Thematik EA 189 Motor– verbraucherfreundliche Rechtsprechung und Stützung von Käuferrechten

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A. Inhalt und Themenschwerpunkt der Entscheidung

Der Kläger verfolgte seine Ansprüche auf Rückabwicklung des Kaufvertrages wegen u. a. sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gegen den Hersteller nach erstinstanzlicher Abweisung seiner Klage vor dem OLG Celle weiter. Die gegen dieses Urteil erhobene Berufung hatte Erfolg. Denn nach Ansicht des zuständigen Senats des Oberlandesgerichts – der sich bereits in einer anderen Sache zu hier einschlägigen Rechtsfragen positioniert hatte (vgl. Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 01. Juli 2019 – 7 U 33/19) – haftet der Hersteller, dem Käufer eines vom Diesel-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung gemäß §§ 826, 31 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf Schadensersatz. Daher verurteilt es den Hersteller, dem Käufer den um eine Nutzungsentschädigung für gefahrene Kilometer reduzierten Kaufpreis gegen Rückgabe des Fahrzeugs zu erstatten und weiteren Schadensersatz zu leisten (Az. 7 U 244/18).

Diese sehr wichtige Entscheidung soll nachfolgend kurz skizziert werden. 

B. Zum Sachverhalt:

Das streitbefangene Fahrzeug war unstreitig mit dem Typ eines Dieselmotors (relevanter Motortyp: EA 189) ausgestattet, der den sog. Diesel-Abgasskandal ausgelöst hat. Der Kläger hatte das Fahrzeug etwa vier Jahre vor Aufdeckung des Diesel-Abgasskandals von dem Hersteller gekauft und diesen nach Bekanntwerden der Manipulation durch eine unzulässige Abschalteinrichtung zunächst zur Zahlung eines Ausgleichsbetrages aufgefordert, was der Hersteller abgelehnt hatte. Die vom Kläger daraufhin beim Landgericht erhobene Klage wurde u. a. mit der Begründung abgewiesen, dass eine aktive Täuschungshandlung des Herstellers vom Kläger nicht hinreichend dargelegt sei.

Zum gegenüber der ersten Instanz abweichenden Standpunkt einer bejahenden Täuschungshandlung ist in die Begründung auch die aktuelle Rechtsansicht des BGH eingeflossen. Denn entsprechende Dieselfahrzeuge, in denen eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut wurde, sind nach Ansicht des Bundesgerichtshofs mangelhaft (vgl. Hinweisbeschluss vom 08. Januar 2019 – VIII ZR 225/17). Nach Ansicht des 7.Senats täusche der Hersteller alle potenziellen Käufer darüber, dass diese Fahrzeuge im Straßenverkehr uneingeschränkt nutzbar seien und über eine unbeschränkte Betriebserlaubnis verfügten, was wegen der unzulässigen Abschalteinrichtung tatsächlich nicht der Fall sei. Es führte in diesem Kontext an, dass den betroffenen Fahrzeughaltern vielmehr der Widerruf der Typengenehmigung drohte und eine damit einhergehende Stilllegung des Fahrzeugs. In diesem Zusammenhang betonte das OLG, dass durch die nachträgliche Installation eines reinen Software-Updates der dem Käufer infolge des Kaufvertragsabschluss entstandene Schaden nicht kompensiert werde. Dieser bleibe vielmehr mit den Folgen des ungewollten Kaufvertragsabschlusses belastet. Bei lebensnaher Betrachtung müsse nach Ansicht des OLG auch davon ausgegangen werden, dass der Hersteller Schädigungsvorsatz gehabt und in Kenntnis der Tatumstände, die das Verhalten als sittenwidrig erscheinen lassen, gehandelt habe. Der Käufer müsse deshalb so gestellt werden, wie er stehen würde, wenn er das betreffende Fahrzeug nicht erworben hätte; er könne deshalb entweder das Fahrzeug behalten und den Minderwert sowie etwaige weitere Schadenspositionen beanspruchen oder aber – wie der Kläger in dem vom 7. Zivilsenat zu entscheidenden Fall – die Rückabwicklung des Kaufvertrages verlangen. Im letzteren Fall müsse er sich allerdings eine Nutzungsvergütung für die mit dem Fahrzeug zurückgelegten Kilometer anrechnen lassen. 

Die Entscheidung des OLG schließt nahtlos an die überwiegende OLG Entscheidungen zu dieser Thematik an und berücksichtigt nun auch die BGH-Rechtsansicht zu dieser Thematik. Die Entscheidung ist deswegen aus Käuferschutzgesichtspunkte meiner Ansicht zu begrüßen.

Fazit:

Eine Berufungseinlegung lohnt sich für den Käufer auch bei einer zunächst Klageabweisung zu der oben genannten Thematik. 

C. Auswirkungen für die Praxis/ Entscheidung noch nicht bestandskräftig

In den Blick zu nehmen ist, die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist. Der Senat hat die Revision gegen dieses Urteil nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zugelassen, weil zur Frage der deliktischen Haftung in Fällen des Diesel-Abgasskandals in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen vertreten werden.

Abzuwarten bleibt die Positionierung des BGH zu Fragen der Zulässigkeit der Nutzungsanrechnung der bereits gefahrenen Kilometer, sofern der BGH die Gelegenheit bekommen sollte, darüber zu entscheiden.

Verfasser:

RA Wulff


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