Verpflichtung von Privatärzten zum ärztlichen Bereitschaftsdienst (ÄBD) kann rechtswidrig sein.

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Seit Jahren tobt der Streit. Ärzte ohne Kassenzulassung werden durch die örtliche KV zum ÄBD herangezogen. Und selbst wenn sie die Altersgrenze überschritten haben, endet die Verpflichtung nicht. Sie werden dann zwar vom aktiven Dienst befreit, müssen aber eine Kostenbeteiligung leisten.   

Viele Ärzte fragen sich zu Recht, warum sie überhaupt durch die KV verpflichtet werden können, obwohl sie mit dieser Institution gar nichts zu tun haben. Schließlich dürfen Ärzte ohne Kassenzulassung auch keine Leistungen gegenüber gesetzlich versicherten Patienten erbringen. Warum dann aber im Notdienst?

Die Argumentation der Kassenärztlichen Vereinigungen war nie ganz schlüssig. Für die Sicherstellung eines flächendeckenden Notdienstes sei die Einbeziehung auch der Privatärzte notwendig, heißt es. Wie aber kann das sein? Tagsüber herrscht in den meisten Gebieten angeblich eine Überversorgung mit Kassenärzten, weshalb die Anzahl der kassenärztlichen Zulassungen beschränkt wird. Warum sollte diese angebliche Überzahl an Kassenärzten dann aber nicht in der Lage sein, die gleichen Patienten auch nachts und am Wochenende zu versorgen? Schließlich sucht der im Notdienst behandelte Patient ja am nächsten Morgen oder Werktag ohnehin seinen Hausarzt auf um sich weiterbehandeln zu lassen. Und da sind es dann ja angeblich, Stichwort „Überversorgung“, wieder zu viele Ärzte. Nachvollziehbar ist das nicht.

Waren bislang Widerspruchsverfahren vor der KV gegen die Heranziehung zum ÄBD an sich oder aber zur Entrichtung der Kostenbeteiligung für die Ärzte allesamt negativ beschieden worden, scheint sich das Blatt jetzt zu wenden. Einige Ärzte wollten ihre Einbeziehung in den Notdienst nicht akzeptieren und gingen gerichtlich dagegen vor. Ein mühsamer Weg, der nach dem Widerspruch durch die Instanzen zum Sozialgericht, dem Landessozialgericht und dann zum Bundessozialgericht führt. Jetzt liegen erste Entscheidungen vor.

Das Landessozialgericht Hessen hat unlängst in einem Verfahren auf Einstweilige Anordnung entschieden, dass die von den klagenden Ärzten angefochten Beitragsbescheide rechtswidrig sind, weil es der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen schlicht an einer auf Bundesrecht fußenden Rechtsgrundlage fehle, um per Satzung für Nichtmitglieder belastende Regelungen zu erlassen.

Das Sozialgericht Marburg schlägt den gleichen Weg ein und hat Anfang dieses Jahres gleich mehrere Rechtsbescheide erlassen, in denen es die Berechnung der Beitragshöhe für die Kostenbeteiligung am ÄBD für rechtswidrig erklärte.

Rechtskräftig ist noch keine der Entscheidungen. Aber es bahnt sich an, dass das Konstrukt der Heranziehung von Privatärzten zur Teilnahme am ÄBD oder zur Kostenbeteiligung an diesem, einstürzten könnte.

Betroffene Ärzte sollten sich aber darüber im Klaren sein, dass nur derjenige von den zu erwartenden Entscheidungen profitiert, der sich auch gewehrt hat. Denn auch der rechtswidrige Bescheid ist wirksam, wenn er rechtskräftig geworden ist. Eine rückwirkende Änderung gibt es nicht. Wer betroffen ist, sollte also einen spezialisierten Rechtsanwalt beauftragen und sich gegen die Bescheide zur Wehr zu setzen.

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