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Tierhalterhaftung: Gefahr auf vier Beinen oder wer zahlt bei Schäden durch Tiere?

  • 4 Minuten Lesezeit
Cornelia Lang anwalt.de-Redaktion
  • Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) wird in § 833 BGB beschrieben, inwiefern der Tierhalter für Schäden haftet.
  • Das (gleichzeitige) Ausführen mehrerer Hunde (sog. Rudelführen) löst eigene Verkehrssicherungspflichten aus, auch wenn es nur aus Gefälligkeit geschieht.
  • Professionelle oder fremde Hundeführer haften wie Hundehalter.
  • Bei einer Reitbeteiligung haftet die Pferdehalterin, ausgenommen es wurde ein sog. Haftungsverzicht (vertraglich) vereinbart.

Grundsätzliches zur Tierhalterhaftung

„Der tut nichts, der will nur spielen“, oder: „Mein Paulchen ist ein ganz Lieber“ – egal ob Hunde, Katzen, Vögel oder Pferde, das eigene ist immer das bravste, liebste und beste Tier. Doch selbst wenn das tatsächlich stimmt, kann das natürliche Verhalten von Tieren trotzdem zu Schäden führen. Für diese typische Tiergefahr müssen grundsätzlich die Tierhalter haften – oder im Einzelfall auch andere beteiligte Personen.

Die Tierhalterhaftung unterscheidet zwischen Nutztieren, die dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters dienen, und anderen Tieren. Zu den anderen Tieren zählen besonders Haustiere. Nur für Tiere, die keine Nutztiere sind, trifft Tierhalter eine sog. Gefährdungshaftung. Das heißt, sie haften für die von ihrem Tier verursachten Schäden auch ohne Verschulden, also auch ohne ein Fehlverhalten.

Hingegen haften Halter von Nutztieren nur bei einem Verschulden. Das liegt vor, wenn sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet haben. Entscheidend dafür ist das Tier, die Situation und wie sich ein durchschnittlicher gewissenhafter Tierhalter verhalten hätte. Bei entsprechend gewissenhaftem Verhalten entfällt die Haftung. Ebenso entfällt eine Haftung, wenn es auch bei einem gewissenhaften Verhalten zum Schaden gekommen wäre.

Der Hund – der beste Freund des Menschen 

Nicht nur Hundehalter haften für Schäden, die ihr Hund verursacht hat, sondern auch fremde Hundeführer. Dieser Maßstab gilt auch für Personen, die ein Nutztier oder ein anderes Tier aufgrund eines Vertrags selbstständig führen und beaufsichtigen. Diese Regelung sollten insbesondere Personen beachten, die professionelles Dogwalking ausüben. Die beruflichen Hundesitter sollten unbedingt eine spezielle Betriebshaftpflichtversicherung abschließen, denn private Tierhalterhaftpflichtversicherungen versichern nur das unentgeltliche Hüten fremder Tiere.

Der für eine Haftung des Tieraufsehers notwendige Vertrag kann im Übrigen bereits durch gegenseitiges Einvernehmen zwischen dem Aufseher und dem Tierhalter entstehen. Geld muss ebenfalls nicht unbedingt fließen. Eine Haftung ist auch bei kostenloser Erbringung möglich. Hiervon zu trennen sind jedoch bloße Gefälligkeiten, bei denen kein Vertrag vorliegt. Solche Gefälligkeitsverhältnisse zeichnen sich durch Umstände aus, in denen der Erbringer der Gefälligkeit üblicherweise nicht für Schäden einstehen möchte. 

Ein Beispiel für ein Gefälligkeitsverhältnis ist die Bitte des Tierhalters an seinen Nachbarn, er möge kurz auf das Tier aufpassen. Auch der Geschädigte kann eine Mitschuld an dem verursachten Schaden tragen, z. B. wenn er sich der Gefahr bewusst ausgesetzt hat und dadurch von einem Tier verletzt wurde. Darüber hinaus kann der Tierhalter an der Verletzung seines eigenen Tieres eine Mitschuld tragen. Liegt ein Mitverschulden vor, gilt eine Quotelung nach Mitverschuldensanteilen.

Das Paradies der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde

Je größer das Tier, desto größer der mögliche Schaden. Das jedenfalls könnte man bei Betrachtung einer Entscheidung denken, die vom Oberlandesgericht Hamm (OLG) gefällt wurde. Hier hatte ein Wallach beim Beschlagen der Hufe den Schmied getreten. Der zog sich dabei schwere Verletzungen zu, musste mehrfach operiert werden und ist bis heute in seiner Bewegungsfähigkeit eingeschränkt sowie arbeitsunfähig. Dafür forderte er vom Pferdehalter Schadensersatz, Schmerzensgeld und obendrein eine monatliche Rente. 

Das zunächst mit dem Fall beschäftigte Landgericht Hamm (LG) ging von einem Mitverschulden des erfahrenen Hufschmieds aus und kürzte die Forderungen um zwei Drittel. Mit dieser Haftungsquote war der Geschädigte jedoch nicht einverstanden und ging in Berufung. Hier entschied das OLG Hamm, dass aufgrund der Tierhalterhaftung ein ungekürzter Anspruch besteht. 

Wie sieht es bei Reitbeteiligungen aus? Pferdehalter können in einem schriftlichen Vertrag einen Haftungsverzicht des Reiters ausschließen. Schäden gegenüber Dritten können allerdings nicht ausgeschlossen werden.

Schrödingers Katze oder wenn die Mieze die Krallen wetzt

Die Haltung von Kleintieren wie Vögel, Fische oder Meerschweinchen in einer Mietwohnung ist grundsätzlich erlaubt. Für die Haltung von Hunden oder Katzen benötigt man die Zustimmung des Vermieters. Sosehr man sich als Mieter über die Zustimmung auch freut, sollte man immer im Hinterkopf behalten, dass Katzen ihre Krallen wetzen und dabei nicht immer den Kratzbaum verwenden.

Zudem können durch alltägliche Bewegungen der Boden oder die Wände beschädigt werden. Hier gilt: Für Abnutzungen aufgrund normaler Fortbewegung haftet der Mieter nicht. Für Schäden durch tiertypisches Verhalten wie z. B. das Kratzen an Türrahmen schon. Entscheidend ist jedoch, was individuell im Mietvertrag vereinbart wurde. Andernfalls kommt es darauf an, ob der Vermieter das Verhalten des Tieres kannte oder zumindest damit rechnen musste und ob er trotz seiner Kenntnis keine Einwände dagegen vorgebracht hat.

(COL)

Foto(s): ©Shutterstock.com

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