Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort: Parkrempler kostet Führerschein!

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Das weiß doch jedes Kind: Unfallflucht ist strafbar. Aber den wenigsten sind die Verpflichtungen bekannt, die Paragraf 142 des Strafgesetzbuchs (StGB) allen Verkehrsteilnehmern – auch Radfahrern und Fußgängern – auferlegt, und welche weitreichenden Konsequenzen ein Verstoß haben kann.

Reicht es, wenn Unfallbeteiligung nur möglich ist

Immer dann, wenn sich ein Verkehrsunfall ereignet hat und man hieran beteiligt sein könnte, hat man die erforderlichen Feststellungen gegenüber den anderen Beteiligten zu ermöglichen. Unterlässt man dies, drohen Geldstrafen in Höhe von – für den Ersttäter – eineindrittel Monatsnettoeinkommen und je nach Verletzungen beziehungsweise Höhe des Schadens anderer, Entziehung der Fahrerlaubnis für etwa ein Jahr.

Öffentlicher Straßenverkehr fast überall

Im öffentlichen Straßenverkehr muss nicht völlig belangloser Fremdschaden entstanden sein. Öffentlich ist jeder Bereich, in den man ohne spezielle Zugangsberechtigung gelangen kann. Hierzu zählen auch öffentliche Parkhäuser, Gelände von Kfz-Werkstätten und Firmen mit Kundenverkehr oder private Stellplätze ohne Einfahrtsschranke oder zu verschließendem Tor. Die Grenze zur „völligen Belanglosigkeit“ liegt bei 50 Euro. Beispielsweise ein lediglich verbogenes Kfz-Kennzeichen würde diese nicht überschreiten. Sobald andere Fahrzeugteile oder Gegenstände (Verkehrsschilder, Zäune oder Häuserwände) beschädigt oder Menschen verletzt wurden, muss man sofort die Polizei – möglichst das örtlich zuständige Revier – anrufen und dieser oder anderen Beteiligten seine Personalien und die Art der Unfallbeteiligung mitteilen. Ist ein Anruf nicht möglich, muss auf einen Feststellungsberechtigten gewartet werden. Wie lange auf den Geschädigten oder die Polizei im Einzelfall zu warten ist, hängt von den Umständen ab. Je nach Art und Schwere des Schadens, Verkehrsdichte, Tageszeit, Witterung, ob und wann mit dem Erscheinen feststellungsbereiter Personen zu rechnen ist sowie der Möglichkeit, den Geschädigten aufzufinden, bestimmt sich die Wartezeit. Es werden zirka 20 bis 60 Minuten verlangt. Unter „Art der Unfallbeteiligung“ versteht man nicht etwa ein Schuldeingeständnis, sondern die Angabe, Fahrer eines bestimmten Fahrzeugs oder Fußgänger zu sein, wegen zum Beispiel dessen Straßenüberquerung es zum Unfall eines ausweichenden Autos gekommen sein soll. Das Hinterlassen eines Zettels reicht nicht aus.

Sofort anhalten

Die Feststellungen müssen unverzüglich erfolgen. Jede Handlung, die geeignet sein könnte, diese auch nur zu erschweren, erfüllt den Straftatbestand. Autofahrer müssen sofort anhalten. Fährt man erst 200 Meter weiter und hält dann an oder ereignet sich der Unfall vor der eigenen Haustür und man begibt sich zunächst ins Haus, ist der Straftatbestand erfüllt.

Entfernt sich der einzige andere Beteiligte, indem er trotz Kenntnis von dem eigenen Schaden ohne anzuhalten wegfährt, entfallen Feststellungs- und Wartepflicht. Aber Vorsicht: Hierauf sollte man sich nicht verlassen. Zeigt der andere Beteiligte den Sachverhalt der Polizei an, ist man regelmäßig als Beschuldigter in der schlechteren Position. Es empfiehlt sich, immer anzuhalten und die Polizei zu informieren. Berechtigtes oder entschuldigtes Entfernen vom Unfallort kommt praktisch nur wegen der ärztlichen Versorgung erheblicher eigener oder fremder Verletzungen in Betracht. Ist das erledigt, müssen Polizei oder Geschädigter dann aber unverzüglich informiert werden.

Entziehung der Fahrerlaubnis schon ab 1.400 Euro Schaden

Neben Geldstrafen kommt es in der Praxis bei Personenschaden regelmäßig zur Entziehung der Fahrerlaubnis und Verhängung einer Frist, innerhalb der die Fahrerlaubnisbehörde gehindert ist, eine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Rechtsfolgen für den Führerschein bei Sachschaden hängen von dessen Höhe ab. Bewegt sich dieser im Bereich von – je nach Gerichtsbezirk – unter 1.400 Euro, können zusätzlich ein bis drei Monate Fahrverbot bestimmt werden. Ab 1.400 Euro wird zum Beispiel in Frankfurt am Main von sogenanntem bedeutendem Fremdschaden ausgegangen. Wird man wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt, obwohl man weiß oder wissen kann, dass bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, ist man in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen. Die Folgen sind Entziehung der Fahrerlaubnis und Bestimmung einer Frist für deren Neuerteilung. Die Fahrerlaubnisentziehung ist keine Nebenstrafe, sondern eine so genannte Maßnahme der Besserung und Sicherung. Der Täter stellt durch sein Verhalten eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer dar und ist deshalb vom Straßenverkehr auszuschließen. Nachteile, die der Täter durch den Führerscheinverlust erleidet, sind hinzunehmen. Das höherwertige Recht der Sicherheit des Straßenverkehrs überwiegt regelmäßig. Der Geschädigte wird aufgefordert, die Höhe des Schadens durch Reparaturrechnung, Sachverständigengutachten oder Kostenvoranschlag nachzuweisen. Ist die Grenze des bedeutenden Schadens erreicht – in der heutigen Zeit kommen 1.400 Euro schnell zusammen – beginnt bei der Justiz ein Automatismus zu laufen. Steht fest, wer das Verursacherfahrzeug geführt hat, kann man davon ausgehen, dass der Fahrer den Unfall auch bemerkt hat – dies wird von der Justiz regelmäßig angenommen – und ist bedeutender Fremdschaden entstanden, wird die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen. Noch vor einem Urteil wird von der Justiz kursorisch geprüft, wie wahrscheinlich es ist, dass sich der Beschuldigte der Unfallflucht strafbar gemacht hat und deshalb die Fahrerlaubnis entzogen wird. Ein paar Wochen nach dem Vorfall steht die Polizei mit einem gerichtlichen Beschluss vor der Tür, der zur Beschlagnahme des Führerscheins und Durchsuchung der Wohnung zu dessen Auffinden berechtigt. In einer Monate später stattfindenden Hauptverhandlung vor Gericht wird es regelmäßig auch nicht besser. Derjenige, der einen Schaden hinterlässt und sich nicht darum kümmert, hat bei der Justiz nur mit wenig Nachsicht zu rechnen. Es macht nämlich keinen Unterschied, ob man einen Geldbetrag stiehlt oder den Geschädigten auf seinem Schaden sitzenlässt. Ein Parkrempler mit unbedachter Weiterfahrt kann zu hoher Geldstrafe, Regress durch die eigene Kfz-Haftpflichtversicherung und langem Verlust des Führerscheins führen. 


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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