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Unaufklärbarkeit eines Unfalls bedeutet nicht immer 50/50 Haftung

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Angelehnt an das von mir erstrittene Urteil vom 09.08.2023 Amtsgericht Völklingen, Az.: 5 C 195/22 (14)


Grundsätzlich ist es so, dass immer dann, wenn ein Unfallhergang nicht aufklärbar ist, eine Schadenverteilung von 50:50 vorgenommen werden muss (vgl. OLG Zweibrücken, Urteil v. 29.06.2016, Az.: 1 U 14/15).

Maßgeblich für die Frage der Verursachung bei zwei am Unfall beteiligten Kraftfahrzeugen sind die von diesen Fahrzeugen ausgehenden Betriebsgefahren. Von jedem Kraftfahrzeug, das sich in Betrieb und im öffentlichen Verkehrsraum befindet, geht eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer aus, die anhand der Umstände des Einzelfalles zu bestimmen ist. Aufgrund dieser Betriebsgefahr besteht grundsätzlich eine verschuldensunabhängige Haftung des Halters.

Diese Haftung bei der Beteiligung zweier Kraftfahrzeuge lässt sich am besten durch das sog. Waagemodell erläutern. Beide am Unfall beteiligten Kraftfahrzeuge weisen für sich gesehen eine Betriebsgefahr auf, die grundsätzlich als gleich hoch zu bewerten sind. Dies führt dazu, dass zu Lasten beider Fahrzeughalter/-führer grundsätzlich ein gleich großer Haftungsanteil besteht.


Ein Kraftfahrzeugführer kann sich jedoch im Straßenverkehr so verhalten, dass er eine erhöhte Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer schafft.


Genau solch einen Fall haben wir vor dem Amtsgericht Völklingen geführt.


Nach durchgeführter Beweisaufnahme (Parteien, Zeugen und Sachverständigengutachten) konnte das Gericht den Unfallhergang nicht aufklären.


Im Anschluss an das Sachverständigengutachten, welches von einer Unaufklärbarkeit des Unfalls ausging, nahm ich ausführlich Stellung zu den markierten Punkten:


Es stellt sich bei Verkehrsunfällen immer noch die Frage, ob ein Verursachungsbeitrag durch spezifische Besonderheiten des Fahrzeugs (hier: gegnerisches Fahrzeug war eine Arbeitsmaschine der Stadt) erhöht werden, Einrichtungen des Fahrzeugs versagten oder mangelhaft waren, Verstöße gegen die StVO (hier: gegnerisches Fahrzeug stand vor der Lichtzeichenanlage schräg auf der rechten Fahrspur) begangen worden sind und ob dem Fahrer ein Verschulden (insbesondere im Hinblick auf die Gesamtumstände) anzulasten ist (Kirchhoff MDR 1998, 12).


Ergebnis:


Auch wenn die gegnerische Versicherung von einer Unaufklärbarkeit des Unfallhergangs ausgeht, bedeutet dies nicht zwangsläufig das es zu einer 50/50-Haftung kommt.


Letztlich kommt es - wie so oft - auf den Einzelfall an.


Im vorliegenden Fall konnten wir dafür sorgen, dass das Amtsgericht von einer Haftung von 75% zu Lasten des Beklagten ausging.



Wenn Sie auch einen Verkehrsunfall hatten, wenden Sie sich unverzüglich an einen Fachmann. Im besten Fall kann die entsprechende Haftungsquote schon außergerichtlich bestimmt werden.


Selbstverständlich stehe ich Ihnen als Rechtsanwalt für eine Einzelfallberatung und Vertretung in Fragen zu Verkehrsunfällen zur Verfügung.

Foto(s): @Canva

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