Verbreiten verboten: Wann das Teilen in Chat-Gruppen zur Straftat wird
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Inhaltsverzeichnis
Ob WhatsApp, Telegram, Facebook, Instagram oder Signal: Viele Menschen nutzen Chatgruppen, um mit Freunden, Kollegen oder der Familie zu schreiben.
Was dabei oft vergessen wird: Auch in privaten Gruppen gelten die Regeln des Strafrechts. Wer dort bestimmte Inhalte teilt oder weiterleitet, kann sich strafbar machen – und plötzlich Besuch von der Polizei oder Post von der Staatsanwaltschaft bekommen.
Viele fragen sich dann:
- Habe ich wirklich eine Straftat begangen?
- Ich habe die Datei doch nur weitergeleitet – ist das strafbar?
- Was soll ich jetzt tun?
In diesem Beitrag erfahren Sie, wann Sie sich in einer geschlossenen Chat-Gruppe strafbar machen können und wie Gerichte das bewerten.
Verbreiten: Wann macht man sich strafbar?
Das Strafgesetzbuch bestraft das "Verbreiten verbotener Inhalte".
Damit ist gemeint: Wer ein Foto, Video oder einen Link hochlädt, verschickt oder weiterleitet, kann als "Verbreiter" gelten und sich strafbar machen – auch in einer privaten Chat-Gruppe.
Das gilt zum Beispiel, wenn:
- Sie den Inhalt selbst posten,
- Sie eine Datei aktiv weiterschicken,
- Sie bewusst erlauben, dass andere diese Datei durch Sie erhalten.
Was bedeutet "Verbreiten" genau?
Laut Bundesgerichtshof (BGH) liegt ein Verbreiten vor, wenn man etwas an viele Menschen weitergibt. Die Gruppe muss so groß sein, dass man nicht mehr kontrollieren kann, wer alles Zugang hat.
Achtung: Es ist nicht nötig, dass viele Menschen den Inhalt tatsächlich angesehen haben. Allein das Hochladen oder Teilen reicht aus, ums ich strafbar zu machen.
Welche Inhalte sind besonders gefährlich?
1. Kinderpornografische Inhalte (§ 184b StGB)
Bereits der Besitz oder das Teilen von Dateien, auf denen Kinder in sexuellen Handlungen dargestellt werden, ist strafbar. Auch wenn Sie den Inhalt nur "aus Versehen" bekommen, können Sie sich strafbar machen.
Gleiches gilt natürlich auch für jugendpornographische (§ 184c StGB) oder tierpornographische (§ 184a StGB) Inhalte
2. Volksverhetzende Inhalte (§ 130 StGB)
Dazu gehören zum Beispiel Aufrufe zu Gewalt gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen oder rassistische Inhalte.
3. Gewaltdarstellungen (§ 131 StGB)
Videos oder Bilder, die grausame oder unmenschliche Gewalttaten zeigen (z. B. Hinrichtungen, Folter, Tierquälerei), dürfen nicht verbreitet werden.
4. Verfassungswidrige Symbole (§ 86a StGB)
Wer Nazi-Symbole, Hitlergrüße oder ähnliche Zeichen teilt oder postet, kann sich strafbar machen.
5. Religionsbeschimpfung (§ 166 StGB)
Wer Inhalte verbreitet, die religiöse oder weltanschauliche Bekenntnisse beschimpfen, kann sich ebenfalls strafbar machen.
Einzelchat: Auch strafbar?
Das Teilen von Dateien in einem Einzelchat bedeutet grundsätzlich kein strafbares Verbreiten. Es gibt aber eine Ausnahme.
Der BGH entschied 2022 (1 StR 133/22): Wenn nicht zu erwarten ist, dass der Empfänger den Inhalt weiterleitet, liegt kein Verbreiten vor.
Aber: Muss man jedoch mit einer Weiterleitung an andere rechnen, kann auch im Zusenden der Datei in einem Einzelchat ein strafbares Verbreiten vorliegen.
Wann ist das Verbreiten in Gruppen strafbar?
Ob das Hochladen oder Teilen in einer geschlossenen Chat-Gruppe strafbar ist, hängt von mehreren Punkten ab:
1. Mitgliederzahl
- Je mehr Leute in der Gruppe sind, desto eher liegt ein Verbreiten vor.
- Gruppen mit 60 oder 80 Personen gelten nach der Rechtsprechung regelmäßig als "nicht mehr kontrollierbar".
- Bei kleineren Gruppen (z. B. unter 10 Personen) prüfen die Gerichte intensiver, ob ein strafbares Verbreiten vorliegt.
2. Zusammensetzung der Gruppe
- Sind alle Mitglieder enge Freunde, Familie oder Kollegen? Spricht eher gegen Verbreiten.
- Sind viele Mitglieder der Gruppe fremd oder aus öffentlichen Kanälen eingeladen? Spricht eher für Verbreiten.
3. Zweck der Gruppe
- Gruppen zum Austausch "krasser Inhalte"? Spricht eher für Verbreiten.
- Gruppen für persönlichen Austausch? Spricht eher gegen Verbreiten.
4. Art der Inhalte
- Virale Videos oder Memes verbreiten sich leichter. Spricht eher für Verbreiten.
- Persönliche Inhalte (Urlaubsfotos) bleiben meist intern. Spricht eher gegen Verbreiten.
5. Woher stammen die Inhalte?
- Inhalte aus anderen Gruppen oder Foren? Spricht eher für Verbreiten.
Fazit:
Ob Sie sich strafbar gemacht haben, hängt nicht nur von der Gruppengröße ab. Es kommt auf das Gesamtbild an:
- Wer ist in der Gruppe?
- Was wird geteilt?
- Wie verhalten sich die Mitglieder?

Auch in kleineren Chat-Gruppen kann das Teilen bestimmter Inhalte zu einer Anzeige führen.
Gerichtsentscheidungen aus der Praxis
Hier einige aktuelle Beispiele, wie Gerichte über das Verbreiten in geschlossenen Chatgruppen entschieden haben:
- BayObLG (12.04.2023 – 207 StRR 80/23)
Gruppe mit 80 Mitgliedern. Angeklagter postete volksverhetzendes Bild. Viele Mitglieder waren ihm unbekannt. → Verbreiten wurde bejaht. - OLG Celle (11.10.2022 - 2 Ss 127/22)
WhatsApp-Gruppe mit 60 Personen. Rechtsextremes Bild wurde geteilt. Absender musste mit Weiterleitung rechnen. → Verbreiten wurde bejaht. - LG Gießen (29.07.2022 – 4 Ns – 61110 Js 261186/18)
Gruppe mit 7 bis 21 Personen. Gericht bejahte Verbreiten, da Inhalte leicht weitergeleitet werden konnten. → Verbreiten wurde bejaht. - LG Frankfurt a. M. (13.02.2023 – 5/6 KLs 6110 Js 249194/18)
Gruppe mit um die 30 Mitgliedern (alles Polizisten). Vergleichbar mit einem Stammtisch. → Kein Verbreiten.
Fazit:
Die Gerichte entscheiden unterschiedlich – vor allem bei kleinen Gruppen.
Entscheidend ist nicht nur die Anzahl der Mitglieder, sondern auch, wie vertraulich die Gruppe ist und was dort passiert. Wer in einer Gruppe fragwürdige Inhalte teilt, sollte wissen: Das kann möglicherweise strafbar sein!
Was tun, wenn Sie beschuldigt werden?
Wenn Sie Post von der Polizei bekommen haben, gilt:
- Ruhe bewahren. Auch wenn der Vorwurf schwer wirkt, sollten Sie nichts übereilt tun.
- Keine Aussagen machen. Sie müssen sich nicht zur Sache äußern. Auch nicht gegenüber der Polizei. Sie haben ein Recht zu schweigen.
- Rechtsanwalt einschalten. En Strafverteidiger kann Akteneinsicht beantragen und eine zielführende Verteidigung vorbereiten.
Ihr Strafverteidiger Yannic Ippolito

Rechtsanwalt Yannic Ippolito hat sich ausschließlich auf das Strafrecht spezialisiert.
- Seit 2019 ist er Lehrbeauftragter für Strafrecht an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und seit 2024 bildet er Rechtsreferendare am Landgericht in Düsseldorf im Strafrecht für das zweite juristische Staatsexamen aus.
- Er verteidigt seine Mandanten in jeder Lage des Strafverfahrens und vor jedem Gericht. Schwerpunktmäßig in Nordrhein-Westfalen und im Saarland.
- Rechtsanwalt Ippolito arbeitet zu Festpreisen.
Das Ziel von Strafverteidiger Ippolito ist es, das beste Ergebnis für seine Mandanten zu erreichen. Hierzu zählen:
- Einstellung des Strafverfahrens noch im Ermittlungsverfahren,
- Vermeidung einer belastenden, öffentlichen Hauptverhandlung sowie
- das Führungszeugnis seiner Mandanten sauber zu halten.
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