Verjährung des Zugewinnausgleichs

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Bei der Scheidung wird in der Regel das erwirtschaftete Vermögen aus der Ehezeit zwischen den Partnern aufgeteilt. Der Anspruch entsteht, sobald der Scheidungsbeschluss des Familiengerichts unanfechtbar und damit rechtskräftig wird. Ab diesem Zeitpunkt läuft die Verjährungsfrist. Diese Frist ist wichtig, da Sie den Zugewinn nach Ablauf nicht mehr einklagen können. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie man die Verjährungsfrist berechnen sowie hemmen kann und welche Optionen es gibt, wenn der Zugewinn schlicht nicht ausgezahlt werden kann.

Was ist der Zugewinnausgleich?

Mit Ihrer Eheschließung wird ohne abweichende Vereinbarung in einem Ehevertrag der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft begründet. Im Hinblick auf die Scheidung hat das die Konsequenz, dass der Zugewinnausgleich erfolgt. Dabei handelt es sich um einen finanziellen Ausgleich zwischen den Partnern, wenn die Ehe geschieden wird. Hat ein Partner einen höheren Zugewinn erwirtschaftet als der andere, wird die Hälfte der Differenz zwischen beiden Zugewinnen geteilt. Wer während der Ehe weniger an Vermögen dazu gewonnen hat, bekommt nun also die Hälfte von dem, was der Partner erwirtschaftet hat.

Leben Sie getrennt, gilt auch im Trennungsjahr bis zur Scheidung die Zugewinngemeinschaft fort. Alles, was an Vermögenswerten erworben wird, kann den Zugewinnausgleich beeinflussen. Erbschaften fallen nicht in den Zugewinn, da diese höchstpersönlichen Charakter haben, während ein Lottogewinn den Zugewinn des Partners erhöht.

Auf welchen Stichtag wird der Zugewinnausgleich berechnet?

Wird Ihre Ehe geschieden, kommt es für die Berechnung des Zugewinns und für die Höhe der Ausgleichsforderung auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags an (§ 1384 BGB). Ihr Scheidungsantrag wird in dem Augenblick rechtshängig, in dem das Familiengericht den Antrag Ihrem Ehepartner als Antragsgegner förmlich zustellt. Die Rechtshängigkeit ist also Stichtag für die Berechnung des Zugewinnausgleichs. Der Postbote, der den Scheidungsantrag mit der Post zustellt, vermerkt Tag und Uhrzeit der Zustellung auf einem Übergabeprotokoll, das durch die Post in die Gerichtsakte zurückgegeben wird.

In der Konsequenz bedeutet dies, dass Vermögenszuwächse, die nach diesem Stichtag eintreten, nicht mehr in die Berechnung des Zugewinnausgleichs einfließen. Umgekehrt bleiben Vermögensminderungen nach diesem Stichtag gleichfalls unberücksichtigt. Insoweit kann ein einzelner Tag erhebliche Auswirkungen auf der Höhe der Ausgleichsforderung haben.

Wann entsteht die Zugewinnausgleichsforderung?

Fordern Sie Zugewinn, entsteht die Ausgleichsforderung in dem Zeitpunkt, in dem der Güterstand der Zugewinngemeinschaft endet. Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft endet in dem Augenblick, in dem Ihre Scheidung rechtskräftig wird. Dies bedeutet, dass Sie Ihren Zugewinn zwar im Zusammenhang mit der Scheidung geltend machen können, die Forderung aber erst einfordern dürfen, wenn Ihre Scheidung rechtskräftig ist.

Verwechseln Sie diesen Zeitpunkt nicht mit dem Stichtag für die Berechnung des Zugewinnausgleichs. Bei diesem Stichtag kommt es auf die Rechtshängigkeit, sprich die Zustellung Ihres Scheidungsantrags an Ihren Ehepartner an.

Wie machen Sie den Zugewinnausgleich geltend?

Im Idealfall beantragen Sie direkt im Zusammenhang mit Ihrem Scheidungsantrag die Durchführung des Zugewinnausgleichs. Das Familiengericht entscheidet dann im Regelfall im sogenannten Verbundverfahren gleichzeitig über Ihre Scheidung und den Zugewinnausgleich als Scheidungsfolgesache. Genauso gut könnten Sie erst Ihre Scheidung betreiben und unabhängig davon den Zugewinnausgleich einklagen.

Sofern Sie den Zugewinnausgleich im Verbund mit der Scheidung geltend machen, profitieren Sie von wesentlich geringeren Verfahrensgebühren. Außerdem hat das Verbundverfahren den strategischen Vorteil, dass Sie im direkten zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit Ihrer Scheidung den Zugewinnausgleich verhandeln und sozusagen das Eisen schmieden, solange es heiß ist.

Wann verjährt der Zugewinnausgleichsanspruch?

Sind Sie am Zugewinnausgleich interessiert, sollten Sie unbedingt die Verjährungsfristen beachten. Sonst riskieren Sie, dass Sie den Anspruch nicht mehr realisieren können, weil der Anspruch verjährt ist. Im Detail:

  • Der Anspruch auf Zugewinnausgleich verjährt regelmäßig in drei Jahren (§ 195 BGB). Die bis 2009 geltende spezielle Verjährungsregelung des § 1378 Abs. IV BGB gibt es nicht mehr.
  • Die Verjährung beginnt mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem der Anspruch auf Zugewinnausgleich entstanden ist und Sie Kenntnis von den Ihren Anspruch begründenden Tatsachen erlangen. Sie müssen also wissen oder aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht wissen, dass Sie geschieden sind und Ihr Zugewinn geringer ist als der des Partners. Wichtig ist die Feststellung, dass auch Ihre grob fahrlässige Unkenntnis die Verjährungsfrist in Gang setzt.
  • Sollten Sie keine Kenntnis davon haben, dass Ihnen ein Zugewinnausgleich zusteht, beginnt die Verjährungsfrist nicht zu laufen. Ihr Anspruch verjährt dann aber nach spätesten zehn Jahre, nachdem er entstanden ist (§ 199 Abs. IV BGB).

Praxisbeispiel: Wie lange kann man Zugewinn einklagen?

Ihre Ehe wurde zum 3. Mai 2022 rechtskräftig geschieden. Dann beginnt die Verjährung mit dem Ende des Kalenderjahres am 1. Januar 2023 und endet nach drei Jahren zum 31.12.2025. Zum 1.1.2026 wäre der Anspruch verjährt. Haben Sie den Anspruch nicht fristgerecht realisiert, vor Gericht geltend gemacht oder die Verjährungszeit anders unterbrochen, können Sie Ihre Forderung nicht mehr durchsetzen.

Hemmung der Verjährung des Zugewinnausgleichs

Verjährungsfristen lassen sich zumindest unterbrechen. Das Gesetz spricht von „Hemmung“. Die Hemmung tritt ein, wenn Sie den Zugewinnausgleich bei Gericht beantragen. Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.

Die Hemmung tritt auch dann ein, wenn Sie zunächst Auskunft über die Vermögensverhältnisse des Ehepartners beantragen und nach der Auskunftserteilung Ihre Forderung beziffern. Betreiben Sie das Verfahren nicht weiter, nachdem die Auskunft erteilt wurde, endet die Hemmung sechs Monate nach der letzten Verfahrenshandlung (BGH, FamRZ 2012, 1296).

Verjährung am Jahresende - noch schnell zum Anwalt?

Gehen Sie davon aus, dass die Verjährung Ihrer Zugewinnausgleichsforderung droht, sollten Sie unbedingt frühzeitig zum Anwalt gehen. Ihr Rechtsanwalt kann den Eintritt der Verjährung verhindern, indem er beim Familiengericht beantragt, über Ihre Zugewinnausgleichsforderung zu fragen.

Tritt die Verjährung voraussichtlich zum 31.12. eines Jahres ein, ist es jedoch eher unrealistisch, noch am 31. Dezember einen Termin zu vereinbaren und rechtzeitig den Schriftsatz am 31. Dezember bis 24.00 Uhr in die Nachtbriefkasten des Gerichts einzuwerfen oder dem Gericht elektronisch zu übermitteln.

  • Für eine Zugewinnausgleichsforderung muss erst der Sachverhalt erfasst, juristisch eingeordnet und eine Antragsschrift formuliert werden. 
  • Außerdem muss gewährleistet sein, dass der Antrag noch fristgerecht bei Gericht eingereicht werden kann. 
  • Hinzu kommt, dass Sie auch den notwendigen Gerichtskostenvorschuss bei der Gerichtskasse eingezahlt haben müssen und 
  • der Antrag so vorgetragen wird, dass er dem Ehepartner als Antragsgegner zugestellt werden kann. Dabei sind Sie mithin darauf angewiesen, dass in Ihrem Antrag eine ladungsfähige Anschrift des Ehepartners anzugeben ist, die Sie möglicherweise vorher noch recherchieren müssen.

Nicht zuletzt müssen Sie berücksichtigen, dass Sie die Ausgleichsforderung, die Sie mit Ihrem Antrag gerichtlich geltend machen, mit Unterlagen belegen müssen. Müssen Sie diese Unterlagen erst noch recherchieren oder mühsam beschaffen, brauchen Sie Zeit. Je früher Sie sich also mit der Thematik beschäftigen, desto besser sind Ihre Chancen, dass Sie und Ihr Rechtsanwalt die Antragsschrift ordnungsgemäß formulieren und Ihren Antrag bei Gericht sach- und formgerecht vortragen.

Was ist, wenn den Zugewinnausgleich nicht bezahlt werden kann?

Zunächst ist es so, dass die Höhe der Ausgleichsforderung immer durch den Wert des Vermögens begrenzt ist, das nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstandes noch vorhanden ist (§ 1378 Abs. II BGB). Dem zahlungspflichtigen Ehepartner wird nicht zugemutet, dass er sich neu verschuldet, nur um den Zugewinnausgleich erfüllen zu können. Vielfach ergeben sich in der Praxis Ausgleichsbeträge, die aber nicht dem tatsächlich vorhandenen Vermögen zum Stichtag entsprechen.

Trifft das nicht zu, gibt es folgende Optionen:

Zahlung von Dritten bei Verschwendung des Vermögens

Eine Ausnahme kann sich ergeben, wenn der ausgleichpflichtige Ehepartner Vermögenswerte verschwendet hat, in der Absicht, den anderen vorsätzlich zu benachteiligen (§ 1390 BGB). Dann kann der ausgleichsberechtigte Ehepartner auch von einem Dritten Ersatz verlangen, wenn diese Vermögenswerte unentgeltlich zugewendet wurden. Auch hier beginnt die Verjährungsfrist mit der Beendigung des Güterstandes in dem Augenblick, in dem die Scheidung rechtskräftig wird.

Stundung der Ausgleichsforderung

Kann der ausgleichpflichtige Ehepartner die Ausgleichsforderung nicht sofort oder nicht in voller Höhe bezahlen, stundet das Familiengericht auf dessen Antrag die Forderung. Außerdem kann vereinbart werden, dass die Forderung in Teilbeträgen und zu bestimmten Zeitpunkten zu bezahlen ist. Voraussetzung ist,

  • dass der ausgleichpflichtige Ehepartner die Forderung nicht bestreitet
  • und die sofortige Zahlung auch unter Berücksichtigung der Interessen des anderen Partners zur Unzeit erfordern würde.

Als Beispiel für „Unzeit“ beschreibt das Gesetz die Situation, wenn die sofortige Zahlung die Wohnverhältnisse oder Lebensverhältnisse gemeinschaftlicher Kinder nachhaltig verschlechtern würde. Ein weiterer anerkannter Fall: Der ausgleichpflichtige Ehepartner ist Unternehmer und würde den Bestand seines Unternehmens gefährden, wenn er die Ausgleichsforderung sofort zahlen müsste.

Wird die Forderung gestundet, hat der ausgleichpflichtige Ehepartner die Forderung zu verzinsen. Auf Antrag des ausgleichsberechtigten Ehepartners kann das Familiengericht anordnen, dass für die gestundete Forderung eine Sicherheit zu leisten ist. Über die Höhe und Fälligkeit der Zinsen und über Art und Umfang der Sicherheitsleistung entscheidet Familiengericht im Einzelfall.

Übertragung von Vermögensgegenständen

Kann der ausgleichpflichtige Ehepartner die Forderung nicht in Bargeld leisten, kann das Familiengericht anordnen, dass er bestimmte Gegenstände seines Vermögens unter Anrechnung auf die Ausgleichsforderung zu übertragen hat, sofern damit den Interessen beider Parteien gedient ist (§ 1383 BGB).

Einvernehmliche Zahlungsvereinbarungen

Ungeachtet aller gerichtlichen Maßnahmen empfiehlt es sich immer, eine Zahlungsvereinbarung im gegenseitigen Einvernehmen zu verhandeln. Dann wissen Sie als Schuldner, dass Sie die Zugewinnausgleichsforderung nur unter den vereinbarten Bedingungen begleichen müssen. Als Gläubiger wissen Sie, dass Ihre Chancen, die Forderung zu realisieren, möglicherweise um einiges besser sind, als wenn Sie auf eventuelle Vollstreckungsmaßnahmen angewiesen sind.

Fazit

Verjährungsfragen erfordern oft eine Reihe von Prüfungsschritten. Müssen Sie mit der Verjährung Ihrer Zugewinnausgleichsforderung rechnen, sollten Sie sich frühzeitig anwaltlich beraten sowie gegebenenfalls vertreten lassen.

Foto(s): iurFRIEND

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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