Strafbefehl: Vorgehen nach Einspruch

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Meiner Meinung nach sollte gegen jeden Strafbefehl vorsorglich Einspruch eingelegt werden. Was dabei zu beachten ist, habe ich hier zusammengefasst. Jetzt will ich die Handlungsmöglichkeiten aufzeigen, die nach dem Einspruch bestehen.

Rücknahme

Der Einspruch kann zurückgenommen werden, ohne dass dem Betroffenen dadurch Nachteile entstehen. Wird der Einspruch zurückgenommen, entstehen keine zusätzlichen Gerichtskosten, die Strafe wird nicht erhöht und das Datum der Rechtskraft wird so berechnet, als wenn nie Einspruch eingelegt worden wäre. Daher kann ich immer zunächst dazu raten, Einspruch einzulegen.

Nur wenn nach dem Einspruch die Hauptverhandlung am Gericht begonnen hat, muss die Staatsanwaltschaft einer Rücknahme des Einspruchs zustimmen. Der Einspruch kann einfach in letzter Minute zurückgenommen werden, indem der Gerichtstermin nicht wahrgenommen wird.

Beschränkung auf die Höhe der Tagessätze

Der Einspruch kann auf die Höhe der Tagessätze beschränkt werden. Wenn der Strafbefehl eine Geldstrafe enthält, wird sowohl die Anzahl der Tagessätze angegeben als auch die Höhe der Tagessätze. Beispielsweise lautet der Strafausspruch auf 100 Tagessätze zu je 30 €, also insgesamt 3.000 €.

Die Höhe eines Tagessatzes darf sich nur nach dem Einkommen des Beschuldigten richten. Die Tagessatzhöhe wird berechnet, indem das monatlich zur Verfügung stehende Geld durch 30 geteilt wird. Umgekehrt entsprechen 30 Tagessätze einem Netto-Monatslohn.

Vom Einkommen sollen Unterhaltsverpflichtungen, Schuldenlast und besondere persönliche Belastungen abgezogen werden. Die im Strafbefehl ausgesprochene Tagessatzhöhe wurde aber in der Regel nicht berechnet, sondern von der Staatsanwaltschaft geschätzt. Die Staatsanwaltschaft schätzt auch ohne viele Informationen ins Blaue hinein. Die Tagessatzhöhe schwankt dadurch zwischen 8 € und 150 €.

Da die Staatsanwaltschaft oft von zu wenigen Schätzgrundlagen ausgeht, kann das Gericht die Tagessatzhöhe per Beschluss korrigieren. In der Praxis klärt sich das einem kurzen Telefonat zwischen der Richterin und dem Rechtsanwalt. Trotzdem ist dafür ein Einspruch nötig. Wenn der Strafbefehl rechtskräftig wird, wird auch die Tagessatzhöhe nicht mehr geändert, obwohl es dabei auch um viele tausend Euro Unterschied gehen kann.

Hauptverhandlung mit Beschränkung auf die Rechtsfolgen

Vor der Hauptverhandlung kann erklärt werden, dass der Einspruch auf die Rechtsfolgen beschränkt wird. Dann wird in einer abgekürzten Verhandlung nur über die Höhe der Strafe verhandelt. Auch wenn keine Beweise im eigentlichen Sinn mehr vorgebracht werden können, ist hier noch viel Raum für Erklärungen des Angeklagten zu seinen Lebensumständen, für Reue und Wiedergutmachung. Oft ist dieses Vorgehen interessant, wenn es um Folgen der Strafe für den Führerschein oder den Arbeitgeber geht.

Hauptverhandlung ohne Beschränkung

Wenn der Einspruch nicht beschränkt wird, kommt es zu einem normalen Gerichtstermin. Die Staatsanwaltschaft verließt den Strafbefehl als Anklageschrift. Sie wird aber in der Regel eine Strafe fordern, die höher liegt als die Strafe, die mit dem Strafbefehl verhängt worden ist. Das wird damit begründet, dass bei der Strafzumessung im Strafbefehl fiktiv davon ausgegangen worden sei, dass der oder die Angeklagte ein Geständnis abgelegt habe. Indem der Angeklagte Einspruch einlegt, würde die „Geständnisfiktion“ wegfallen.

Hintergrund für die erhöhte Strafforderung ist aber, dass die Staatsanwaltschaft erbost ist, dass der Angeklagte Einspruch einlegt. Daran ändert deshalb oft auch nichts, wenn ein Geständnis angekündigt wird. Trotzdem sollte immer zunächst Einspruch eingelegt werden, damit anhand der Akte die Chancen in der Hauptverhandlung beurteilt werden können. Oft ergeben sich auch in aussichtslosen Fällen noch Argumente, mit denen das Verfahren noch zu einer Einstellung gebracht werden kann.

Wenn zur Hauptverhandlung der einzige Zeuge nicht erscheint, sind Gericht und Staatsanwaltschaft oft auch in letzter Minute noch zu einer Einstellung bereit. Solche Chancen hat aber nur, wer zunächst Einspruch eingelegt hat.

Legen Sie korrekt Einspruch ein und beantragen Sie Akteneinsicht. Wenn Ihnen keine Akteneinsicht gewährt wird, wenden Sie sich an einen Verteidiger oder eine Verteidigerin.



Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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