Vereinbarkeit nachbarrechtlicher Regelungen zum „Wärmedämmungs-Überbau“

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Ob eine landesgesetzliche Vorschrift das Eigentum an Grundstücken zugunsten der Nachbarn im Sinne von Art. 124 EGBGB anderen als den im BGB bestimmten Beschränkungen unterwirft mit der Folge, dass hierfür die Gesetzgebungskompetenz des Landes besteht, lässt sich nur anhand einer vergleichenden Gesamtwürdigung der bundes- und landesrechtlichen Regelungen bestimmen. Landesrechtliche Beschränkungen, die dieselbe Rechtsfolge wie eine vergleichbare nachbarrechtliche Regelung des Bundes anordnen, sind zulässig, wenn sie an einen anderen Tatbestand anknüpfen und einem anderen Regelungszweck dienen. Hierbei muss die Grundkonzeption des Bundesgesetzes gewahrt bleiben. Regelungen, die den Grundstückseigentümer zur Duldung einer nachträglichen grenzüberschreitenden Wärmedämmung des Nachbargebäudes verpflichten, sind aufgrund des Vorbehalts in Art. 124 EGBGB von der Gesetzgebungskompetenz der Länder umfasst.


Mit Urteil vom 12.11.2021 – V ZR 115/20 – hatte der BGH über die Zulässigkeit einer Regelung des Landes Nordrhein-Westfälischen Nachbarrechtes zur Duldung einer nachträglichen grenzüberschreitenden Wärmedämmung an der Giebelwand des Nachbargebäudes zu befinden. Dies war nach der – dem Brandenburgischen Nachbarrechtsgesetz in § 19a - vergleichbaren nachbarrechtlichen Regelung zulässig, nicht jedoch nach der bundesrechtlichen Regelung des Überbaus in § 912 BGB. Hieran sah sich das Berufungsgericht wegen vorrangigen Bundesrechtes gehindert. Da dieses jedoch mit der Überbauregelung des BGB nicht erschöpfenden Gebrauch gemacht hatte, blieb gemäß Art. 72 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 124 EGBGB Raum für eine landesgesetzliche Regelung. Zwar ergibt sich aus § 912 BGB im Umkehrschluss, dass ein vorsätzlicher Überbau im Grundsatz nicht geduldet werden muss, allerdings ergibt eine vergleichende Gesamtwürdigung, dass sich die nachbarrechtliche Regelung sowohl nach dem spezifischen Tatbestand der baulichen Situation als auch dem Gesetzeszweck der nachträglichen Ermöglichung der Energieeinsparung unterscheidet und damit einen anderen Regelungsgehalt als der in seiner Grundkonzeption unangetastete Überbautatbestand hat. Dieser entsprechend haben sich allerdings Neubauten mit der Wärmedämmung in den Grenzen des eigenen Grundstückes zu halten.


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