Unzulässigkeit von Presseerklärung über Anklageerhebung

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Der sich aus dem Recht auf ein faires Verfahren ergebende Grundsatz der Waffengleichheit zwischen Staatsanwaltschaft und Beschuldigtem ist auch außerhalb des Strafverfahrens im Rahmen der Pressearbeit der Staatsanwaltschaft zu berücksichtigen. Will diese kurz nach der Zuleitung der Anklageschrift an das Gericht die Presse über die Anklageerhebung informieren, muss sie dem Beschuldigten zuvor die vollständige Anklageschrift übermitteln und ihm zeitlich die Möglichkeit einräumen, angemessen auf das behördliche Informationshandeln reagieren zu können.


Mit diesen Erwägungen hat der VGH München, Beschluss vom 20.08.2020 – 7 ZB 19.1999 – die Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestätigt, welches die Rechtswidrigkeit der Pressearbeit und die Verletzung des Rechtes des Klägers auf ein faires Verfahren festgestellt hatte.


Im vorliegenden Fall hatte die Staatsanwaltschaft gegen einen früheren Oberbürgermeister sowie den Kläger, einen Unternehmer aus der Immobilienbranche, Anklage u.a. wegen Bestechung und Vorteilsgewährung im Zusammenhang mit mehreren Bauvorhaben des Klägers sowie Verstößen gegen das ParteiG erhoben und noch am selben Tag die Presse hierüber informiert. Lediglich zwei Stunden vorher hatte die Staatsanwaltschaft die Verteidiger informiert und ihnen den 25-seitigen Anklageschriftsatz zugefaxt. Hierdurch sah das Verwaltungsgericht das verfassungsrechtlich gewährleistete Gebot der Waffengleichheit verletzt. Dies erfordert gleichrangige Einflussmöglichkeiten der Beteiligten auch auf die vom Schutzbereich der Verfahrensfairness ausdrücklich umfasste Pressearbeit. Die Behörde war hiernach verpflichtet, dem Kläger eine sinnvolle Vorbereitung auf die zu erwartenden Presseanfragen zu ermöglichen. Die konkrete Zeitspanne hierfür hängt von der Komplexität des Verfahrens und dem Inhalt und Umfang der Anklageschrift ab.



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