Verkaufen Sie keine Drogen an verdeckte Ermittler
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Die Polizei setzt verdeckte Ermittler und Vertrauenspersonen ein, um Menschen zu Drogengeschäften anzustiften. Das ist aus Sicht der Polizei fast alltäglich und führt aus Sicht der Betroffenen zu hohen Haftstrafen. Die Polizei kauft schon seit Jahrzehnten große Mengen von Betäubungsmitteln an. Die Ermittlungsbehörden begründen das Vorgehen damit, dass sich sonst nur schwer gegen gut organisierte Kriminelle ermitteln lassen würde. In Wirklichkeit werden auch unerfahrene Menschen zu Straftaten verleitet. Manchmal werden die Drogen überhaupt nur hergestellt, weil eine Ermittlungsperson der Polizei den Produzenten viel Geld für die Drogen versprochen hat.
Obwohl die Ermittlungsmethode weit verbreitet ist, wird sie von der Öffentlichkeit kaum beachtet. Deshalb will ich darauf aufmerksam machen: Lassen Sie sich nicht zum Verkauf von Drogen anstiften und überlegen Sie sich immer, dass der Ankäufer für die Polizei arbeiten könnte.
Rechtlicher Rahmen
Rechtlich lässt sich die Vorgehensweisen der Polizei in zwei Kategorien unterscheiden. Zum einen kann die Polizei normale Polizeibeamte als Drogenhändler verkleiden. Sie werden verdeckte Ermittler genannt. Zum anderen kann die Polizei Privatpersonen bezahlen, die rechtlich als Vertrauensperson der Polizei bezeichnet werden. Bekannter ist die Abkürzung V-Mann. Für jemanden, auf den diese Leute angesetzt werden, sind beide Varianten gleichermaßen schwer zu erkennen. Polizeibeamte aus Österreich werden gerne in Deutschland eingesetzt, da sie keine Sprachbarriere haben, aber sich als ausländische Beamte nicht an die gleichen Gesetze wie Deutsche halten müssen. V-Männer können selbst Kriminelle sein, die durch die Zusammenarbeit mit der Polizei versuchen, eine geringere Strafe zu bekommen. Oft habe sie eine hohe Erfolgsprämie für die Veruteilung einer ihrer Zielpersonen mit der Polizei ausgehandelt und scheinen deshalb berufsmäßig Menschen vor Gericht bringen zu wollen.
Wenn die Polizei einem normalen Menschen ein Drogengeschäft anbietet und ihm einen hohen Gewinn verspricht, handelt es sich um eine Tatprovokation. Bisher ist die Tatprovokation in Deutschland nicht verboten. Der Ermittler ist ein sogenannter agent provocateur. Zwar hat der Europäische Gerichthof für Menschenrechte die Bundesrepublik deswegen in mehreren Fällen verurteilt, trotzdem ist davon auszugehen, dass die Polizei die Methode weiter anwendet.
Die Polizei bereitet solche Einsätze teilweise jahrelang vor und erfindet Hintergrundgeschichten, um die verdeckten Ermittler und V-Personen zu tarnen. Oft werden auch verdeckte Ermittler und V-Personen zusammen eingesetzt. Die Polizei nennt das Vorgehen selbst Legendierung. Das heißt, sie erfindet für alle Beteiligten eine Lebensgeschichte, die mit Legenden über deren kriminelle Erfolge in der Vergangenheit angereichert wird. Den Ermittlern werden Kleidung und Sportwagen zur Verfügung gestellt, damit sie sich besser als Gangster ausgeben können.
Die Ermittler wenden sich mit ihren Legenden an normale Menschen und versprechen diesen, dass sie ebenfalls Erfolg als Kriminelle haben können, wenn sie ins Drogengeschäft einsteigen. Die Polizisten freunden sich über Monate mit den Zielpersonen an und bauen ein Vertrauensverhältnis auf. Für die Betroffenen bricht nach der Verhaftung und dem Verrat durch die Ermittler eine Welt zusammen.
Begründung der Polizei
Die Polizei rechtfertigt das Vorgehen damit, dass sie ohne solche Tricks nicht gegen professionell organisierte Verbrecher ermitteln könnten. Außerdem behauptet sie, dass durch den Ankauf der Drogen Betäubungsmittel aus dem Verkehr gezogen würden, die dann keinen Schaden mehr anrichten können.
Realität
In der Realität ist es schon vorgekommen, dass Ermittler über Monate hinweg jungen Menschen solche Geschäfte angeboten haben und diese dadurch überhaupt auf die Idee gekommen sind, mit Drogen zu handeln. Die jungen Menschen sind von dem Geld und den Autos der Ermittler beeindruck, zum Beispiel wenn sie selbst gerade eine Ausbildung machen. Bei ihnen handelt es sich weder um vorbestrafte Gangster, noch um organisierte Kriminelle.
Es gibt Fälle, in denen durch das Geld der Polizei die Zielpersonen erst angefangen haben, Marihuana anzubauen. Das sieht ungefähr so aus: Ein Ermittler sucht sich Abiturienten aus, denen er über Monate vorlebt, wie viel Geld er als Krimineller verdient. Dann verspricht er den jungen Zielpersonen Geld, wenn sie ihm Drogen verkaufen. Das Geschäft kommt zu Stande und die jungen Menschen machen das erste Mal Gewinn mit selbst angebautem Marihuana. Das Geld dafür hat die Polizei den Ermittlern aus Steuereinnahmen zur Verfügung gestellt. Mit dem Gewinn können die jungen Menschen jetzt ihre Marihuana-Zucht ausbauen und ernten nach einigen Monaten eine große Menge. Bei einem zweiten Geschäft wollen sie die Drogen wieder an den Staat verkaufen, werden aber festgenommen.
So werden weder Berufskriminelle erwischt, noch werden Drogen sichergestellt, die ohne das Vorgehen der Polizei auf der Straße verkauft worden wären. Stattdessen werden junge Menschen mit Steuergeldern zum Anbau von Marihuana angestiftet. Das Steuergeld landet stattdessen unter anderem bei den Großdealern, von denen die jungen Menschen die Marihuanapflanzen angekauft haben. Die Großdealer sind, anders als die jungen Menschen, der Polizei nicht auf den Leim gegangen.
Unabhängig von diesem Beispiel will ich noch einmal betonen: Auch Menschen, die von sich behaupten, sich mit Kriminalität und Polizei auszukennen, haben schon Drogen an verkleidete Polizisten verkauft und sitzen jetzt im Gefängnis.
Probleme bei der Verteidigung
Obwohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Bundesrepublik Deutschland mehrfach wegen der Ermittlungsmethoden verurteilt hat, wird sie weiter angewendet. Sie führt trotz der Ächtung durch den Gerichtshof für Menschenrechte regelmäßig zu Haftstrafen, denn es gibt ein großes Problem bei der Strafverteidigung in den Prozessen. Die Staatsanwaltschaft und das Gericht setzten die Betroffenen unter Druck, damit sie nicht gegen die verbotenen Ermittlungsmethoden vorgehen.
Das Gericht macht dem Angeklagten, der wegen des Verkaufs von Betäubungsmitteln an einen Ermittler der Polizei vor Gericht steht, ein Angebot, dass er meistens nicht ablehnen kann. Das Angebot lautet beispielsweise, dass der Angeklagte mit einem Geständnis eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren bekommt. Ohne ein Geständnis wird dem Angeklagte eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren angedroht. Wenn der Angeklagte gesteht, kann er sich aber vereinfacht gesagt nicht mehr auf das Verbot der Ermittlungsmethoden berufen.
Da der Angeklagte zum Zeitpunkt des Urteils meistens schon eine erhebliche Zeit in Untersuchungshaft sitzt, bedeutet eine Verurteilung zu fünf Jahren Gefängnis, dass er relativ schnell in den offenen Vollzug oder eine Drogentherapie wechseln kann. Würde er zu zehn Jahren verurteilt werden, bestehen diese Möglichkeiten erst nach vielen weiteren Jahren Gefängnis. Daher ist das Angebot für die meisten Angeklagten attraktiv. Die Strafverteidiger und Strafverteidigerinnen können ihren Mandaten nicht dazu raten, bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu ziehen, obwohl ihnen großes Unrecht geschehen ist.
Zusammenfassung
Leider ist das Thema juristisch komplex und konnte auch von mir nur grob und verkürzt dargestellt werden. Vielleicht ist das ein Grund, warum es in der Öffentlichkeit so unbeachtet bleibt. Trotzdem will ich meine Warnung wiederholen: Verkaufen Sie keine Drogen an Polizeibeamte, auch wenn sie so aussehen wie echte Gangster.
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