Trade Republic down! Scalable Capital down! Wie bekomme ich jetzt Schadensersatz?!

  • 12 Minuten Lesezeit

Bei den erheblichen technischen Störungen am 7. und 9. April 2025 bei den Online Brokern Trade Republic und Scalable Capital berichten Nutzer von Login-Problemen und ausgefallenen Transaktionen, was zu hohen Verlusten führte. Anleger können in solchen Fällen Schadensersatzansprüche gegen den Broker geltend machen, wenn die Störung auf Fahrlässigkeit des Brokers zurückzuführen ist.

Zivilrechtliche Ansprüche bei technischen Störungen

Am 7. und erneut am 9. April 2025 kam es beim Online Broker Trade Republic zu erheblichen technischen Störungen. Nutzer berichteten von Login-Problemen, fehlenden Kursdaten und der Unfähigkeit, Transaktionen durchzuführen – und das während eines massiven Kurssturzes an den Märkten. Allein am 7. April wurden über 8.000 Störungsmeldungen registriert!

Ähnliches berichten Anleger bei Scalable Capital

Die Schäden für die Anleger sind heftig: Aufträge wurden nicht oder zu spät ausgeführt. Viele unserer Mandanten berichten von Totalverlusten, oft im hohen fünf-stelligen, teils sogar sechs-stelligen Bereich.

Welche rechtlichen Ansprüche haben betroffene Anleger?

Grundsätzlich haftet ein Broker für Schäden, die durch technische Ausfälle entstehen, wenn diese auf Fahrlässigkeit zurückzuführen sind. Die Beweisführung kann schwierig sein. Anleger müssen nachweisen, dass sie ohne die Störung einen bestimmten Trade durchgeführt hätten und dadurch ein konkreter finanzieller Schaden entstanden ist.

Was sollten betroffene Nutzer jetzt tun?

  1. Dokumentation: Sichern Sie alle relevanten Informationen, wie Screenshots der Fehlermeldungen, Zeitpunkte der Störungen und geplante Transaktionen.
  2. Beschwerde einreichen: Die Online-Broker mauern. Der Form halber sollte aber eine Beschwerde an Trade Republic geschickt werden, verbunden mit einer Frist von 2 Wochen, den Schaden zu ersetzen.
  3. Anwalt aufsuchen: Um eine rechtsichere Geltendmachung Ihrer Schäden sicherzustellen, sollten Sie umgehend einen Anwalt aufsuchen. Dort erhalten Sie eine Beratung zu Ihren Möglichkeiten und – wichtig – es werden Fristen überwacht.

Rechtsprechung 

Online-Broker sind vertraglich verpflichtet, Kundenaufträge schnellstmöglich und ordnungsgemäß auszuführen. Kommt es aufgrund technischer Probleme zu einer Verzögerung oder Nichtausführung von Kauf- oder Verkaufsorders und erleidet der Kunde dadurch einen finanziellen Verlust, liegt darin grundsätzlich eine Pflichtverletzung des Brokers gem. § 280 Abs. 1 BGB. In solchen Fällen kann der Anleger Schadensersatzansprüche geltend machen, sofern der Broker das technische Versagen zu vertreten hat. Ein Verschulden des Brokers ist gegeben, wenn er z.B. durch unzureichende IT-Infrastruktur oder mangelhafte Vorkehrungen die Störung (mit-)verursacht hat.

In der Praxis wird meist eine vertragliche Haftung (aus dem Brokervertrag/Wertpapierhandelsvertrag) im Vordergrund stehen. Daneben kommt eine deliktische Haftung (§§ 823 ff. BGB) eher ausnahmsweise in Betracht, etwa wenn keine direkte Vertragsbeziehung besteht – was im Verhältnis Broker-Kunde selten der Fall ist. Wichtig: Der Broker schuldet dem Kunden zwar die sorgfältige Durchführung der Order, aber nicht den Erfolg der Transaktion selbst zu einem bestimmten Kurs. Er haftet also für Verzögerungen oder Fehler bei der Ausführung, nicht aber dafür, dass ein Geschäft immer zu den gewünschten Bedingungen zustande kommt.

Umfang des Schadensersatzes

Ein Schadensersatzanspruch zielt auf finanziellen Ausgleich des entstandenen Schadens (§ 249 BGB). Bei einem nicht ausgeführten Kauf kann dies der entgangene Gewinn sein – etwa die Wertsteigerung, die der Anleger verpasst hat. Bei einer nicht ausgeführten Verkaufsorder kann es der vermeidbare Verlust sein – etwa die Differenz zwischen dem Kurs zum Zeitpunkt der geplanten Veräußerung und dem später tatsächlich erzielten (niedrigeren) Kurs. Der Schadensumfang muss jedoch konkret ermittelt werden. Gerichte behelfen sich hierbei mit Indizien: Im „Consors“-Fall (OLG Nürnberg) nahm das Gericht an, der Kläger hätte die Aktien später verkauft, als er vergleichbare Papiere verkaufte – die Differenz musste der Broker ersetzen. Generell gilt: „Nicht realisierte“ Verluste oder Gewinne (reine Buchverluste) begründen noch keinen Schadensersatz – ein Schaden entsteht erst, wenn die Position später tatsächlich schlechter realisiert wird.

Mitverschulden des Anlegers?

Anleger müssen im Schadensfall mögliche Mitverschuldensvorwürfe (§ 254 BGB) beachten. Eigene Schritte zur Schadensminderung sind zumutbar. Beispielsweise sollte der Kunde alternative Handelswege nutzen, wenn die App streikt – etwa die Order telefonisch beim Broker aufgeben oder einen Zweitbroker nutzen. Unterlässt der Anleger solche Möglichkeiten, kann dies den Anspruch mindern. Allerdings kommt es auf den Einzelfall an: Im Consors-Fall verneinte das Gericht ein Mitverschulden des Anlegers, obwohl dieser nicht noch einmal zu anderem Zeitpunkt zum Kauf griff. Entscheidend war, dass den Kunden kein vorwerfbares Fehlverhalten traf, da primär das Systemversagen ursächlich war. Dennoch sollten Betroffene stets Störungen dokumentieren und dem Broker melden, um zu zeigen, dass sie ihren Teil zur Schadensabwehr getan haben.

Anforderungen an die Beweislast der Anleger

Die Beweislast für Pflichtverletzung und Schaden liegt beim Anleger. Er muss nachweisen, dass (1) eine technische Störung oder Fehlfunktion beim Broker vorlag, dass (2) er gerade deswegen eine Order nicht platzieren oder ausführen konnte, und dass (3) ihm daraus ein konkreter finanzieller Schaden entstanden ist. In der Praxis erfordert dies möglichst lückenlose Dokumentation:

  • Systemausfall belegen: Der Kunde sollte Screenshots von Fehlermeldungen oder Störungsmeldungen sichern. Auch Störungsprotokolle (z.B. Webseiten wie allestörungen.de) und Mitteilungen des Brokers können helfen, um den Zeitpunkt und die Dauer der Unerreichbarkeit zu belegen.

  • Geplante Order nachweisen: Es muss deutlich werden, welche Transaktion der Anleger ohne die Störung durchgeführt hätte. Optimal ist ein belegter Orderversuch (etwa ein Screenshot des aufgefüllten Ordertickets, das nicht abgesendet werden konnte) oder im Nachhinein eingeholte Bestätigungen von Zeugen.

  • Schaden quantifizieren: Der Kurs und Zeitpunkt, zu dem der Anleger gehandelt hätte, müssen ermittelt werden. Beispiel: „Ich hätte am 08.04. um 10:30 Uhr 100 Aktien X zum Marktpreis ca. 50 € verkauft, konnte aber erst am 09.04. zum Kurs 40 € verkaufen – Schaden pro Aktie 10 €.“ Wenn der Anleger die Position noch hält, ist Vorsicht geboten: Solange kein Verkauf stattgefunden hat, ist der Schaden ggf. (noch) nicht realisiert.

Diese Beweisführung ist anspruchsvoll. Ungewissheiten gehen zu Lasten des Klägers. Gerichte dürfen aber den Schaden auch schätzen (§ 287 ZPO), wenn die grundsätzliche Haftung feststeht. So wurde im oben genannten Fall der entgangene Gewinn anhand eines späteren Verkaufstags bestimm. Entscheidend ist, überhaupt belastbare Anhaltspunkte zu liefern, dass ohne die Störung ein besseres Ergebnis erzielt worden wäre.

Bedeutung der AGB und technischer Hinweise der Broker

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) der Broker spielen eine zentrale Rolle. Viele Online-Broker nehmen in ihren AGB Haftungsbeschränkungen auf, z.B. Klauseln, die bei technischen Störungen die Haftung begrenzen oder ausschließen. Diese Klauseln sind jedoch rechtlich Grenzen gesetzt: Insbesondere dürfen Kernpflichten des Vertrags nicht pauschal ausgeschlossen werden (§ 309 Nr. 7 BGB). Der Bundesgerichtshof (BGH) hat bereits entschieden, dass ein Broker/Bank sich vertraglich nicht generell von der Pflicht zur Orderausführung freizeichnen kann.

Beispiel: Die Postbank verwendete eine Klausel, wonach „zeitweilige Beschränkungen und Unterbrechungen“ des Online-Banking möglich seien (u.a. durch höhere Gewalt, Wartung oder „sonstige Vorkommnisse“) – im Ergebnis wollte die Bank jede Haftung für Online-Zugangsstörungen ausschließen. Der BGH kassierte diese Klausel als unwirksam. Ein derartiger Haftungsausschluss ohne Rücksicht auf eigenes Verschulden der Bank sei unzulässig. Die Bank müsse vielmehr geeignete Vorkehrungen für die Funktionsfähigkeit und Betriebssicherheit ihres IT-Systems treffen und für eigenes Versagen einstehen. Pauschale Freizeichnungen für technische Störungen sind also rechtswidrig.

Zulässig sind in AGB allenfalls präzise und angemessene Haftungsbegrenzungen, etwa auf Fälle leichter Fahrlässigkeit und typischerweise vorhersehbarer Schäden. Auch der Hinweis auf höhere Gewalt (z.B. Stromausfall, Naturkatastrophen) ist erlaubt – solche Ereignisse entziehen sich der Kontrolle des Brokers. Nicht zulässig ist es jedoch, sich auf „Überlastung“ oder externe technische Probleme pauschal zu berufen. Nach höchstrichterlicher wie obergerichtlicher Rechtsprechung muss ein Broker auch bei großem Kundenansturm die Systemkapazität im Griff haben. Er kann die Verantwortung nicht einfach auf Drittanbieter oder Netzbetreiber abwälzen. So hat z.B. das OLG Nürnberg entschieden, dass ein Discount-Broker für das Verschulden von Erfüllungsgehilfen (z.B. IT-Dienstleister) haftet und Verzögerungen durch Dritte nicht als Entschuldigung vorschieben darf.

Technische Hinweise der Broker (etwa auf Webseiten oder in App-Bannern) während Störungen können zwar kundenfreundlich sein, begründen aber meist keine eigenen Rechte oder Pflichten, sondern dienen der Information. Wichtig ist eher, was in den AGB vereinbart ist: Einige Broker haben Klauseln, die ihnen etwa das Recht geben, bei außergewöhnlicher Marktlage den Handel zeitweise auszusetzen. Ob solche Klauseln zulässig sind, richtet sich nach den genannten Grundsätzen – sie dürfen nicht unbillig den Kunden benachteiligen (§ 307 BGB). Im Zweifel würden Gerichte genau prüfen, ob eine Handelsaussetzung angemessen und angekündigt war. Auch gilt: Informationspflichten treffen den Broker immer. Er muss bei einer gravierenden Störung die Kunden soweit möglich unverzüglich informieren, z.B. durch eine Meldung in der App oder per E-Mail. So können sich Kunden auf die Situation einstellen (etwa andere Kanäle nutzen). Versäumt der Broker zumutbare Hinweise, kann dies die Verletzung von Nebenpflichten (§ 241 Abs. 2 BGB) darstellen – was den Schadensersatzanspruch zusätzlich stützen kann. Zwar gibt es hierzu noch wenig spezifische Rechtsprechung, doch entspricht es der allgemeinen Pflicht, Transparenz über Performance-Probleme herzustellen.

Regulatorische Pflichten nach WpHG, MaRisk & Co.

Online-Broker unterliegen strengen aufsichtsrechtlichen Vorgaben, die der Stabilität und Zuverlässigkeit des Betriebs dienen. Nach § 63 Abs. 1 WpHG sind Wertpapierdienstleistungsunternehmen verpflichtet, im bestmöglichen Interesse ihrer Kunden zu handeln – dazu gehört implizit, Aufträge ordnungsgemäß und zügig auszuführen. Ferner verlangen die organisatorischen Pflichten (z.B. § 82 WpHG, § 25a KWG), dass Institute eine ordnungsmäßige Geschäftsorganisation haben, die auch einen verlässlichen technischen Betrieb sicherstellt. Die BaFin betont, dass Broker ihre Dienstleistungen selbst in Phasen außerordentlicher Marktvolatilität stabil anbieten können müssen. Die erforderliche Infrastruktur (Serverkapazitäten, Notfallsysteme, Backup-Leitungen etc.) ist vom Institut bereitzuhalten.

Konkretisiert werden diese Pflichten durch Verwaltungsvorschriften wie die MaRisk (Mindestanforderungen an das Risikomanagement) und spezielle IT-Standards (z.B. BAIT – Bankaufsichtliche Anforderungen an die IT). Danach muss ein Broker u.a. ein funktionierendes Notfallkonzept haben, Ausfallrisiken monitoren und geeignete Vorsorgemaßnahmen treffen, um den Geschäftsbetrieb bei technischen Störungen aufrechtzuerhalten. Wiederholte oder vermeidbare Systemausfälle können ein Indiz für Mängel in der Geschäftsorganisation sei. Die Aufsicht kann in solchen Fällen einschreiten: Die BaFin wird ein beaufsichtigtes Unternehmen auffordern, die Mängel abzustellen. In schweren Fällen oder bei Uneinsichtigkeit drohen auch aufsichtsrechtliche Sanktionen – von Auflagen über Bußgelder bis hin zu Maßnahmen gegen Geschäftsleiter.

Neben der Pflicht zur Stabilität besteht auch eine Transparenzpflicht gegenüber der Aufsicht. So mussten nach massenhaften Beschwerden in der GameStop-Episode 2021 mehrere Neo-Broker der BaFin ausführlich Stellung zu den Vorwürfen nehme. Die BaFin prüft dann, ob z.B. ein Verstoß gegen das WpHG oder gegen die Marktintegrität (Marktmissbrauchsverordnung) vorliegt. Interessenkonflikte müssen offen kommuniziert werden – etwa wenn ein Broker aus eigenen Motiven den Handel einschränkt.

Wichtig für Anleger: Aufsichtsrecht schützt vorrangig die kollektiven Interessen. Ein Verstoß (etwa fehlende Redundanz im System, Verstoß gegen MaRisk) kann zwar ein starkes Indiz für Fahrlässigkeit des Brokers im Zivilprozess sein. Doch individuelle Schadensersatzansprüche müssen vom Kunden selbst vor Gericht durchgesetzt werden. Die BaFin entscheidet keine Einzelfälle und kann dem Anleger keinen direkten Ausgleich zusprechen. Allerdings erhöht eine festgestellte Aufsichtsrechtsverletzung den Druck auf den Broker und kann die Verhandlungsposition geschädigter Kunden stärken.

Beschwerden und Schlichtungsverfahren

Bevor der Gerichtsweg beschritten wird, sollten Anleger alle außergerichtlichen Möglichkeiten nutzen. 

  • Zunächst ist es ratsam, sich schriftlich beim Broker zu beschweren und eine Stellungnahme zu den Vorkommnissen zu verlangen. Viele Broker haben dafür dedizierte Beschwerdeabteilungen. In der Beschwerde sollten konkret Datum, Uhrzeit und Art der Störung sowie der geltend gemachte Schaden benannt werden. Bleibt die Reaktion unbefriedigend, kann der Kunde weitere Schritte ergreifen: 
  • Beschwerde bei der BaFin: Die BaFin nimmt Beschwerden von Kunden entgegen und nutzt diese als Aufsichtsindikator. Viele gleichartige Beschwerden – etwa über Handelsausfälle – veranlassen die BaFin, den Sachverhalten nachzugehen. Zwar führt eine BaFin-Beschwerde nicht direkt zu Schadenersatz, aber sie kann Druck auf den Broker ausüben und ggf. zu Maßnahmen führen, die dem Kunden mittelbar helfen (z.B. Verbesserungen im System).  Aber: Die BaFin ist nicht für die jeweiligen Einzelfälle zuständig und kann dem Anleger keinen Schadensersatz zusprechen. Wegen der Amtsverschwiegenheit erhält der einzelne Beschwerdeführer meist keine detaillierte Rückmeldung zu Ergebnissen. Dennoch ist die Meldung an die Aufsicht ein sinnvoller Schritt, um Probleme zu adressieren.

  • Klageweg: Führt all das nicht zum Erfolg, bleibt der Klageweg vor den Zivilgerichten. Hier gelten die oben dargestellten Beweisanforderungen. Es empfiehlt sich, einen auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierten Anwalt einzuschalten – oft zeigen Broker bereits auf anwaltliche Aufforderungsschreiben hin Vergleichsbereitschaft, um einen öffentlichkeitswirksamen Prozess zu vermeiden. In der Praxis haben einige geschädigte Kunden in der Vergangenheit außergerichtlich Teilentschädigungen erhalten, wenn die Beweislage für den Broker riskant schien. Eine Klage sollte insbesondere rechtzeitig vor Eintritt der Verjährung (regelmäßig 3 Jahre ab Jahresende des Schadensfalls) erhoben oder durch Schlichtung gehemmt werden.

Übersicht: Wichtige deutsche Urteile zu Broker-Haftung bei Störungen

Aktenzeichen (Gericht, Jahr)SachverhaltEntscheidung
14 O 9971/98 (LG Nürnberg-Fürth, 1999)Ein Online-Broker warb in Prospekten mit „besonders schneller Orderausführung“. Während starker Marktbewegung kam es jedoch zu erheblicher Verzögerung bei der Weiterleitung einer Kundenorder. Dadurch wurde das Limit überschritten und der Auftrag nicht ausgeführt.Das LG wertete die Werbeaussage als Vertragsbestandteil und stellte klar, dass der Broker zur unverzüglichen Bearbeitung von Kundenaufträgen verpflichtet ist. Die verspätete Orderweiterleitung wurde als vertragliche Pflichtverletzung angesehen. Der Broker wurde dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet (Haftung für den entstandenen Verlust durch die verpasste Ausführung).
8 U 36/03 (OLG Nürnberg, 2003)Beim Direktbroker Consors konnte eine Kauforder wegen technischer Probleme bei einem beauftragten IT-Dienstleister nicht rechtzeitig an die Börse übermittelt werden. Das Kundenlimit war deshalb beim Eintreffen überschritten, das Geschäft kam nicht zustande. Der Kunde verlangte Ersatz für den entgangenen Gewinn.Das OLG entschied, dass der Broker für technische Pannen haftet, selbst wenn ein externer Dienstleister sie verursacht hat. Consors wurde zur Zahlung von ca. 6.900 € Schadensersatz verurteilt. Der Broker kann sich nicht auf Überlastung oder Drittschuldner berufen und muss entgangenen Gewinn ersetzen. Kein Mitverschulden des Kunden, da ihn an der Nichterteilung des Auftrags kein Verschulden traf. Dieses Urteil sorgte branchenweit für Aufsehen und stellte klar, dass Online-Broker für verzögerte Orderausführung haften müssen.
XI ZR 138/00 (BGH, 2000)Der Verbraucherschutzverein klagte gegen eine Klausel der Postbank-AGB für Online-Banking. Die Klausel schloss die Haftung für zeitweilige Beschränkungen/Unterbrechungen des Online-Zugangs aus (u.a. wegen höherer Gewalt, Wartung, „sonstiger Vorkommnisse“). De facto wollte die Bank nicht für Systemausfälle im Online-Zugang einstehen.Der BGH erklärte die Klausel für unwirksam. Ein genereller Haftungsausschluss für technische Störungen, unabhängig vom Verschulden der Bank, benachteiligt Kunden unangemessen und ist mit wesentlichen Vertragspflichten unvereinbar. Die Bank ist aus dem Online-Banking-Vertrag verpflichtet, für Betriebssicherheit des eigenen Systems zu sorgen, und kann sich nicht durch AGB von selbstverschuldeten technischen Störungen freizeichnen. Folge: Auch ohne konkrete Schadensberechnung wurde klargestellt, dass bei künftigen Ausfällen eine Haftung grundsätzlich besteht, sofern die Bank die Ursache zu vertreten hat.
14 O 427/13 (LG Köln, 2014)Beispiel Informationspflicht(Fiktives Beispiel zur Veranschaulichung) Ein Broker erlitt einen mehrstündigen Systemausfall, informierte die Kunden jedoch erst am Folgetag über die Nichtausführbarkeit ihrer Orders. Ein Anleger verpasste mangels Information alternative Verkäufe und forderte Schadenersatz.Das Gericht betonte die Informationspflicht bei Ausfällen: Ein Broker muss Kunden zeitnah über erhebliche Störungen und offene Orders informieren. Im Beispiel hätte eine sofortige Systemmeldung oder E-Mail erfolgen müssen. Durch die verspätete Information habe der Broker eine Nebenpflicht verletzt, was den Schadensersatzanspruch des Kunden zusätzlich stütze. (Hinweis: Dieses Beispielurteil dient der Illustration typischer Erwägungen, da einschlägige veröffentlichte Rechtsprechung zur Informationspflicht selten ist.)

Anmerkung: Die obige Tabelle enthält wegweisende Entscheidungen. Daneben gab es weitere Fälle (z.B. LG Frankfurt a.M. 2017 zu Verlusten auf einer Tradingplattform), die jedoch häufig einzelfallbezogen sind. Generell zeigen die Urteile, dass Online-Broker in Deutschland nicht risikolos beliebige Störungen hinnehmen dürfen, sondern verfügbare, stabile Handelssysteme schulden und bei Versäumnissen auch haften müssen. Gleichzeitig wird von Kunden erwartet, dass sie aktiv Beweise sichern und zumutbare Gegenmaßnahmen ergreifen, um ihre Rechte erfolgreich durchzusetzen.


Rechtsanwalt Johannes Goetz, Partner der Kanzlei Klamert & Partner PartGmbB, München, ist seit 2012 im Bank- und Kapitalmarktrecht außergerichtlich und vor sämtlichen deutschen, Amts-, Land- und Oberlandesgerichten erfolgreich tätig und konnte zu Gunsten geschädigter Anlege eine Vielzahl an Urteilen gegen Banken, Finanzvermittler und Online-Broker erstreiten. 

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