Trunkenheitsfahrt § 316 StGB auf E-Scooter – Fachanwalt hilft bei drohender Entziehung der Fahrerlaubnis

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Sie sind trendy, sportlich, leicht zu handhaben, günstig zu erwerben und als Leihgeräte in großen Städten jederzeit an jeder Ecke frei verfügbar für eine spontane Fahrt anzumieten: E-Scooter. Doch wehe der Roller mit Elektroantrieb wird unter dem Einfluß von Alkohol oder Drogen geführt – dann droht die Bestrafung wegen einer Trunkenheitsfahrt gemäß § 316 StGB oder gar Straßenverkehrsgefährdung gemäß § 315c StGB. Doch es kommt noch schlimmer: Eine Entziehung der Fahrerlaubnis für selten weniger als 12 Monate steht als Maßregel im Raum. Rechtsanwalt Heiko Urbanzyk aus Coesfeld (bei Ahaus, Borken, Reken, Gescher) erklärt nachfolgend in gebotenem Umfang die Rechtslage und Tatfolgen.


E-Roller als Kraftfahrzeug im Sinne des StGB

Ausgefochten ist der Streit um die Bewertung des E-Scooters als „Kraftahrzeug“ im Sinne der Trunkenheitsdelikte im Straßenverkehr. Hierüber darf sich kein Beschuldigter Illusionen machen.


Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit: 1,1 Promille

Eine absolute Fahruntüchtigkeit liegt bei E-Scootern wie bei Autos oder LKW ab 1,1 Promille Blutalkoholkonzentration (BAK) vor. Versuche von Verteidigern und vereinzelten Gerichten, den Grenzwert denen von Fahrrädern (1,6 BAK) anzugleichen und in der Rechtsprechung durchzusetzen sind gescheitert. Ob der Gesetzgeber hier korrigierend eingreifen wird und den Grenzwert erhöht sei dahingestellt und spielt für jetzige Tatvorwürfe keine Rolle.

Unterhalb von 1,1 Promille gilt die sogenannte relative Fahrunsicherheit. Es müssen hier zu der Alkoholisierung alkoholbedingte Ausfallerscheinungen hinzutreten. Dies könnten – abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls – Schlangenlinien während der Fahrt sein ebenso wie grobe Verkehrsverstöße. Ein Strafverteidiger wird im Einzelfall entsprechenden Vorwürfen der Polizei argumentativ entgegentreten. Im Bereich relativer Fahruntauglichkeit bieten sich regelmäßig gute Verteidigungsargumente für erfahrene Taktiker.   

         

Entziehung der Fahrerlaubnis – Gerichte völlig uneinig 

Ist der Nachweis einer strafbaren Trunkenheit beim Führen des E-Scooters nicht zu verhindern, haben vor allem Ersttäter regelmäßig „nur“ mit Geldstrafen zu rechnen. Zumeist bleibt die spannendste Frage des Täters daher, ob ihm als Maßregel zusätzlich die Fahrerlaubnis (ggf. vorläufig bereits vor einer Verurteilung) entzogen werden darf. Dies ist hoch streitig und bundesweit je nach Landgerichts- oder Oberlandesgerichtsbezirk unterschiedlich.    

Einige Gerichte sind der Auffassung, die Entziehung der Fahrerlaubnis sei ohne Weiteres möglich, wenn nicht ganz besondere Ausnahmegründe vorliegen, die gegen die Entziehung sprechen.  

Nach einer anderen Auffassung kommt selbst im Falle der Verurteilung gemäß § 316 StGB eine Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 69 StGB nicht in Betracht. Die Fahrerlaubnisentziehung bei Trunkenheitsfahrten ist gesetzlich lediglich aufgrund einer Indizwirkung des Tatbestands an sich möglich. Die Indizwirkung ist widerleglich durch besondere Umstände, die den konkreten Einzelfall vom Regelfall abweichen lassen.

Gerade im Falle der Trunkenheitsfahrt mit dem E-Roller entwickelt sich – in technischer Hinsicht zurecht – die Auffassung, daß die Indizwirkung insbesondere deswegen abzulehnen ist, weil E-Scooter gegenüber einspurigen Kraftfahrzeugen eine verringerte abstrakte Gefährlichkeit aufweisen und angesichts ihres Gewichts und der erreichbaren Geschwindigkeit lediglich mit der Gefährlichkeit eines Pedelecs oder eines konventionellen Fahrrads zu vergleichen sind.

Aber auch unter Beiseiteschieben der Frage zur generellen Anwendbarkeit des § 69 Abs. 2 StGB auf E-Roller ist die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht dringend zu befürchten, wenn weitere entlastende Indizien vorliegen, welche im Zeitpunkt der Hauptverhandlung den Schluß zulassen, daß die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen (wieder) besteht. Daher wird bei einer Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter in aller Regel zu prüfen sein, ob daraus auf eine Verantwortungslosigkeit des Beschuldigten geschlossen werden kann, die mit einer Trunkenheitsfahrt mit „klassischen“ Kraftfahrzeugen vergleichbar ist.


Im Einzelfall spricht gerade gegen die Indizwirkung und damit gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis:

  • wenn eine vergleichsweise kurze Strecke zurückgelegt wurde
  • wenn es zu keiner konkreten Gefährdung von Sachen oder Personen über die abstrakte Gefahr der Trunkenheitsfahrt hinaus kam
  • wenn keine verkehrsrechtlichen Vorbelastungen bestehen bzw. nicht vorbestraft, über viele Jahre unbeanstandet am Straßenverkehr teilgenommen wurde
  • wenn wenig frequentierter Weg befahren, obschon weitere Zeugen anwesend
  • weiter wird es gegebenenfalls auf die konkreten technischen Daten des geführten E-Rollers ankommen


Die Entziehung der Fahrerlaubnis – faktisch unsinnige Maßregel bei E-Scooter

Es darf nicht die Unsinnigkeit verkannt werden, daß die (ggf. sogar vorläufige) Entziehung der Fahrerlaubnis dazu führt, daß ein Betroffener zwar das Tatwerkzeug E-Roller jederzeit führen darf, hingegen keinen PKW mehr. Aus der Trunkenheitsfahrt jedoch zu schließen, daß der Fahrer eines fahrerlaubnisfreien E-Scooters automatisch in Zukunft alkoholisiert ein fahrerlaubnispflichtiges Fahrzeug, insbesondere ein Auto oder LKW führen wird, ist lebensfremder Irrglaube deutscher Richter und Staatsanwälte. Dass eventuell der Fahrer mit einem E-Scooter unterwegs war, weil er eventuell gerade bewusst auf die Nutzung eines fahrerlaubnispflichtigen Fahrzeuges verzichtet hat, weil er die Nutzung eines Autos als deutlich gefährlicher erkannt hatte, wird bei der aktuellen Rechtsaufassung der Gerichte völlig außer Acht gelassen.


Nicht verzagen - Fachanwalt fragen!

Gegen diese Blindheit weiter juristischer Kreise zulasten der Beschuldigten, lohnt es sich regelmäßig, unter Zurhilfenahme eines versierten Strafverteidigers anzukämpfen. Rechtsanwalt H. Urbanzyk mit Kanzleisitz in Coesfeld (bei Olfen, Lüdinghausen, Bocholt) verteidigt bundesweit Mandanten gegen den Vorwurf der Trunkenheit im Straßenverkehr auf dem E-Scooter. Auf Wunsch ist die gesamte Mandatsbearbeitung auf Distanz digital und telefonisch möglich. Nehmen Sie gerne gleich hier über anwalt.de Kontakt zum Fachanwalt für Strafrecht und Verkehrsrecht auf.

Foto(s): Heiko Urbanzyk

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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