Berliner Testament – Steuerfalle bei der Erbschaftsteuer?

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Ehegattentestamente als sogenannte „Berliner Testamente“ erfreuen sich seit jeher großer Beliebtheit. Dafür gibt es gute Gründe, sichern Eheleute sich mit so einer gemeinschaftlichen letztwilligen Verfügung doch gegenseitig ab und vermeiden Streitpotenzial. Im Hinblick auf die Erbschaftsteuer wirkt sich das Berliner Testament jedoch häufig nachteilig aus. Warum das so ist und wie man das Problem in den Griff bekommt, lesen Sie in diesem Beitrag.

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Die Erbfolge beim Berliner Testament

Mit einem Testament wird regelmäßig in die gesetzliche Erbfolge eingegriffen. Mit dem Berliner Testament wird vor allem verhindert, dass sich beim Versterben eines Ehegatten der andere in einer Erbengemeinschaft mit den Kindern wiederfindet.

Verkürzt sieht die Erbeinsetzung im Berliner Testament wie folgt aus: „Wir setzen uns gegenseitig zu Alleinerben ein und nach dem Tod des letztversterbenden sollen unsere Kinder zu gleichen Teilen erben.“

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Freibeträge der Kinder bleiben zunächst ungenutzt

Dieser Ausschluss der Kinder im ersten Erbfall ist in den meisten Fällen sinnvoll, gerade, wenn der Nachwuchs noch minderjährig ist. Die anfängliche Enterbung der Kinder hat jedoch den Nebeneffekt, dass deren Erbschaftsteuer-Freibeträge im ersten Erbfall ungenutzt bleiben. Das sind immerhin 400.000 Euro je Kind. Es bleibt dann zunächst nur der Freibetrag des alleinerbenden Ehegatten in Höhe von 500.000 Euro – ein Wert der schnell überschritten ist.

Das Problem verschärft sich dann regelmäßig dann noch im zweiten Erbfall. Dann erben die Kinder das gesamte Vermögen der Eltern auf einen Schlag. Gibt es nur ein Kind, steht dann insgesamt auch nur ein Freibetrag von 400.000 Euro für das gesamte Familienvermögen zur Verfügung.

Aus steuerlicher Sicht ist damit das Berliner Testament der – sonst so problematischen – gesetzlichen Erbfolge unterlegen, bei der sich der Nachlass ja von Anfang an auf mehrere Familienmitglieder verteilt.

Steuern sparen mit Vermächtnissen

Ziel der erbrechtlichen Gestaltung muss es also sein, die rechtlichen Vorteile des Berliner Testaments mit den steuerlichen Vorzügen der gesetzlichen Erbfolge zu vereinen. Hierfür müssen die Kinder im ersten Erbfall bereits an der Erbschaft teilhaben, ohne dass Sie die Versorgung des überlebenden Elternteils gefährden oder eine streitanfällige Erbengemeinschaft entsteht.

Genau dieses Ziel können Sie mit Vermächtnissen erreichen. Bei einem Vermächtnis zugunsten der Kinder, haben diese im ersten Erbfall einen Erfüllungsanspruch gegen den überlebenden Elternteil, zum Beispiel auf Zahlung eines Geldbetrages, Übereignung einer Immobilie oder eines Unternehmensanteils. Dabei kann man sich an den Freibeträgen für die Erbschaftsteuer orientieren. Gegebenenfalls können zusätzlich auch Vermächtnisse für Enkelkinder zugewendet werden, die Freibeträge bei der Erbschaftsteuer in Höhe von 200.000 Euro haben. Wenn Unsicherheit darüber besteht, ob die Vermächtnisse zugunsten der Abkömmlinge vielleicht die Versorgung des längerlebenden Ehegatten gefährden, kann ein sogenanntes „Supervermächtnis“ helfen. Bei diesem wird das ob und wie des Vermächtnisses in das Ermessen des alleinerbenden Ehegatten gestellt, so dass dieser alle Interessen gegeneinander abwägen und entscheiden kann.

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Schenkungen zur steuerlichen Optimierung

Selbstverständlich kann man jeden steuerlich kritischen Erbfall auch mit einer vorweggenommene Erbfolge durch Schenkungen regeln. Schließlich stehen die Erbschaftsteuerfreibeträge – sowohl für Kinder als auch für Ehegatten – alle 10 Jahre auch für Schenkungen zur Verfügung.

Auf diese Weise kann also schon zu Lebzeiten erbschaftsteuerlicher Druck abgebaut werden, der durch das Berliner Testament der Eltern entsteht. Bei solchen langfristigen Gestaltungen muss neben der steuerlichen Optimierung vor allem auch die rechtliche Absicherung der Schenker-Generation im Vordergrund stehen.

Steuerliche Reparatur des Berliner Testaments im Erbfall

Jedes Jahr werden viele Tausend Berliner Testamente von Nachlassgerichten eröffnet, die nicht steuerlich nachgebessert wurden und in denen der alleinerbende Ehegatte ein Erbschaftsteuerproblem bekommt.

Auch in diesen Fällen ist nicht alles verloren und man kann mit den Mitteln des Erbrechts noch auf eine steuerlich günstigere Erbfolge hinwirken. In Betracht kommt einerseits die Ausschlagung der Erbschaft durch den Ehegatten zugunsten von mehreren Kindern, wenn deren Freibeträge insgesamt deutlich über dem Ehegattenfreibetrag liegen. Oder aber die Kinder machen Pflichtteilsansprüche gelten.

Beide Wege müssen aber extrem sorgfältig auf ihren Nutzen und auf die damit verbundenen Risiken und Nebenwirkungen geprüft werden. Auch hier gilt, dass Entscheidungen bei der Nachfolge niemals aus rein steuerlichen Gründen getroffen werden sollen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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