TUIfly streicht Flüge und will Betroffene nicht entschädigen

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Am Freitag, den 7.10.2016 stellt TUIfly seinen Flugbetrieb kurzzeitig ein. Wie auf der Homepage des Unternehmens angekündigt wird, fallen über 108 Flüge aus.

Bereits am 6.10.2016 fielen fast die Hälfte der vorgesehenen 119 Flüge aus.

Betroffen ist auch airberlin, für die TUIfly Flüge durchführt. Am 6.10.2016 führte TUIfly keinen der geplanten 90 Flüge durch. Wie der Nachrichtensender n-tv auf seiner Homepage berichtet, gelang es AirBerlin, mit Hilfe anderer Crews 30 der Flüge durchzuführen.

Keine Entschädigung für betroffene Passagiere

Den Flugpassagieren, die von den Annullierungen der Flüge betroffen sind, will TUIfly keine Entschädigung zahlen, wie das Unternehmen unter Berufung auf höhere Gewalt mitteilt.

Begründet wird dies mit den massenhaften kurzfristigen Erkrankungen der Crewmitglieder. Reiserechtsexperten sehen in den massenhaften Erkrankungen jedoch keinen Grund, die nach der Fluggastrechteverordung vorgesehenen Entschädigungen zu verweigern.

Denn gem. Art. 5 Abs. 3 EU-Fluggastrechteverordnung müsste TUIfly nur dann keine Entschädigungen leisten, wenn „die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.“ Die meisten Reiserechtsexperten sehen in einer Erkrankung der Crew keinen außergewöhnlichen Umstand, der dazu berechtigt, Entschädigungsleistungen zu verweigern. Ein Urteil des LG Darmstadt aus dem Jahr 2011 befasste sich mit dem Thema Erkrankung von Crewmitgliedern.

Das LG Darmstadt führt dazu in seinem Urteil vom 06. April 2011 – 7 S 122/10 aus:

„Auch die Erkrankung eines Crew-Mitgliedes … führt nicht nach Art. 5 Abs. 3 der EG-VO zum Wegfall der Leistungspflicht. Es ist allein der betrieblichen Sphäre der Fluggesellschaft zuzurechnen, wenn ein bei ihr beschäftigter Mitarbeiter erkrankt und deshalb seine vorgesehenen Aufgaben nicht wahrnehmen kann. Es kommt dabei auch nicht darauf an, welche Ursache dieser krankheitsbedingte Ausfall hat, ob es sich also wie etwa bei einer bakteriellen Erkrankung oder einer Virusinfektion um eine Einwirkung auf den menschlichen Körper „von außen“ handelt, es um eine chronische Krankheit, unfallbedingte Verletzungen oder aber um einen wie etwa bei übermäßigem Alkoholgenuss von dem Mitarbeiter selbst veranlassten Ausfall geht. Vielmehr ist die Erkrankung eines Crew-Mitgliedes jedenfalls dann, wenn sie nicht durch einen Sabotageakt (etwa einen Terroranschlag) von außen durch Dritte verursacht worden ist, ein Umstand, der sich in der betrieblichen Sphäre der Fluggesellschaft immer ereignen kann und deshalb nicht „außergewöhnlich“ im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der EG-VO ist.“

Ansprüche wegen Annullierung

Die sog. Fluggastrechteverordnung sieht als Entschädigungsleistungen u. a. vor, dass von Flugstreichungen betroffene Passagiere Ausgleichszahlungen zwischen 250 € und 600 € erhalten, je nach Flugstrecke. Daneben können Passagieren folgende Ansprüche zustehen:

  • Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit,
  • Hotelunterbringung, falls
    • ein Aufenthalt von einer Nacht oder mehreren Nächten notwendig ist oder
    • ein Aufenthalt zusätzlich zu dem vom Fluggast beabsichtigten Aufenthalt notwendig ist,
  • Beförderung zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung (Hotel oder Sonstiges).

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