Unterbliebene Belehrung nach § 257c V StPO führt stets zu absolutem Verwertungsverbot

  • 2 Minuten Lesezeit

Eine unterbliebene Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO verletzt einen Angeklagten in seinem Recht auf ein faires Verfahren und in seiner Selbstbelastungsfreiheit und führt zu einem absoluten Verwertungsverbot.

Bleibt die unter Verstoß gegen die Belehrungspflicht zustande gekommen Verständigung - wie im entschiedenen Fall - bestehen und fließt das auf der Verständigung basierende Geständnis eines Angeklagten in das Urteil ein, beruht dies auf der mit dem Verstoß einhergehenden Grundrechtsverletzung, es sei denn, eine Ursächlichkeit des Belehrungsfehlers für das Geständnis kann ausgeschlossen werden, weil der Angeklagte dieses auch ohne ordnungsgemäße Belehrung abgegeben hätte (§ 337 Abs. 1 StPO). Hierzu müssten bejahendenfalls vom Revisionsgericht konkrete Feststellungen getroffen werden (vgl. BVerfG, Urt. v. 19.03.2013 - 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2155/11).

Der Entscheidung des OLG ging eine - erfolgreiche - Verfassungsbeschwerde des Verurteilten voran. Das BVerfG hat in der unterbliebenen Belehrung u.a. einen Verstoß gegen die grundrechtlich geschützte Freiheit des Angeklagten vor Selbstbelastung gesehen. Damit kommt diesem Versäumnis eine vergleichbare Wirkung zu wie bei einer nicht erfolgten Belehrung nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO, die nach h. M. grundsätzlich zu einem Verwertungsverbot führt (vgl. zur letztgenannten Konstellation BGHSt 38, 214). Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung den Verstoß gegen § 257c Abs. 5 StPO sogar als schwerwiegender als denjenigen gegen § 136 Abs. 1 oder gegen § 243 Abs. 5 Satz 1 StPO erachtet, weil für den Angeklagten im Vorfeld einer Verständigung eine wesentlich stärkere Anreiz- und Verführungssituation entstehe als es - mangels Erwartung einer festen Strafobergrenze - in den genannten anderen Verfahrenssituationen der Fall sei, in denen ebenfalls eine Belehrungspflicht bestehe (Rdz. 21 in juris).

Damit kann der gegenteiligen Auffassung des Bundesgerichtshofs, der Verstoß gegen die Belehrungspflicht nach § 257c Abs. 5 StPO führe nicht zu einem Verwertungsverbot hinsichtlich des nach dem Zustandekommen der Verständigung abgegebenen Geständnisses, weil das Gesetz diese Wirkung allein an das Scheitern der Verständigung knüpfe (§ 257c Abs. 4 Satz 3 i.V.m. Satz 1 und 2 StPO), nicht dagegen auch an das Unterbleiben der Belehrung (vgl. BGH, Beschl. vom 19.08.2010 - 3 StR 226/10, Rn. 7 f. in juris), nicht länger gefolgt werden.

Entscheidungen:

OLG Rostock, Beschluss vom 05.08.2013 - 1 Ss 86/12 (103/12);

BVerfG, Urteil vom 19.03.2013 - 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2155/11.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Joachim Thiele

Beiträge zum Thema