man die Gruppen sinnvoll zusammensetzen (etwa nach Rechtsgebieten oder Regionen getrennt). 

Für externe Supervisoren gilt, dass sie idealerweise mit dem juristischen Arbeitskontext vertraut sind, damit sie die geschilderten Probleme nachvollziehen können. 

Allerdings dürfen sie sich nicht als „zweite Urteilinstanz“ aufspielen: Gerade bei Richtern wäre es unzulässig, wenn ein Supervisor von außen fachliche Weisungen in laufenden Fällen geben würde. Supervision muss stets die Berufsrollen respektieren – d.h. der Anwalt oder Richter behält die volle Verantwortung für sein fachliches Handeln; der Supervisor liefert lediglich Impulse zur Reflexion.

Über die formalen Gesetze hinaus spielt Ethik eine große Rolle, damit Supervision akzeptiert und erfolgreich ist. 

Alle Beteiligten – Supervisor und Supervisanden – müssen ethisch sicherstellen, dass Inhalte der Sitzungen nicht nach außen getragen werden. Viele Supervisoren verpflichten sich von sich aus zu Verschwiegenheit gegenüber Dritten (z. B. gegenüber dem Arbeitgeber des Supervisanden). Dieses Vertrauensverhältnis ist die Grundlage dafür, dass Supervisanden offen über Schwierigkeiten sprechen können, ohne berufsrechtliche Nachteile befürchten zu müssen.

Ein weiterer Aspekt ist die Freiwilligkeit. Berufsordnungen der freien Berufe (Anwälte, Notare etc.) betonen die eigenverantwortliche Berufsausübung. Supervision sollte daher auf Freiwilligkeit beruhen und nicht als Zwangsmaßnahme angeordnet werden, außer vielleicht in Ausbildungssettings. Freiwilligkeit gewährleistet auch, dass die betreffenden bereit sind, sich zu öffnen und an sich zu arbeiten – was für den Erfolg der Supervision entscheidend ist.

Schließlich darf nicht übersehen werden, dass Supervision keine Therapie und kein Coaching zur Persönlichkeitsänderung im eigentlichen Sinne ist, sondern berufliche Beratung. Die Rollen müssen klar bleiben: Der Supervisor hat nicht die Autorität, andere Berufsfelder zu ersetzen.

In der Supervision können Themen aus

  • der fachlichen Arbeit
  • der Führungsverantwortung
  • der mentalen Gesundheit
  • der Arbeitnehmerperspektive
  • aus Konflikten am Arbeitsplatz
  • aus Business Development, Marketing und Vertrieb

eine Rolle spielen.

Supervisionsprozess:

  1. Auftragsklärung/Status quo: Sachverhalt -> Dilemma ->Frage
  2. Prozessorganisation: Reihenfolge -> Clustern -> Zeitmanagement 
  3. Lösungsstrategien: Ressourcen Aktivierung (eigene, Gruppe, Supervisor)
  4. Lösungsansatz: Auswahl -> Umsetzung -> Integration

Empfehlenswert ist es, zusätzlich nach jedem Supervisionsprozeß eine ausführliche und geführte Reflexion sowie einen Energieausgleich durchzuführen, um die Umsetzung und Integration zu erleichtern.


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Foto(s): GT

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