Rechtswidrige Hausdurchsuchungen

  • 2 Minuten Lesezeit

Hausdurchsuchungen sind häufig rechtswidrig. Deshalb kann auch im Nachhinein oft gut dagegen vorgegangen werden.

Gefahr im Verzug

Oft nimmt die Polizei Gefahr im Verzug an und sie verzichtet darauf, einen Durchsuchungsbeschluss bei Gericht zu beantragen. Dann kann sich im Nachhinein herausstellen, dass keine Gefahr im Verzug vorgelegen hat. Die erhobenen Beweismittel unterliegen unter Umständen einem Beweisverwertungsverbot.

Bagatellstraftaten

In anderen Fällen holt die Polizei einen Durchsuchungsbeschluss ein, obwohl die Straftat sehr geringfügig ist. Heute gilt, dass bei jedem Verdacht auf eine Straftat eine Hausdurchsuchung droht. Das Betrifft schon den Vorwurf einer Beleidigung im Internet, Fahren ohne Führerschein oder ein vermeintlicher Betrug bei eBay. Das ist eigentlich aber verwunderlich, denn in Artikel 13 des Grundgesetzes ist das Recht auf die Unverletzlichkeit der Wohnung besonders geschützt.

Es kommt ganz häufig bei Verdacht auf Graffiti oder Cannabis-Besitz zu Durchsuchungen. Bei Jugendlichen und Kindern werden die Wohnungen der Eltern durchsucht. Manchmal wird auch die Wohnung der Partnerin oder von anderen Verwandten gleichzeitig durchsucht, obwohl sich gegen diese kein Verdacht richtet. Es gab in der Praxis keine Grenze, ab wann eine Hausdurchsuchung im Vergleich zum Tatverdacht unverhältnismäßig war.

Das Bundesverfassungsgericht hat im letzten Jahr erfreulicherweise drei Entscheidungen getroffen, aus denen abzuleiten ist, dass nicht wegen jeder beliebigen Straftat eine Hausdurchsuchung beim Beschuldigten und mehreren Verwandten durchgeführt werden darf.

Neue Linie des Bundesverfassungsgerichts

Dezember 2023

In der letzten Entscheidung wurde vom Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass eine Durchsuchung der Wohnung einer politischen Aktivistin und gleichzeitig der Wohnung der Eltern rechtswidrig war. Grundlage des Durchsuchungsbeschlusses war nur der Verdacht auf den Versuch der Sachbeschädigung an einem Werbeplakat. Das Bundesverfassungsgericht kommt zum Ergebnis, dass eine Durchsuchung im Vergleich zur erwartbaren Strafe einen zu großen Eingriff in Artikel 13 des Grundgesetzes darstellt.

BVerfG, Beschluss vom 05. Dezember 2023, Aktenzeichen 2 BvR 1749/20

November 2023

Einen Monat zuvor hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass eine Hausdurchsuchung bei einem Lehrer rechtswidrig war. Sie wurde nur durchgeführt, um die Höhe einer Geldstrafe gegen den Lehrer an dessen Einkommen bemessen zu können. Das Verfassungsgericht sagt, dass auch andere Möglichkeiten bestanden hätten, das Einkommen eines Lehrers herauszufinden. Zum Beispiel gibt es dafür Tabellen im Internet. Jedenfalls war deswegen die Hausdurchsuchung unverhältnismäßig.

BVerfG, Beschluss vom 15. November 2023, Aktenzeichen 1 BvR 52/23

April 2023

Im Frühjahr hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass eine Hausdurchsuchung bei einem Verdächtigen wegen Betruges unverhältnismäßig war. Die Staatsanwaltschaft hätte auch auf anderem Wege ermitteln können. Auch hier geht es darum, dass vor der Hausdurchsuchung hätte überlegt werden müssen, ob die Polizei es vermeiden kann, eine für den Betroffenen und seine Familie so belastende Maßnahme durchzuführen.

BVerfG, Beschluss vom 19. April 2023, Aktenzeichen 2 BvR 1844/21

Ausblick

Aus den Entscheidungen wird sich hoffentlich allmählich für die Zukunft durchsetzen, dass die Polizei nicht automatisch wegen jeder Kleinigkeit eine Hausdurchsuchung macht.

Wenn Sie vermuten, dass die Polizei bald eine Durchsuchung vornehmen will, können Sie sich Ihre Handlungsmöglichkeiten von einer Anwältin oder einem Anwalt für Strafrecht aufzeigen lassen.

Rufen Sie während einer Hausdurchsuchung auf jeden Fall Ihren Anwalt oder einen Anwaltsnotdienst an. Dieses Telefonat kann Ihnen die Polizei nicht verbieten.

Auch nach einer Hausdurchsuchung können Sie noch dagegen vorgehen, das Zeigen die drei aktuellen Verfassungsgerichtsentscheidungen.



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Jonas Ganz

Beiträge zum Thema