Verfassungswidriger Verlust von Verlustvorträgen bei GmbHs

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Gesetzliche Neuregelung im Steuerrecht notwendig

Das Finanzgericht Hamburg hatte in 2011 dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt ob § 8c Satz 1 KStG gegen das Grundgesetz verstößt. Der Gesetzgeber war aufgefordert, spätestens bis zum 31.12.2018 rückwirkend zum 31.12.2008 eine Neuregelung zu treffen.

Geklagt hatte vor dem Hamburger Finanzgericht eine GmbH, die in den ersten zwei Jahren ihres Bestehens Verluste erzielte und dann das dritte Jahr einen schönen Gewinn abschloss. Dieser Gewinn wäre dann steuerfrei, wenn die Verluste aus den ersten beiden Geschäftsjahren gegengerechnet würden. Weil aber einer der beiden Gesellschafter ausgestiegen war, gingen die auf seinen Anteil (48 Prozent) entfallenden Verluste nach § 8c Satz 1 KStG verloren – mit der Folge, dass die GmbH rund 100.000 Euro Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer zahlen sollte.

Verstoß gegen das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit

Der Zweite Senat des Finanzgerichts Hamburg war der Auffassung, dass die in § 8c Satz 1KStG vorgesehene Versagung der Verlustverrechnung im Fall eines Gesellschafterwechsels von unter 50 % der Beteiligung gegen den im Grundgesetz verankerten Gleichheitssatz und das in ihm begründete Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verstößt (Az.: 2 K 33/10).

§ 8c KStG regelt die Folgen der Veräußerung von Unternehmen beziehungsweise Anteilen an Unternehmen, bei denen Verluste entstanden sind, die grundsätzlich steuerlich auf zukünftige Veranlagungsjahre vorgetragen werden können. Weil es für einen Erwerber interessant sein kann, solche Verlustvorträge zu übernehmen, um sie mit seinen eigenen Gewinnen zu verrechnen, wittert der Gesetzgeber hinter der Anteilsveräußerung von Kapitalgesellschaften einen missbräuchlichen Handel mit den Verlusten (so genannter Mantelkauf). In § 8c KStG bestimmt er, dass die Verlustübernahme vermindert beziehungsweise ganz ausgeschlossen wird, wenn mehr als 25 Prozent beziehungsweise mehr als 50 Prozent der Anteile veräußert werden.

Nach Auffassung des FG Hamburg ist er dabei über das Ziel hinausgeschossen.

Finanzgericht Hamburg ruft das Bundesverfassungsgericht an

Inzwischen hat das Finanzgericht Hamburg mit Beschluss vom 29. August 2017 nunmehr auch beschlossen, im Wege einer konkreten Normenkontrolle eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob § 8c Satz 2 KStG mit dem Grundgesetz insoweit vereinbar ist. Diese Vorschrift betriff den Fall der unmittelbaren Übertragung innerhalb von fünf Jahren von mehr als 50 % der Anteile an einer Körperschaft (GmbH) und hat zur Folge, dass die bis zum Beteiligungserwerb nicht genutzten Verluste vollständig nicht mehr abziehbar sind.

Wir halten es für überwiegend wahrscheinlich, dass § 8c Satz 2 KStG ebenfalls durch das Bundesverfassungsgericht mit dem Grundgesetz für unvereinbar erklärt wird. Da der Gesetzgeber ohnehin gezwungen ist, den Verfassungsverstoß durch § 8c S. 1 KStG aF bis zum 31.12.2018 rückwirkend zu beseitigen, stellt sich die Frage, ob nicht gleichzeitig auch im Hinblick auf § 8c 2 KStGeine Reform erfolgen wird.

Relevante Verlustfeststellungsbescheide sollten deswegen durch Einspruch offengehalten werden.

Die Urteile zeigen auch, dass die Finanzgerichte durchaus auch sich gegen den Gesetzgeber stellen. Steuerpflichtige haben im Finanzgerichtsprozess durchaus die Chance für sich günstige Urteile zu erzielen.


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