Versicherung muss lange Reparatur zahlen

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Geschädigter kann nichts für Verzögerungen in der Werkstatt

Muss ein unfallgeschädigter Autofahrer unverschuldet länger auf die Reparatur seines Autos warten, als ein Sachverständiger prognostizierte, muss die gegnerische Versicherung die höheren Mietwagenkosten dennoch tragen. Angesichts des begrenzten Einflusses des Geschädigten auf die Werkstatt, habe die Versicherung das Abwicklungsrisiko zu tragen, urteilte das Amtsgericht (AG) Köln in einem Urteil vom 24. April (AZ: 274 C 214/14).

Im verhandelten Fall erlitt der Kläger am 2. Mai 2014 einen Verkehrsunfall, durch den sein Porsche beschädigt wurde. Dass der Unfallgegner für die Folgen des Verkehrsunfalls alleinig haftet, stand fest. Der Kläger beauftragte ein Sachverständigengutachten, das eine Reparaturdauer von voraussichtlich zwei bis drei Arbeitstagen prognostizierte. Das Fahrzeug sei allerdings nach dem Verkehrsunfall noch fahrbereit und verkehrssicher gewesen.

Sodann wurde der Porsche vom 22. Mai bis 6. Juni in einem Reparaturbetrieb instand gesetzt. Für diesen Zeitraum nahm der Kläger einen Mietwagen in Anspruch (Porsche, Gruppe 10). Für die Anmietung wurden 2.531,66 Euro netto seitens des Autovermieters berechnet. Dieser Betrag bezog sich auf 15 Tage Anmietdauer.

Die Beklagte (Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners) erkannte lediglich Mietwagenkosten in Höhe von 723,01 Euro an. Die Beklagte hielt lediglich drei Anmiettage für erforderlich. Der Kläger habe gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen, da er sich nicht nach der Reparaturdauer und dem Vorhandensein der notwendigen Ersatzteile erkundigt habe. Da sich die Reparatur aufgrund ausstehender Ersatzteile verzögerte, wäre der Kläger in der Lage gewesen, sein Fahrzeug bis zum Eintreffen der Ersatzteile zu benutzen. Außerdem bestritt die Beklagte Lieferschwierigkeiten der Ersatzteile.

Dieser Argumentation wollte das AG Köln nicht folgen. Das Gericht ging nicht davon aus, dass der geschädigte Porschefahrer gegen seine Schadenminderungspflichten verstoßen hatte. Erstens verwies das AG Köln auf das sogenannte Werkstattrisiko des Klägers (so auch OLG Nürnberg, NZV 1994, 24; LG Schwerin, DAR 1995,28). Die Werkstatt sei nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten. Außergewöhnliche Umstände einer Reparaturverzögerung mit einer in diesem Fall gegebenenfalls gebotenen Einflussnahme durch den Geschädigten seien vorliegend nicht zu erkennen.

Zweitens bestehe insbesondere keine Erkundigungspflicht des Geschädigten bei Auftragserteilung danach, wie lang die Reparatur in Anspruch nehmen werde und ob alle notwendigen Ersatzteile vorhanden seien. Wörtlich stellte das AG Köln dazu fest, dass eine „solche Erkundigungspflicht, die die Beklagte dem Kläger auferlegen will, die Obliegenheiten, die einem Geschädigten zugemutet werden können, weit überspannen“ würde.

Drittens sei der Geschädigte nicht verpflichtet gewesen, nach Ablauf der prognostizierten Reparaturdauer von drei Arbeitstagen nachzufragen. „Vielmehr darf er noch einige Zeit abwarten, bis er aufgrund der Schadensminderungspflicht gehalten ist, sich nach dem Stand der Reparatur zu erkundigen“, heißt es in dem Kölner Urteil.

Zudem hätte die Nachfrage nach Ansicht des AG Köln nichts am Ausfallzeitraum geändert. Es sei nämlich nicht ersichtlich gewesen und auf Beklagtenseite nicht vorgetragen worden, ob der Kläger das Fahrzeug dann „problemlos“ hätte weiter nutzen können. Es sei nämlich nicht ersichtlich, dass sich das Fahrzeug noch in dem Zustand befand, wie es der Kläger abgegeben hatte. Allerdings sei die Beklagtenseite darlegungs- und beweisbelastet für einen Verstoß gegen Schadenminderungspflichten.

Letztlich sprach das AG Köln von den fraglichen Mietwagenkosten in Höhe von 1.808,65 Euro dem Kläger 1.558,24 Euro zu, sodass die Klage letztlich weitaus überwiegend erfolgreich war.

Bedeutung für die Praxis

Das Bestreiten der Anmietdauer auf Seiten der eintrittspflichten Versicherung kommt in der Praxis häufig vor. Häufig stützt sich die Versicherung auf die Prognose im Gutachten. Verkannt wird hierbei bereits, dass es sich lediglich um eine Prognose handelt und die tatsächliche Reparaturdauer sehr wohl abweichen kann.

Entscheidend ist allerdings, dass dies nicht zulasten des Geschädigten gehen kann, selbst wenn die Werkstatt verschuldet länger arbeitet. Dessen Einflussmöglichkeiten auf die Werkstatt sind begrenzt. Eigenes Verschulden wird beim Geschädigten regelmäßig nicht vorliegen. Das Fremdverschulden der Werkstatt ist dem Geschädigten nicht zurechenbar. Die Versicherer können sich argumentativ nicht darauf stützen.



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