Untersuchungshaft! - Wie wehre ich mich? (Teil 1)
- 4 Minuten Lesezeit

Die Untersuchungshaft ist der denkbar schwerwiegendste Eingriff in die Grundrechte des Beschuldigten im Ermittlungsverfahren und verlangt allen Beteiligten – insbesondere aber natürlich dem Inhaftierten selbst – extrem viel ab. Der Betroffene wird abrupt aus seinem Alltag herausgerissen und schränkt ihn sowohl in seinen Handlungs-, als auch in seinen Verteidigungsmöglichkeiten enorm ein. Die Situation stellt sich für ihn und seine Angehörigen als besonders belastend dar.
Aufgrund der enormen Bedeutung widme ich diesem Thema daher eine ausführliche Beitragsreihe.
Im heutigen ersten Teil wird es in einem ersten Gesamtüberblick darum gehen, was Untersuchungshaft überhaupt ist, unter welchen Voraussetzungen sie angeordnet werden kann, welche Maßnahmen zu ergreifen sind – und was Sie lieber sein lassen sollten.
Was ist Untersuchungshaft?
Die Untersuchungshaft (nachfolgend „U-Haft“) darf nicht mit der Strafhaft verwechselt werden. Das heißt konkret: Eine Hauptverhandlung mit anschließender Verurteilung hat gerade noch nicht stattgefunden, sondern die Ermittlungen laufen noch. Die Schuld wurde noch nicht festgestellt und es gilt daher weiterhin die Unschuldsvermutung fort, sodass zunächst festzuhalten ist, dass ein erstmal unschuldiger Mensch im Gefängnis sitzt und seiner Freiheit beraubt wurde. Die U-Haft ist damit noch keine Strafe. Sie wird aber später bei Verurteilung auf den Vollzug derselbigen angerechnet bzw. führt bei Freispruch zu entsprechenden Entschädigungsansprüchen, dient zunächst einmal aber der Sicherung des noch laufenden Verfahrens. Dies ist wichtig im Hinterkopf zu behalten.
Was sind die Voraussetzungen der U-Haft?
- Formell muss zunächst ein schriftlicher Haftbefehl vorliegen, der den Beschuldigten, die Tat und die anzuwendenden Strafvorschriften genau bezeichnen muss; das Tatgeschehen muss nach Ort, Zeit, Art der Durchführung und der Person des Verletzten hinreichend konkretisiert sein.
- Weiter muss ein dringender Tatverdacht vorliegen. Dies ist dann der Fall, wenn nach den bis zum aktuellen Zeitpunkt vorliegenden Ermittlungsergebnissen eine große Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beschuldigte die ihm zur Last gelegten Taten auch tatsächlich begangen hat.
- Es muss ein Haftgrund vorliegen. Die Haftgründe sind im Gesetz abschließend geregelt und liegen vor bei Flucht(gefahr), Verdunkelungsgefahr oder besonderer Tatschwere.
- Zuletzt muss die Untersuchungshaft im Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe stehen. Es ist eine Abwägung im Einzelfall durchzuführen, bei der alle Umstände zu berücksichtigen sind. Dazu zählt etwa auch, wie schwer der Eingriff in den Lebensbereich des Beschuldigten wiegt (etwa drohender Arbeitsplatzverlust und Gesundheitszustand des Beschuldigten).
Erste Schritte zur Abwehr
Bei der vorläufigen Festnahme sollten Sie sich unbedingt direkt um einen Anwalt bemühen; aufgrund der drohenden Haft steht Ihnen hier sogar von Gesetzes wegen ein Pflichtverteidiger zu. Wählen Sie nicht den erstbesten Anwalt aus, der Ihnen möglicherweise vorgeschlagen wird, sondern nehmen Sie sich die zehn Minuten, um einen erwiesenen Spezialisten auf dem Gebiet zu erreichen, bei dem Sie auch ein gutes Gefühl haben. Machen Sie unbedingt von Ihrem Schweigerecht Gebrauch und tätigen Sie den Ermittlungsbehörden, später aber auch dem Haftrichter gegenüber, keinesfalls Angaben zur Sache und halten Sie die Kommunikation auf einem Minimum: Kein Wort zu viel. Anderes gilt ausschließlich gegenüber Ihrem Verteidiger, dem Sie bei erster Kontaktaufnahme bereits möglichst viele Informationen mitteilen sollten, so etwa Ihre Personalien, Zeitpunkt der Festnahme, derzeitiger Aufenthaltsort, Tatvorwurf sowie der polizeiliche Sachbearbeiter und gegebenenfalls, wer über die Haft zu informieren ist und ob Sie Medikamente oder ähnlich lebenswichtiges benötigen. Ihr Anwalt sollte sich direkt nach einem Telefonat darum bemühen Sie schnellstmöglich aufzusuchen.
In der sich anschließenden Vorführungsverhandlung vor dem Haftrichter muss es sodann das erste Ziel der Verteidigung sein, den Erlass des Haftbefehls entweder zu verhindern, oder diesen gegen Auflagen außer Vollzug zu setzen. Hierzu ist gegen den dringenden Tatverdacht oder die Haftgründe zu argumentieren, in dem absoluten Gros aller Fälle aber noch keine Einlassung zur Sache selbst abzugeben, da im Regelfall noch keine Akteneinsicht vorliegen wird bzw. die kurze zur Verfügung gestellte Zeit nicht zur Auswertung durch Ihren Verteidiger reichen wird. Diese ist aber Grundvoraussetzung dafür, um inhaltlich sauber argumentieren zu können.
Klar ist, dass Sie als Betroffener – zumal unter dem Schock der Verhaftung – eine Einlassung zur Tat möglicherweise zunächst als einzige Verteidigungsmöglichkeit ansehen werden. Allerdings gilt auch hier: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Auch eine spätere, gut vorbereite Einlassung nach Aktenkenntnis ist eine Einlassung, wohingegen eine schlechte und unüberlegte Einlassung im Nachgang kaum noch zu korrigieren ist.
Zusammenfassung
Die ersten Tipps also an dieser Stelle sind folgende:
- Bewahren Sie nach Möglichkeit zunächst Ruhe!
- Beauftragen Sie einen spezialisierten Anwalt!
- Reden Sie sich nicht um Kopf und Kragen!
Gerne stehe ich Ihnen als erfahrener Fachanwalt für Strafrecht mit meiner Expertise zur Verfügung und übernehme bei Inhaftierung zu jeder Tages- und Nachtzeit Ihre Verteidigung. Hierzu habe ich neben dem normalen Kontaktformular auch eine Notfallnummer auf meiner Homepage eingerichtet, die 24/7 aktiv ist. Kontaktieren Sie mich.
Im nachfolgenden zweiten Beitrag dieser Reihe werden wir uns ausführlich mit den einzelnen Haftgründen auseinandersetzen sowie mögliche Angriffspunkte hiergegen darstellen.

AS-Strafverteidigung
Adrian Schmid
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht
info@as-strafverteidigung.de
Artikel teilen: