Unterdeckungsrisiko des Darlehensnehmers bei Kredittilgung aus Kapitallebensversicherung

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Aus einer erst vor wenigen Tagen veröffentlichten Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH, Beschluss v. 20.11.2007 - XI 259/06) geht hervor, dass Darlehensnehmer, die ihren Kredit am Ende der Laufzeit mittels der Ablaufleistung einer Kapitallebensversicherung vereinbarungsgemäß vollständig tilgen wollen, regelmäßig das Risiko zu tragen haben, dass die Versicherungsleistung zur vollumfänglichen Ablösung des Darlehens nicht ausreicht. Ist dies der Fall, so schuldet der Darlehensnehmer weiterhin den sich nach Verrechnung der Versicherungsleistung ergebenden Restbetrag.

Der BGH hatte in der zitierten Entscheidung über die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision durch das vorinstanzliche Oberlandesgericht zu entscheiden. Gegenstand der Angelegenheit war die Klage einer Sparkasse gegen zwei ihrer Darlehensnehmer. Die Sparkasse gewährte ihren beiden Kunden endfällige Darlehensverträge (keine Tilgung während der Vertragslaufzeit, sondern erst an deren Ende). Die Tilgung sollte jeweils aus einer im Zusammenhang mit den Darlehensverträgen abgeschlossenen Kapitallebensversicherung erfolgen. Mit dieser konnten jedoch die Darlehensverträge bei deren Fälligkeit nicht vollständig getilgt werden. Die Sparkasse forderte daher nach Verrechnung der Versicherungsleistung die Beklagten zur Resttilgung der Darlehen auf. Diese vertraten die Auffassung, die Sparkasse könne sich lediglich aus der Ablaufleistung der Kapitallebensversicherung befriedigen. Eine weitere Zahlungsverpflichtung der beiden Darlehensnehmer über die Ablaufleistung der Kapitallebensversicherung käme nach Auffassung der Beklagten dagegen nicht in Betracht.

Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen und damit die vorinstanzliche Entscheidung des OLG Hamm (OLG Hamm, Urt. v. 03.07.2006 - 31 U 6/06) bestätigt. Aus beiden Entscheidungen wird deutlich, dass sich Darlehensnehmer vor Abschluss eines Darlehensvertrages, welchen sie mittels einer in diesem Zusammenhang abgeschlossenen Lebensversicherung tilgen wollen, genauestens mit den vertraglich festgelegten Tilgungsbestimmungen auseinandersetzen und diese mit der finanzierenden Bank erörtern sollten. Andernfalls kann es wie in dem vorliegenden Falle nach Jahren bei der Tilgung des endfälligen Darlehens zu bösen Überraschungen kommen.

Ob ein Darlehensnehmer von der finanzierenden Bank auf weitere Tilgungsleistungen in Anspruch genommen werden kann, wenn die Ablaufleistung der zur Tilgung vorgesehenen Kapitallebensversicherung nicht ausreicht, ist von der konkreten Regelung im jeweiligen Darlehensvertrag abhängig. So war in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Darlehensvertrag nicht eine Tilgung „durch", sondern eine Tilgung „aus" der Lebensversicherung bei Fälligkeit der Versicherungssumme vorgesehen. Die Lebensversicherung sollte demnach nicht unabhängig von der Höhe der Versicherungsleistung in jedem Falle zur vollständigen Tilgung des Darlehens führen, sondern - so schloss das OLG Hamm (bestätigt durch den BGH) aus dieser Formulierung - lediglich ein Mittel zur Rückführung des Darlehens sein. Sollte also die Versicherungsleistung zur vollständigen Tilgung des Darlehens im Zeitpunkt der Fälligkeit nicht ausreichend sein, so sei der Darlehensnehmer in diesem Falle auch weiterhin zur Resttilgung verpflichtet. Dies ergebe sich im konkreten Fall weiterhin daraus, dass in dem vorliegenden Darlehensvertrag vermerkt war „Tilgung am 30.01.2004 in einer Summe". Hieraus müsse der Darlehensnehmer schließen, dass im Fälligkeitszeitpunkt der in dem Darlehensvertrag genannte Nennbetrag vollständig zu tilgen sei, ggf. mit anderen Geldmitteln, falls die Versicherungsleistung nicht ausreichend sein solle. Weiterhin sei dem durchschnittlichen Darlehens- und Versicherungsnehmer die Möglichkeit von Schwankungen der Höhe der Überschussleistung bekannt. Insofern müsse dieser damit rechnen, dass die Ablaufleistung der Lebensversicherung im Einzelfall nicht zur vollumfänglichen Tilgung ausreichen könnte. In diesem Falle könne er auch nicht davon ausgehen, dass die Bank sich ausschließlich aus der Ablaufleistung der Lebensversicherung befriedigen und auf den Differenzbetrag ohne weiteres verzichten wird. Das müsse umso mehr gelten, wenn - wie im vorliegenden Falle geschehen - in den Darlehensvertrag zudem eine Regelung aufgenommen worden ist, nach welcher für den Fall, dass nach Ablauf des Kreditvertrages die Versicherungsleistung nicht zur vollständigen Tilgung ausreichen sollte, neue Absprachen zwischen den Vertragsparteien im Hinblick auf eine Verlängerung des Darlehens sowie zur Festsetzung neuer Kreditkonditionen erfolgen sollen.

Bankkunden, die im Zuge des Abschlusses eines Darlehensvertrages - häufig auf Vorschlag des Kreditinstituts - eine Kapitallebensversicherung zur späteren Tilgung des Darlehens abschließen, sollten daher ein besonderes Augenmerk auf die vertraglich festgesetzten Tilgungsbestimmungen legen und ggf. klarstellend nachfragen, um Überraschungen am Vertragsende vorzubeugen.

 


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