Übertragung von Standard Life-Versicherungsverträgen – Nachteile für Versicherungsnehmer

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Die britische Versicherungsgesellschaft Standard Life Assurance Limited hat nahezu 600.000 Versicherungsnehmer darüber informiert, dass sie deren Lebensversicherungsverträge auf eine Tochtergesellschaft mit Sitz in Irland übertragen möchte.

Ihre – laut Eigenwerbung – „vorrangige Aufgabe, die Kontinuität unserer Leistungen für unsere Kunden sicherzustellen“, könne die Versicherungsgesellschaft, so wörtlich, „am ehesten“ dadurch erreichen, dass EU-Kunden von der Standard Life Assurance Limited im Vereinigten Königreich auf Standard Life International DAC in Dublin, Irland, übertragen werden.

Verlust von EU-Rechten durch den Brexit

Hintergrund ist der folgende: Mit Vollzug des Brexit scheidet das Vereinigte Königreich aus der EU aus. Mit dem Ausscheiden verliert das Vereinigte Königreich die Rechte eines EU-Mitgliedstaats, unter anderem die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 ff. AEUV) und die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 ff. AEUV).

Von diesem Rechtsverlust betroffen sind auch im Gebiet des Vereinigten Königreichs ansässige Unternehmen – unter anderem auch die Standard Life Assurance Limited mit Sitz in Edinburgh, Schottland. Für die Standard Life Assurance Limited könnte dies zur Folge haben, dass sie im Gebiet der EU neue Verträge nicht mehr oder nur zu erschwerten Bedingungen verkaufen kann.

Um dem vorzubeugen, plant die Standard Life Assurance Limited eine Übertragung des Euro-Geschäfts auf eine neu gegründete Gesellschaft mit Sitz auf dem Gebiet der EU. Von der Übertragung umfasst sind auch zahlreiche bestehende Lebensversicherungsverträge mit Kunden in Deutschland. Bei der neuen Gesellschaft handelt es sich um die Standard Life International Designated Activity Company (DAC) mit Sitz in Dublin, Irland.

Der Übertragung vorausgesetzt ist eine gerichtliche Genehmigung. Laut Mitteilung der Standard Life Assurance Limited wurde eine entsprechende Petition bereits am 25.09.2018 beim schottischen Zivilgericht Court Of Session eingereicht.

Die abschließende Gerichtsverhandlung ist laut Informationen der Standard Life Assurance Limited angesetzt für den 19.02.2019. Anfang 2019 sollen laut Mitteilung der Versicherung dann bereits die betroffenen Versicherungsverträge auf die Standard Life International (DAC) übertragen werden.

Wegfall des Insolvenzschutzes des gesetzlichen Entschädigungsfonds des Vereinigten Königsreichs

Zwar betont die Standard Life Assurance Limited, dass ihre Kunden im Alltag keine Unterschiede in der Verwaltung ihres Versicherungsvertrags bemerken würden. Jedoch geht mit der Übertragung für die Versicherungsnehmer ein wesentlicher Nachteil einher: Im Insolvenzfalle unterstehen die Versicherungsnehmer nicht mehr dem Schutz des gesetzlichen Entschädigungsfonds im Vereinigten Königreich, des FSCS.

Der FSCS (Financial Services Compensation Scheme) garantiert 100 Prozent der Ansprüche aus Lebensversicherungen, die von Versicherungsgesellschaften mit Sitz im Vereinigten Königreich gezeichnet wurden, wenn diese insolvent werden. Im Fall einer Insolvenz von Standard Life International erhalten Versicherungsnehmer keine Entschädigung durch den FSCS.

Welche Möglichkeiten haben Sie als betroffener Versicherungsnehmer?

Die Standard Life Assurance Limited weist darauf hin, dass das Gericht bei der Gerichtsverhandlung zur Genehmigung des Übertragungsplans – so wörtlich – „wahrscheinlich auch Einwände gegen den Übertragungsplan berücksichtigen wird, die ihm schriftlich oder persönlich unterbreitet werden“.

Das genaue Datum der Genehmigungsverhandlung wird, sobald bekannt, auf der Webseite Standard Life Assurance Limited veröffentlicht werden. Angesichts des drohenden Verlusts einer Sicherung von Ansprüchen im Insolvenzfall erscheint diese Möglichkeit zur Geltendmachung seiner Einwände wenig befriedigend.

Die uns bislang zur Prüfung vorgelegten Verträge unterliegen deutschem Recht, daher müssen sich betroffene Verbraucher unseres Erachtens nicht an ein schottisches Gericht verweisen lassen.

Betroffenen Versicherungsnehmern wird daher dringend empfohlen, sich an eine Rechtsanwaltskanzlei, an die Verbraucherzentrale ihres Bundeslandes, die Verbraucherzentrale Bundesverband oder an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zu wenden.

Dr. Daniel A. Borst 

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht


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