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Urlaub auf der Baustelle

  • 2 Minuten Lesezeit
Esther Wellhöfer anwalt.de-Redaktion

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Immer wieder kommt es vor, dass Feriendomizile noch nicht fertiggestellt sind, obwohl sie bereits in voll ausgebautem Zustand im Prospekt angepriesen werden. Für erhebliche Beeinträchtigungen auf der Baustelle kann eine durchaus stattliche Reisepreisminderung in Betracht kommen.

Hotel ist noch nicht fertig

Ist das Domizil eine Bauruine, kann der Urlaub zu einer Zerreißprobe für die Nerven werden. Das veranschaulicht ein Prozess vor dem Landgericht (LG) Frankfurt am Main. Ein Paar hatte eine Urlaubsreise in Tunesien gebucht. Kurz vor Reiseantritt erfuhren die Urlauber aus dem Internet, dass ihr Hotel aus dem Prospekt noch gar nicht fertiggestellt worden war. Deshalb wandten sie sich an den Reiseveranstalter, bei dem sie die Reise gebucht hatten. Der versicherte ihnen, dass ihr Hotel fertig sei.

Baulärm und Schmutz

Am Urlaubsziel angekommen, staunten die Reisenden dann aber nicht schlecht: Das Hotel war nicht fertig geworden. Unvollendet waren wesentliche Bestandteile der Hotelanlage, zum Beispiel die Empfangshalle samt Rezeption, À-la-carte-Restaurant, Pianobar, Sonnenterrasse, Diskothek, Hallenbad und Hamam. So mussten die Urlauber unter anderem auf Wellnessangebote, Animation und Abendveranstaltungen verzichten. Doch damit nicht genug. Hinzu kam massiver Lärm und Schmutz wegen der Baumaßnahmen: schon in den frühen Morgenstunden wurden die Urlauber von Presslufthammerlärm geweckt, es wurde gesägt und geflext und am Strand waren ständig Baumaschinen und Bagger unterwegs. Am Pool wurden sogar noch Fliesen verlegt.

Minderung des Reisepreises

Ihren Traumurlaub hatten sich die Touristen anders vorgestellt und rügten die Mängel noch am Urlaubsort bei der Reiseleitung. Kaum nachdem sie wieder in heimischen Gefilden angekommen waren, machten sie ihre Minderungsansprüche auch beim Reiseveranstalter geltend. Doch der wollte sie mit einem Scheck milde stimmen. Darauf ließen sich die Urlauber aber nicht ein, und forderten mehr Entschädigung. Schließlich zogen sie bis vor das Landgericht.

Die Richter hielten wegen der erheblichen Beeinträchtigungen aufgrund der Baumaßnahme eine Reisepreisminderung in Höhe von 60 Prozent für angemessen. Auf diese Minderungsquote schlug das LG weitere 15 Prozent drauf. Denn der Reiseveranstalter hatte im vorliegenden Fall seine Informationspflicht derartig schwer verletzt, dass hier ausnahmsweise eine weitere Minderung gerechtfertigt war.

(LG Frankfurt am Main, Urteil v. 15.08.2011, Az.: 2-24 S 185/10)

Esther Wellhöfer

Juristische Redaktion anwalt.de

Foto(s): ©Fotolia.com

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